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Wirtschaft: Arbeitgeber zu hart für die IG Metall

Zwei Vorschläge der Gewerkschaft mit weit reichenden Zugeständnissen abgelehnt/Zwickel: „Wir haben zu spät gemerkt, dass es eng wird“

Berlin (alf). Klaus Zwickel redete am Sonnabend nicht lange herum. „Die bittere Wahrheit ist: Der Streik ist gescheitert.“ Wenige Stunden zuvor hatte sich der IGMetall-Chef noch bemüht, mit dem Präsidenten des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall, Martin Kannegiesser, einen Ausweg aus der vertrackten Lage zu finden. Vergebens. „Von Stunde zu Stunde stellte sich mehr heraus, dass der Lösungsansatz, den die Spitze entwickelt hatte, im Arbeitgeberlager auf Ablehnung stößt.“ Dabei hatte sich die IG Metall bewegt und sogar zwei Lösungen angeboten, zwischen denen sich die Unternehmen hätten entscheiden können. Gesamtmetall-Sprecher Werner Riek sagte dazu, die Arbeitgeber könnte nicht zwei Tariflösungen akzeptieren, weil das „den Flächentarif auseinander reißt“. Der eine Vorschlag der IG Metall sah so aus, dass die Arbeitszeitverkürzung vollständig von der Produktivitätsentwicklung abhängig gemacht wird; in diesem Fall hätte es also keine festen Jahreszahlen für die einzelnen Schritte Richtung 35 Stunden gegeben. Die Arbeitszeit wäre nur dann gesunken, wenn die Produktivität in einer bestimmten Größenordnung gestiegen wäre. Zwickel zufolge hätte „die Mehrzahl der Firmen“ diese Lösung gewählt.

Die anderen, zumeist größeren Unternehmen mit einer schon heute hohen Produktivität hätten sich eher für die zweite Variante entschieden: Danach sollte die Berechnungsgrundlage für Löhne und Gehälter zum 1.1. 2004 auf 37 Stunden und bis 2009 auf 35 Stunden sinken; für Betriebe mit „besonderen Schwierigkeiten“ hätte es einen Aufschub bis 2011 gegeben. Das Neue an dieser Variante war laut Zwickel, dass über die einzelnen Schritte zur 35-Stunden-Woche die Betriebsparteien selbst entschieden hätten. Ferner hätten die Betriebe festlegen können, welche Gruppe wie lange arbeitet; Angestellte zum Beispiel länger als Arbeiter. Schließlich sollten Mehrarbeitsstunden auf ein Arbeitszeitkonto fließen und in Freizeit ausgeglichen werden. Das wäre „endlich eine Teillösung in Sachen Überstundenabbau gewesen“, meinte Zwickel. Ein nicht näher definierter „Bonus“ bei Neuansiedlungen und der Verzicht auf die Erhöhung der Ausbildungsentgelte rundeten das Modell der IG Metall ab, das schließlich an der „unnachsichtigen Haltung der Arbeitgeber gescheitert ist“, wie Zwickel sagte. Er bedankte sich aber ausdrücklich bei Kannegiesser „für den konstruktiven Versuch“.

Über mögliche Fehler in der eigenen Organisation, insbesondere bei der Streikstrategie, werde zu diskutieren sein, kündigte Zwickel an. Als Voraussetzungen für einen erfolgreichen Arbeitskampf nannte er den Organisationsgrad, also die Zahl der Gewerkschaftsmitglieder, und die „relativ gute Auftragslage“ der Firmen. Hier habe es im Laufe der Zeit „Veränderungen“ gegeben. Da aber die daraus zu ziehenden „Schlussfolgerungen unterlassen“ wurden, werde sich der IG-Metall-Vorstand damit beschäftigen müssen. Die IG Metall habe offenbar nicht rechtzeitig wahrgenommen, „dass es eng wird“. Der 40-köpfige Vorstand beschäftigt sich heute in Berlin mit der Niederlage.

Der ostdeutsche IG-Metall-Chef und Verhandlungsführer, Hasso Düvel, sagte, er „habe im Wesentlichen die Verantwortung für die Niederlage zu übernehmen“. Über Konsequenzen wollte sich Düvel aber noch nicht äußern. IG-Metall-Vize Jürgen Peters, neben Düvel der entschiedenste Protagonist des Arbeitskampfes, sprach von „einer Niederlage für den Flächentarifvertrag“.

Vertreter der Arbeitgeber bedauerten das Scheitern der Verhandlungen. Aber man habe den „Stufenplan für Großunternehmen nicht verantworten“ können, erklärte Kannegiesser. Die Arbeitgeber hatten nach eigenen Angaben folgendes Lösungsmodell angeboten: einen Arbeitszeitkorridor von 35 bis 40 Stunden, innerhalb dessen die Betriebe über das Volumen der Arbeitszeit entscheiden können; zum 1.4. 2005 sollte die Bezugsgröße für das Monatsentgelt von 38 auf 37 Stunden gesenkt werden, was die Stundenverdienste um 2,7 Prozent erhöht hätte; neue Investoren in den neuen Ländern sollten einen „Tarifbonus“ erhalten, und schließlich sollte die Laufzeit des Vertrages 2008 enden. „Das war für die IG Metall nicht akzeptabel. Es hätte dafür nie eine Zustimmung bei der Urabstimmung gegeben“, sagte Zwickel. Nun will die IG Metall prüfen, ob es möglich ist, Haustarifverträge abzuschließen.

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