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EZB-Präsident Mario Draghi

© dpa

Europäische Zentralbank: Experten zweifeln an Draghis Billionenplan

Am Montag startet die EZB ihr billionenschweres Anleihe-Kaufprogramm. Notenbank-Chef Mario Draghi will damit die europäische Wirtschaft stützen. Doch Experten sind skeptisch, ob das Programm wirkt.

Von Carla Neuhaus

Am Montag geht es los. Dann beginnt die Europäische Zentralbank (EZB) Anleihen zu kaufen. Das hat EZB-Chef Mario Draghi am Donnerstag nach einer Ratssitzung in Zypern verkündet. Marktbeobachter und Investoren hatten auf diese Nachricht gewartet. Denn Draghi hatte das Kaufprogramm zwar für März in Aussicht gestellt, doch über das genaue Startdatum noch geschwiegen.

Nun wird es ernst für die Notenbanker. Über die Anleihekäufe wollen sie jeden Monat 60 Milliarden Euro in den Markt pumpen. Aufsummiert kämen so bis Ende September 1,14 Billionen Euro in Umlauf. Die EZB hofft, damit die Wirtschaft in der Euro-Zone zu stützen und ein Abrutschen in die Deflation verhindern. Von einer Deflation spricht man, wenn die Preise fallen – was schnell zu einer Abwärtsspirale führen kann. Denn wenn Produkte und Dienstleistungen günstiger werden, halten sich Verbraucher und Unternehmen schnell mit Ausgaben zurück – weil sie damit rechnen, dass die Preise noch weiter fallen dürften. Doch das kann zum Wirtschaftsabschwung führen: Erst sinkt der Konsum, dann gehen die Gewinne der Konzerne zurück, dann die Löhne. Und vor eben solch einer Abwärtsspirale hat Draghi Angst.

Das EZB-Mandat verbietet es ihr, Staaten direkt zu finanzieren

Bislang sind er und seine Kollegen im EZB-Rat noch davon ausgegangen, dass die Preise in diesem Jahr um 0,7 Prozent steigen werden. Jetzt rechnen sie nur noch mit einer Inflationsrate von null Prozent. Das heißt, die Preise bleiben im Schnitt unverändert. Das klingt gut – doch dauert es dann oft nicht mehr lange und die Preise fallen. Deshalb ist eine leichte Preissteigerung den Notenbankern lieber: Ihr Ziel ist eine Inflationsrate von zwei Prozent.

Um die Wirtschaft zu stärken und die Preise nach oben zu drücken, kaufen die Währungshüter nun also Anleihen. Auf diese Weise kommt Geld in den Markt. Draghi und seine Kollegen hoffen, dass die Banken es zum Beispiel nutzen, um mehr Kredite an Firmen zu vergeben. Die könnten dann mehr investieren, die Wirtschaft würde belebt, die Preise würden steigen. Doch ob das wirklich so kommt, ist fraglich.

Denn für die EZB wird die ganze Aktion nicht einfach. Ihr Mandat verbietet es ihr, Staaten direkt zu finanzieren: Sie darf ihnen die Anleihen nicht direkt abkaufen. Deshalb müssen die Notenbanker die Papiere Banken, Pensionskassen oder anderen Investoren abkaufen. Doch die wissen um den Druck, unter dem die EZB steht. Anleihen sind deshalb gefragt – weshalb Experten daran zweifeln, ob es den Notenbankern gelingt, wirklich jeden Monat Anleihen für 60 Milliarden Euro zu kaufen.

"Optimismus ist nicht angebracht"

Draghi und seine Kollegen selbst sind immerhin optimistisch. Sie gehen davon aus, dass die Preise 2016 wieder um 1,5 Prozent steigen werden. Auch die Wirtschaft soll dann wieder stärker wachsen: „Nach vorne blickend gehen wir davon aus, dass sich die wirtschaftliche Erholung graduell verbreitert und verstärkt“, sagte Draghi. Die EZB rechnet damit, dass die Wirtschaft in der Euro-Zone in diesem Jahr um 1,5 und 2016 um 1,9 Prozent zulegen wird. Das ist besser, als erwartet. Allerdings halten viele Experten ein solches Wachstum nicht für realistisch. „Wir glauben nicht, dass dieser Optimismus angebracht ist“, sagt Michael Schubert von der Commerzbank. Es bestehe die Gefahr, dass die EZB am Ende ihre Anleiheprogramm sogar noch ausweiten müsse, wenn sie ihre Ziele nicht erreiche. Auch Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), sagt: „Die Risiken für die Wirtschaft der Eurozone sind nach wie vor sehr hoch.“

Die Börsianer feierten Draghis Ankündigung am Donnerstag dennoch. Schon in der Erwartung der Nachricht ist der Leitindex Dax am Donnerstagmorgen auf ein neues Rekordhoch gestiegen. Als die Meldung dann über den Ticker lief, legte er weiter zu und kletterte zeitweise auf 11525 Punkte. Der Grund für die Euphorie: Wenn die EZB so viel Geld in den Markt pumpt, fließt ein Teil automatisch in Aktien. Schließlich müssen Banken und Investoren, die der EZB Anleihen verkaufen, ihr Geld wieder anlegen. Und da es angesichts der niedrigen Zinsen kaum Alternativen gibt, kaufen viele Aktien. Der Eurokurs gibt dagegen weiter nach. Denn kommt mehr Geld in Umlauf, ist der Euro weniger wert. Das ist allerdings nicht schlimm. Denn es erleichtert den Firmen der Euro-Zone ihre Waren zu exportieren.

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