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Wirtschaft: Arbeitskampf des Stellvertreters

Claus Weselsky führt die Geschäfte bei der Lokführergewerkschaft und setzt auf Streik

Frankfurt am Main - Als Claus Weselsky im Frankfurter Baumweg das erste Mal als amtierender Chef der Lokführergewerkschaft GDL vor ein gutes Dutzend Kameras tritt, wird schnell klar: Auch mit dem 48-jährigen gebürtigen Dresdner werden es Bahn-Chef Hartmut Mehdorn und seine Verhandlungsführerin Margret Suckale nicht einfacher haben. Während der GDL-Vorsitzende sich in die Kur verabschiedet hat, gewinnt die Konfrontation schlagartig an Schärfe. Nicht nur im Nahverkehr sollen in den nächsten Tagen – Donnerstag, Freitag, Montag, Dienstag, Mittwoch – die Züge stillstehen, sondern auch im Fern- und Güterverkehr. „Wir können nicht immer nur die Kunden im Nahverkehr in Mitleidenschaft ziehen, auch die Wirtschaft muss etwas spüren.“ Da wird allerdings noch das sächsischen Landesarbeitsgericht in Chemnitz mitzureden haben, da Streiks im Fern- und Güterverkehr derzeit gerichtlich untersagt sind.

Das jüngste Angebot der Bahn sei ein Hohn, sagt Weselsky. „Das wäre eine tarifpolitische Kastration für die GDL.“ Ohne einen eigenständigen Tarifvertrag und einen deutlichen Gehaltsaufschlag werde es mit ihm keinen Abschluss geben. Im feinen grauen Anzug, mit grüner Krawatte und akkurat gestutztem Oberlippenbart gibt sich der ehemalige Lokführer der Reichsbahn am Mittwoch kämpferisch. Seinem Chef hält er demonstrativ die Stange. Schell habe eine lange geplante Kur angetreten, die er schon drei Mal habe verschieben müssen, berichtet Weselsky. Mancher zweifelt, aber der Vize versichert: „Es gibt keine Differenzen im Vorstand.“ Auch in den nächsten drei Wochen erfolgten alle Schritte in enger Absprache mit dem kurenden Schell. Fragen nach gesundheitlichen Details überhört der Stellvertreter indes. In der ausliegenden Gewerkschaftszeitung, in der sich Schell noch kämpferisch gibt, werden genügend Möglichkeiten zur Kur offeriert: Kassel, Schwarzwald, der Bayerische Wald oder auch Köln.

Auch wenn sich der Vize tatsächlich mit seinem Chef abstimmen sollte – vorerst hat Weselsky das Sagen. Sollte Bundeskanzlerin Angela Merkel zum Spitzengespräch rufen, verschließe er sich nicht, sagt der 48-Jährige. Aber noch hege er keine großen Erwartungen.

Streik heißt sein Leitmotiv. Mit seiner harten Haltung will er ohne Zweifel auch den Boden bereiten für seine Wahl zu Schells Nachfolger im Mai nächsten Jahres. Er wäre der erste ostdeutsche Chef einer zwar kleinen, aber kämpferischen Gewerkschaft, die sich zu einem großen Teil aus den neuen Bundesländern rekrutiert. Dass die Lokführer hinter ihm stehen ist für Weselsky klar. „80 Prozent des Regional- und S-Bahn-Verkehrs wird zwischen zwei und elf Uhr lahmgelegt“, sagt der Gewerkschafter mit fester Stimme. Genau so sicher zeigt er sich, dass er die Bahn-Kunden immer noch auf seiner Seite hat. „Jeden Tag bekommen wir Solidaritätsbekundungen. Weite Teile der Bevölkerung haben Verständnis für die Lokführer.“ Und die Gewerkschaft sieht er nicht am Zug. „Die Bahn hat es in der Hand, die Streiks sofort zu beenden.“

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