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Wirtschaft: Anlagebetrügern soll das Handwerk gelegt werden

FRANKFURT .Wie hoch der finanzielle Schaden pro Jahr ist, weiß niemand so genau.

FRANKFURT .Wie hoch der finanzielle Schaden pro Jahr ist, weiß niemand so genau.Schätzungen zufolge soll er sich auf 40 bis 60 Mrd.DM pro Jahr belaufen.Zusätzlich aber ist der sogenannte Graue Kapitalmarkt mit unseriösen und kriminellen Anlagefirmen, die jährlich Tausende von Anlegern mit völlig überzogenen Renditeversprechen "abzocken", nach Ansicht von Rüdiger von Rosen, Vorstandsmitglied des Deutschen Aktieninstitutes (DAI) in Frankfurt, eine Belastung für das Image des Finanzplatzes Deutschland.Er ist auch ein Schaden für den Aktienmarkt und verhindert die Schaffung von neuen Arbeitsplätzen, weil Kapital in falsche Kanäle fließt.Neue Gesetze betrachten von Rosen und Georg Dreyling, Vizepräsident des Bundesaufsichtsamtes für den Wertpapierhandel (BAWe), allerdings nicht als richtigen Weg, den unseriösen Anlagefirmen das Handwerk zu legen.Sie setzen gemeinsam mit dem Verein Finanzplatz, der sich für den Kapitalstandort Deutschland stark macht, auf eine gezielte und umfassende Aufklärung der Anleger.

Eine neue Broschüre mit dem Titel "Grauer Kapitalmarkt und unseriöse Geschäftspraktiken" soll Anleger jetzt informieren und zugleich vor dubiosen Anlagefirmen schützen.Der vor allem von Banken getragene Verein Finanzplatz hat sie erstellt und verschickt sie kostenfrei, will sie künftig aber auch in Bank- und Sparkassenfilialen auslegen.Das BAWe hat bereits Anfang des Jahres ein Faltblatt über dieses Thema aufgelegt.10 000 Exemplare wurden bereits verteilt, weitere 20 000 sind angefordert.Aber dem Amt fehlt, wie Vizepräsident Dreyling einräumt, das - wenige - Geld, um die Blättchen zu drucken.Der Finanzplatz e.V.und damit die Banken wollen jetzt in die Bresche springen.

Dies ist umso peinlicher als für Dreyling die Notwendigkeit einer umfassenden Aufklärung unabdingbar ist.Allerdings sind auch die personellen Kapazitäten des BAWe für die Aufsicht eher begrenzt: Gerade mal 30 Mitarbeiter sind seit Anfang 1998 für rund 3000 Finanzdienstleister und 4000 Banken zuständig.Sie sollen die Anlagegeschäfte beaufsichtigen.Einmal im Jahr prüft das BAWe die Unternehmen, Sonderprüfungen sind jederzeit möglich.Bei 15 Unternehmen habe es 1998 Beanstandungen gegeben, weil sie potentielle Anleger unaufgefordert mit Anrufen traktiert, weil sie nicht richtig über Risiken aufgeklärt oder weil sie viel zu hohe Gebühren verlangt hätten.Zwei Finanzdienstleister hielten der Prüfung durch das BAWe nicht stand, sie mußten Konkurs anmelden.

Dreyling weist allerdings auch auf die Grenzen der Aufsicht hin.Abgesehen von Banken kann das Amt nur Firmen beaufsichtigen, die Termingeschäfte oder Depositendarlehen anbieten.Unternehmen, die Bankgarantien, Beteiligungssparpläne, Cash- Back-Modelle, Diamantenhandel, britische, mit einer Lotterie verbundene P-Bonds sowie Time-Sharing-Modelle für Immobilien oder Grundschuldbriefe anbieten, werden nur von der Gewerbeaufsicht der Bundesländer geprüft.Und die hat in der Regel nicht das nötige Know-how, um diese Offerten wirklich zu beurteilen.

Grenzen der Aufklärung sieht Dreyling auch bei den Anlegern selbst: "Wer nur Dollar-Zeichen im Auge hat und nur auf die Rendite schielt, den kann man nicht schützen." So haben allein über 90 000 Anleger vor einigen Jahren beim Zusammenbruch des European Kings Club auf einen Schlag ihr Geld verloren.Im übrigen, so Dreyling, würde in Broschüren selbst von wenig seriösen Anlagefirmen auf das Risiko des Totalverlustes hingewiesen.

DAI-Vorstandsmitglied von Rosen fordert angesichts des hohen finanziellen, volkswirtschaftlichen und politischen Schadens, den Anlagebetrüger hervorrufen, eine bessere ökonomische Bildung der Bevölkerung."Nur wer sich in Fragen der Geldanlage nicht auskennt oder unsicher ist, kommt als Opfer für den Grauen Kapitalmarkt in Frage." An den allgemeinbildenden Schulen solle deshalb ein eigenständiges Fach "Wirtschaft" eingeführt werden.Er hält die breite Bildung und Aufklärung auch deshalb für nötig, weil immer mehr Menschen auf eigene Kosten für ihr Alter vorsorgen müssen.Die Bekämpfung unseriöser Anlagefirmen sei deshalb auch zu einem guten Teil angewandte Sozialpolitik."Es darf nicht sein, daß der einzelne im Alter Abstriche von seinem Lebensstandard machen muß, nur weil er nicht genügend für das Thema Geldanlage sensibilisiert wurde."

Die Broschüre "Grauer Kapitalmarkt und unseriöse Geschäftspraktiken" gibt es kostenlos beim Finanzplatz e.V.Börsenplatz 7-11, 60313 Frankfurt; Telefon 069/9793- 8700

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