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© dpa

Arbeitsverhältnis: Auf Dauer befristet

Gewerkschaften kritisieren die schwarz-gelben Pläne, mehr befristete Beschäftigung zuzulassen

Die Pläne von Union und FDP, die befristete Beschäftigung auszuweiten, stoßen auf Kritik bei den Gewerkschaften. „Das treibt jüngere Menschen in eine unendliche Befristungsschleife. Damit wackelt ihr Arbeitsplatz auf Dauer“, sagt Martina Perreng, Rechtsexpertin beim Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB). Auch der Arbeitsmarktforscher Alexander Herzog-Stein, der beim Forschungsinstitut WSI der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung arbeitet, fürchtet, dass die Zahl der befristeten Verträge zunehmen wird. „Vor allem größere Unternehmen werden die Gelegenheit nutzen, mehr Mitarbeiter dauerhaft mit einem befristeten Vertrag zu vertrösten. Faktisch wird damit auch der Kündigungsschutz für die Betroffenen verschlechtert“, sagt er.

Im Koalitionsvertrag konnte die FDP sich zwar nicht mit der Forderung durchsetzen, den Kündigungsschutz zu lockern. Für Betriebe soll es aber leichter werden, ihre Mitarbeiter befristet zu beschäftigen. Bisher kann ein Arbeitnehmer ohne Angabe von Gründen für maximal zwei Jahren befristet beschäftigt werden, innerhalb dieses Zeitraums bis zu drei Mal. Danach muss der Arbeitgeber ihn unbefristet übernehmen – oder das Beschäftigungsverhältnis ist beendet. CDU, CSU und FDP haben sich nun darauf verständigt, dass ein Betrieb seine Mitarbeiter auch mehrmals hintereinander befristet beschäftigen kann – vorausgesetzt zwischen den Verträgen liegt eine Wartezeit von einem Jahr.

Nach Ansicht des DGB könnten vor allem Konzernunternehmen die geplanten Lockerungen nutzen, indem sie Mitarbeiterpools bilden, die dann von einem Konzernbetrieb in den anderen mit befristeten Arbeitsverhältnissen wechseln. Oder die Beschäftigten könnten nach dem Ende der Befristung in die Arbeitslosigkeit entlassen werden mit der Zusage, sie nach der Wartezeit von einem Jahr wieder befristet einzustellen.

Die DGB-Expertin Perreng kritisiert, es gebe keine Begründung für eine Ausweitung solcher Befristungen. „Schon heute kann ein Arbeitgeber zwei Jahre lang einen Mitarbeiter testen“, sagte sie. Selbst bei einer Neueinstellung nach diesem Zeitraum gebe es die Möglichkeit, eine Probezeit von einem halben Jahr zu vereinbaren. „Danach weiß ein Arbeitgeber doch, was er an seinem Mitarbeiter hat.“ Auch der Arbeitsmarktforscher Herzog-Stein hält Lockerungen für überflüssig. „Der deutsche Arbeitsmarkt hat in den letzten Jahren gezeigt, wie flexibel er ist.“ Dabei verweist der Wissenschaftler unter anderem auf Tarifverträge in der Metallindustrie, die bei guter Auftragslage eine Anhebung der wöchentlichen Regelarbeitszeit von 35 auf 40 Stunden pro Woche ermöglichen, sowie in Krisenzeiten ein Runterfahren auf 30 Stunden. „Nirgendwo ist der Einsatz des Faktors Arbeit innerhalb von Unternehmen so flexibel wie in Deutschland.“

Fast jede zweite Neueinstellung ist inzwischen befristet, wie eine Untersuchung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung  zeigt. So waren 43 Prozent der 2006 abgeschlossenen Arbeitsverträge zeitlich begrenzt, 2001 waren es erst 32 Prozent. Der Anteil an der Gesamtbeschäftigung stieg von unter vier auf über sechs Prozent, insgesamt waren 2006 zwei Millionen Menschen befristet beschäftigt. In der Sozialwirtschaft, den sozialen Dienstleistungen, der öffentlichen Verwaltung und in gemeinnützigen Betrieben sind sogar zwei Drittel der Neueinstellungen zeitlich begrenzt. Zu Entfristungen kommt es vor allem im produzierenden Gewerbe – hier werden fast zwei Drittel der Arbeitnehmer übernommen.

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