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Wirtschaft: Arbeitsmarktreform vor der Korrektur

Die Union will beim Arbeitslosengeld II die Unterhaltspflichten innerhalb der Familie verschärfen

Berlin - SPD und Union wollen die Ausgaben für Hartz IV in den nächsten Jahren begrenzen. In der CDU gibt es Überlegungen, die Unterhaltsverpflichtungen zwischen Eltern und Kindern zu verschärfen. Nordrhein-Westfalens Arbeitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) sagte, wenn junge Leute bei den Eltern auszögen, um mehr Leistungen zu erhalten, treibe das die Kosten natürlich in die Höhe. Er sei deshalb für eine gegenseitige Unterhaltsverpflichtung der Familien wie bei der Sozialhilfe. In der zweiten Runde der Koalitionsverhandlungen am Montagabend bekräftigten die Unterhändler von SPD und Union, die Ausgaben dürften nicht weiter aus dem Ruder laufen.

Der Bund wird in diesem Jahr wohl 26 Milliarden Euro für das Arbeitslosengeld II (ALG II) ausgeben, das sind 12 Milliarden Euro mehr als veranschlagt. Das liegt auch daran, dass die Zahl der Bedarfsgemeinschaften, also der Haushalte mit Leistungsanspruch, und damit auch die Zahl der Leistungsempfänger, deutlich höher ist, als von der Bundesregierung geplant. Zum einen, weil Jugendliche oder Paare einen eigenen Anspruch auf Unterstützung haben, wenn sie alleine wohnen. Zum anderen, weil nun alle Bedürftigen ALG II erhalten, die erwerbsfähig sind. Dazu gehören auch zahlreiche Menschen, die bis Ende 2004 die von den Kommunen finanzierte Sozialhilfe bezogen haben. Der CDU-Politiker Laumann regte an, diese Erwerbsfähigkeitsschwelle anzupassen. Das hieße, dass zahlreiche ALG-II- Empfänger wieder in die Sozialhilfe rutschen, die von den Kommunen finanziert wird.

Der SPD-Vorsitzende und designierte Arbeitsminister Franz Müntefering sagte nach der Koalitionsrunde am Montag, beide Seiten seien sich einig gewesen, dass man bei den Hartz IV-Ausgaben wieder zu einer „soliden Verlaufslinie“ kommen müsse. Er ließ jedoch offen, ob der Empfängerkreis auch nach dem Willen der SPD eingeschränkt werden soll.

Mitten in den Koalitionsverhandlungen fordert der Deutsche Landkreistag mehr Geld vom Bund, um Mehrausgaben der Kommunen für Hartz IV zu kompensieren. Der Bund müsste nach Erhebungen des Landkreistags seine Beteiligung an Unterkunfts- und Heizkosten für Langzeitarbeitslose erhöhen – von derzeit 29,1 auf 34,4 Prozent – umgerechnet wären das rund vier Milliarden Euro. Bei den Kommunen seien keine Entlastungen zu verzeichnen. „Vielmehr stöhnt der überwiegende Teil der Kämmerer über immer neue Kosten“, beklagte der Präsident des Landkreistages, Landrat Hans Jörg Duppré. Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) wollte dagegen den Bundesanteil an den Wohnkosten für dieses und nächstes Jahr streichen, weil er deutliche Entlastungen für die Kommunen berechnet hat. Bund, Länder und Kommunen wollten die tatsächlichen Kosten für Hartz IV in Revisionsverhandlungen abrechnen. Wegen Differenzen über die Daten wurden diese Treffen bisher immer wieder verschoben.

Der Deutsche Städte- und Gemeindebund forderte von der künftigen Regierung, sich zu den 29,1 Prozent zu bekennen und diese Quote vorläufig auch für 2006 fortzuschreiben. „Wir brauchen eine verbindliche Zusage, um unsere Ausgaben für das kommende Jahr regeln zu können“, sagte Sozialexperte Uwe Lübking dem Tagesspiegel. Gegen Clements Pläne gibt es außerdem Widerstand aus den Ländern. Sachsen-Anhalts Staatssekretär Reiner Haseloff (CDU) sprach sich dafür aus, in den Koalitionsverhandlungen die Beteiligung des Bundes an den Kosten der Unterkunft für nächstes Jahr festzulegen. „Dieses Jahr muss es bei der Quote von 29,1 Prozent bleiben“, sagte Haseloff, einer der Unions-Unterhändler in der zuständigen Arbeitsmarkt-Arbeitsgruppe. „Für nächstes Jahr können wir neu justieren“, sagte der CDU-Politiker dem Tagesspiegel. Die Beteiligung dürfe aber nicht auf null gefahren werden, wie Clement fordert, sondern müsse in der derzeitigen Größenordnung bleiben.

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