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Wirtschaft: Amerikas Traum vom großen Geld

Wenige Amerikaner sehen einen reichen Menschen, wenn sie in den Spiegel schauen. Doch fast ein Drittel sieht einen reichen Menschen beim Blick in eine Kristallkugel.

Wenige Amerikaner sehen einen reichen Menschen, wenn sie in den Spiegel schauen. Doch fast ein Drittel sieht einen reichen Menschen beim Blick in eine Kristallkugel. Das ist das bemerkenswerte Ergebnis einer GallupUmfrage, die weitgehend erklärt, warum Klassenkampf als politische Strategie in den Vereinigten Staaten nicht funktioniert.

Die kürzlich durchgeführte Befragung unter 1000 Erwachsenen ergab, dass nur zwei Prozent der Amerikaner sich heute für reich halten, doch beachtliche 31 Prozent erwarten, eines schönen Tages reich zu werden. Verständlicherweise sind junge Leute am optimistischsten. In der Altersgruppe zwischen 18 und 29 Jahren erwarten 51 Prozent der Befragten ein Leben ungefähr wie das von Rockefeller. Doch die Zuversicht erstreckt sich über alle Altersgruppen, und sogar 22 Prozent der Menschen zwischen 50 und 64 Jahren rechnen damit, eines Tages das große Los zu ziehen, obwohl nur vier Prozent von ihnen heute reich sind.

Noch aufschlussreicher ist die Tatsache, dass besonders viele Menschen mit niedrigem Einkommen erwarten, irgendwann in ihrem Leben den ganz großen Zahltag zu erleben. Die Gallup-Umfrage stellte fest, dass mehr als einer von fünf Amerikanern mit einem Jahreseinkommen von weniger als 30 000 Dollar daran glauben. Im Einkommensbereich zwischen 50 000 und 74 000 Dollar steigt der Anteil der Optimisten auf 38 Prozent, und er erreicht sogar 51 Prozent bei denen, die mehr als 75 000 Dollar im Jahr verdienen. Das könnte man natürlich alles als den Triumph der Hoffnung über die Erfahrung verbuchen (insbesondere hinsichtlich der acht Prozent der über 65-Jährigen, die immer noch glauben, sie würden eines Tages reich.

Wir denken jedoch, dass diese Erwartungen vielmehr mit dem verbreiteten amerikanischen Glauben, die Gesellschaft biete Chancen und soziale Aufstiegsmöglichkeiten, zusammenhängen. Klassenkampf-Rhetorik mag in den sozial und finanziell unbeweglicheren Kulturen Europas funktionieren. Amerikaner glauben jedoch, dass Menschen ständig zu Reichtum gelangen oder ihn verlieren. Amerikaner wählen nicht nach ihrem Neid sondern nach ihrem Bestreben – etwas, das eines Tages vielleicht sogar unsere Politiker begreifen werden.

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