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Wirtschaft: Arbeitslosigkeit: DGB-Chef Schulte attackiert die Arbeitgeber

Der DGB-Vorsitzende Dieter Schulte hat die Arbeitgeber scharf kritisiert und für das kommende Jahr eine harte Tarifrunde angedroht. Wenn die Unternehmen nicht mehr Arbeitsplätze anbieten, "hat das natürlich Folgen für die Tarifziele des nächsten Jahres", sagte Schulte.

Der DGB-Vorsitzende Dieter Schulte hat die Arbeitgeber scharf kritisiert und für das kommende Jahr eine harte Tarifrunde angedroht. Wenn die Unternehmen nicht mehr Arbeitsplätze anbieten, "hat das natürlich Folgen für die Tarifziele des nächsten Jahres", sagte Schulte. Der DGB werde bis Herbst eine Art Beschäftigungsbilanz des Bündnis für Arbeit vorlegen. Die Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände forderte anlässlich der neuesten Arbeitslosenzahlen Reformen am Arbeitsmarkt.

Schulte sagte am Dienstag in Berlin, es sei "fast unerträglich geworden, mit welcher Ignoranz die Arbeitgeber die vorhandenen Beschäftigungschancen verstreichen lassen". Angesichts der hohen Arbeitslosigkeit wollten "viele Unternehmen die Gunst der Stunde schamlos ausnutzen" und mit "Bettelaktionen" bei der Belegschaft "Management-Versäumnisse auszugleichen versuchen". Die Arbeitnehmer hätte inzwischen gemerkt, dass ihre Lohnzurückhaltung in der letzten Tarifrunde von den Arbeitgebern nicht honoriert werde. Mit jeder Entlassung werde die "Schieflage" zwischen Vorleistungen der Arbeitnehmer und Gegenleistungen der Arbeitgeber größer. Schulte forderte Bundeskanzler Gerhard Schröder auf, die "Politik der ruhigen Hand" fortzusetzen. "Denn gerade mit einer ruhigen Hand kann man viel kräftiger auf den Tisch hauen", meinte Schulte. Von der Wirtschaft verlangte er mehr Ausbildungs- und Teilzeitarbeitsplätze sowie den Abbau der Überstunden. Schulte zufolge solle sich die nächste Runde des Bündnis für Arbeit mit einer Bilanz der bisherigen Verabredungen befassen. Grafik: Der Arbeitsmarkt um Juli Handwerks-Präsident Dieter Philipp erklärte dagegen, im Bündnis für Arbeit müsse verstärkt über eine Reform des Tarifvertrags-Systems geredet werden. "Wir brauchen mehr Flexibilität in den einzelnen Branchen und Regionen", sagte er am Montagabend in Berlin. "Die Mitarbeiter müssen die Möglichkeit haben, zur Rettung von Jobs auf Lohn zu verzichten oder länger zu arbeiten", forderte der Präsident des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH).

In einer Stellungnahme zu den Arbeitsmarktzahlen forderte die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) eine "bessere Mischung von gezielten Arbeitsanreizen und verstärkten Sanktionen". Die Regierung wurde aufgefordert zu einer "Offensive zur Flexibilisierung und Deregulierung des Arbeitsmarkts". Die Reformen dürften nicht auf die Zeit nach der nächsten Wahl verschoben werden. Auch der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) wies die Vorwürfe von Schulte zurück. Mit den Angriffen auf die Arbeitgeber lenke er nur von der lohnpolitischen Verantwortung der Gewerkschaften ab, meinte DIHK-Präsident Ludwig Georg Braun. Die Gewerkschaften trügen zudem Mitschuld an den starren Regeln des Arbeitsmarktes. Braun wies auch die Forderung nach Überstundenabbau zurück. Überstunden entstünden vor allem, weil in vielen Bereichen qualifizierte Arbeitskräfte fehlten.

Der Präsident der Bundesanstalt für Arbeit, Bernhard Jagoda, war am Dienstag von seiner Prognose von 3,7 Millionen Arbeitslosen im Jahresschnitt abgerückt. Um das Ziel zu erreichen müsse es schon "einen stürmischen Herbstaufschwung" geben, sagte Jagoda. Im Juli war die Zahl der Arbeitslosen um 104 300 auf 3 798 700 gestiegen. Das waren nur 4900 weniger als vor einem Jahr. Die Konjunkturschwäche wirkte sich vor allem im Westen aus, dort waren im Juli 2 445 200 Personen ohne Beschäftigung, 21 000 weniger als vor zwölf Monaten. In den neuen Ländern war die Lage unverändert. Dort gab es im Juli 1 353 500 Arbeitslose, 16 100 mehr als vor Jahresfrist. Auch in Berlin hat sich die Lage verschlechtert. Laut Landesarbeitsamt entließen die Firmen im Juli viel mehr Beschäftigte als im Juli 2000. Insgesamt waren rund 273 700 Menschen ohne Arbeit, 13 000 mehr als vor einem Jahr.

alf

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