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ANLEGER Frage: an Oliver Borgis Leiter der Vermögensverwaltung der Weberbank

Wie lange wirkt der Japan-Schock?

Die Welt und die Aktienmärkte stehen noch unter dem Eindruck der Katastrophe in Japan. Wird die Unsicherheit über die Zukunft des Landes die Märkte weiter belasten? Oder überwiegt die Hoffnung, dass der Wiederaufbau schneller als erwartet stattfindet?

Angesichts des gewaltigen menschlichen Leids der Opfer in Japan wird einem bewusst, wie unbedeutend so manche finanzielle Entscheidung im Verhältnis dazu ist. Dennoch müssen wir uns mit den Effekten auf den Kapitalmarkt beschäftigen. Ein derartig großes Ereignis in der drittgrößten Volkswirtschaft der Welt kann nicht ohne weitere Auswirkungen bleiben. Durch gekappte grenzüberschreitende Produktionsketten und Nachfrageausfälle ist insbesondere das eng mit Japan verflochtene Asien betroffen, damit aber auch eine Region, die bislang zunehmend zur florierenden Nachfrage nach deutschen Exportgütern beitrug. Ob dies den deutschen Aufschwung und die Weltwirtschaft insgesamt gefährden kann? Ökonomen sind sich nicht einig und die Märkte entsprechend im Unklaren.

Bei all der kurzfristigen Verunsicherung wirft man gerne den vergleichenden Blick auf das gewaltige Aufbauprogramm nach dem Beben in Kobe im Jahr 1995, das einen Konjunkturschub auslöste. Auch diesmal wird Japan für diese nationale Aufgabe gewaltige Summen aufbringen, trotz aller Schuldenprobleme, die das Land bereits hat. Infrastruktur-, Maschinenbau- und Fahrzeugunternehmen werden mittelfristig eine Art Sonderkonjunktur erfahren. Wann und wie stark dieser Impuls gegeben wird, ist allerdings derzeit völlig offen. Ob diese Hoffnungswerte also überwiegen können und für steigende Kurse gut sind, hängt sehr stark vom Zeitrahmen für den Wiederaufbau ab, der seinerseits nicht unwesentlich vom Schicksal des havarierten Atomkraftwerks beeinflusst wird.

Eine Einschätzung wäre also bereits dann nicht leicht, wenn man sich auf die Auswirkungen und Beseitigung der Erdbeben- und Tsunamischäden beschränken könnte. Die drohende Nuklearkatastrophe aber schafft eine größere Unsicherheit. Sie lässt auf dramatische Weise offen, wann, wie – und im Extremfall auch wo – die Rekonstruktion stattfinden kann. Die Hoffnungen auf einen baldigen Wiederaufbau sind also davon abhängig, ob die Rettungsmaßnahmen in Fukushima Erfolg haben. Die Chancen dafür können sich täglich wandeln und sind zum jetzigen Zeitpunkt sehr spekulativ. Solange dieser Teil der Katastrophe nicht abschätzbar ist, geschweige denn dessen wirtschaftliche Folgen, so lange werden sich die Märkte nicht nachhaltig von der Last der Unsicherheit befreien können.

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an Oliver Borgis

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