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Wirtschaft: Anlegerlobby sorgt sich um den Mittelstand

Neuordnung des Aktienhandels könnte neue Zocker-Börse schaffen

Frankfurt (Main) (pot/scc/HB). Deutschlands größte Börse ordnet den Aktienhandel neu. Der Börsenrat der Frankfurter Wertpapierbörse (FWB) entscheidet an diesem Dienstag über die Neusegmentierung des Aktienmarktes. Zwei Segmente mit unterschiedlichen TransparenzVorschriften sind geplant: Im „Prime Standard“ sollen hohe Anforderungen wie Quartalsberichte und Rechnungslegung nach internationalen Standards gelten. Ähnliche Regelungen gab es bisher am Neuen Markt, der im Zuge der Neuordnung wegfällt. Darunter wird es einen „Domestic Standard“ geben, in dem nur die gesetzlichen Mindestanforderungen an die Emittenten gelten.

Grundsätzlich findet die Neuordnung inklusive der Abschaffung des Neuen Marktes sowohl bei Fondsgesellschaften als auch bei den Unternehmen Zustimmung. Vermutlich wird nur ein Teil der Neue-Markt-Firmen in den anspruchsvollen Prime-Markt wechseln. Kleinere Unternehmen mit finanziellen Problemen dürften dagegen den Domestic Standard bevorzugen, schon um die Ausgaben für für Road-Shows und Quartalsberichte zu sparen. In die Börsenindizes kommen nur die Firmen aus dem Prime Standard. „Damit wird die Qualität der Indizes steigen", sagt Ralf Walter, Fondsmanager von Adig Investment.

Kritik gibt es freilich an Details. Nach Ansicht von Ulrich Hocker von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) bedeutet der Prime Standard „in einigen Punkten einen Rückschritt gegenüber den Vorschriften am Neuen Markt". So wird es wohl keine so genannte Lock-up-Frist mehr geben, also eine Veräußerungssperre nach einem Börsengang. Am Neuen Markt betrug diese sechs Monate. „Eine Lock-up-Frist muss unbedingt verpflichtend sein“, so Hocker. Dabei sollte jedoch differenziert werden. „Für Management und Mitarbeiter muss diese Frist bei zwei Jahren liegen", so sein Vorschlag. Investmenthäuser oder Venture-Capital-Gesellschaften könnten früher aussteigen, da der Ausstieg nach dem Börsengang ein Teil ihres Geschäfts sei.

Die Börse sieht dagegen keinen Bedarf für Haltesperren. Schließlich seien die Unternehmen nach dem im Juli in Kraft getretenen 4. Finanzmarktförderungsgesetz verpflichtet, Lock-Up-Regelungen bekannt zu machen. Firmen, die ihre Haltefristen brechen, würden an der Börsen mit geringeren Bewertungen abgestraft, argumentiert Börsenvorstand Volker Potthoff.

Nach Meinung Hockers muss sicher gestellt werden, dass der Domestic Standard nicht zu einer Zocker-Börse mit vielen Penny-Stocks verkommt. „Der Domestic Standard kann nicht das Segment für vernachlässigte deutsche Nebenwerte sein", so Hocker. Deshalb fordert er auch dort die Einführung von Indizes, um institutionelle Anleger zu gewinnen.

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