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Schickedanz

© Eventpress/Krohn

Arcandor-Großaktionärin: 1,7 Milliarden Euro weniger

Die Wertpapiere von Arcandor-Großaktionärin Madeleine Schickedanz haben seit Anfang des Jahres 88 Prozent verloren. Das bringt die Unternehmerin in ein Finanzierungsproblem - ihre Aktien sind fremdfinanziert, und ihre Hausbank dürfte nun bei ihr anklopfen.

Düsseldorf - Der dramatische Kursverfall der Arcandor AG treibt eine der bekanntesten Persönlichkeiten der deutschen Wirtschaft in ein Finanzierungdilemma. Die 64-jährige Kaufhauserbin Madeleine Schickedanz hat nach Informationen des „Handelsblatts“ aus Finanzkreisen ihr Mehrheitspaket an dem Essener Arcandor-Konzern mit mehr als 500 Millionen Euro fremdfinanziert. Ihre Aktien sind aber seit Freitag nur noch 234 Millionen Euro wert. Finanzierungspartner von Frau Schickedanz ist ihre Hausbank Sal. Oppenheim. Die traditionsreiche Kölner Privatbank verweigerte auf Anfrage eine Auskunft darüber, wie sie nun mit dem Thema umgehen will. Grundsätzlich sei es aber so, dass Sal. Oppenheim bei einer solchen Finanzierung auf mehr Sicherheiten bestehe als nur Aktien. Auf welche anderen Vermögenswerte von Frau Schickedanz Sal. Oppenheim nun Zugriff hat, ließ er offen.

Leo Herl, der Ehemann und Vermögensverwalter von Madeleine Schickedanz, beantwortete auf Anfrage keine Fragen zum Aktienpaket seiner Frau. Fest steht, dass ihre 123 Millionen Arcandor-Aktien seit Jahresbeginn 88 Prozent ihres Wertes verloren haben. Die 53 Prozent, die Schickedanz an dem Handels- und Tourismuskonzern hält, waren Anfang Januar noch 1,9 Milliarden Euro wert. Dieser Betrag hat sich seither um 1,7 Milliarden Euro reduziert.

Madeleine Schickedanz ist die Tochter von Gustav Schickedanz, der 1927 das Versandhaus Quelle gründete und das Unternehmen gemeinsam mit seiner Frau Grete zu einer der größten Erfolgsgeschichten der deutschen Wirtschaft ausbaute. 1999 fusionierte Quelle mit Karstadt, 2004 schoss Schickedanz dem kriselnden Konzern im Rahmen einer Kapitalerhöhung 280 Millionen Euro zu und stockte ihre Anteile mit zusätzlichen Mitteln auf, während sich der andere Familienzweig um ihre Nichte Margarethe Dedi-Riedel zurückzog. Seit 2007 firmiert das Unternehmen unter dem neuen Namen Arcandor.

Heute steckt der Konzern, der seit 2005 von Thomas Middelhoff geführt wird, noch immer in der Krise. In den vergangenen Tagen war sogar fraglich, ob die Karstadt-Kaufhäuser überhaupt in der Lage sein werden, zu Weihnachten ihre Regale zu füllen. Der Kreditversicherer Euler Hermes hatte seine Ausfallgarantien für Warenlieferungen an Arcandor gekappt und damit Lieferanten des Konzerns verschreckt. Erst am Mittwoch gab Arcandor bekannt, man habe sich mit seinen Banken auf ein Refinanzierungskonzept geeinigt und auch die Kreditversicherer würden die nötigen Kreditlinien zur Verfügung stellen.

Die Nothilfe allerdings hat einen hohen Preis. Obwohl der Konzern tagelang das Gegenteil behauptete, prüft Arcandor nun auf Druck seiner Gläubiger den Verkauf seiner Anteile an Thomas Cook. Derzeit hält Arcandor 52 Prozent an dem Tourismusunternehmen. Thomas Cook erwirtschaftet mit 8,5 Milliarden Euro 60 Prozent des Umsatzes von Arcandor und ist die einzige Sparte, mit der Arcandor Geld verdient. Die Aussicht, dass Arcandor sich für sein Überleben nun von seiner Konzernperle trennen muss, löste unter den Aktionären eine Panik aus. Als Arcandor am Mittwochmorgen behauptete, die Refinanzierung sei gelungen, ohne dass Thomas Cook angetastet werden müsse, stieg die Arcandor-Aktie um bis zu 20 Prozent. Nachdem Arcandor abends das Gegenteil bekannt gab, sackte die Aktie bis zum Freitag um 46 Prozent. Die Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger fordert wegen der Irreführung der Aktionäre den Rücktritt des Vorstandsvorsitzenden Middelhoff.

Middelhoff musste sich bereits am Sonntag vor dem Aufsichtsrat verantworten. Wie der Vorsitzende des Kontrollgremiums, Hero Brahms, dem „Handelsblatt“ bestätigte, ist der Aufsichtsrat besorgt über die Informationspanne. „Verlässliche Information der Öffentlichkeit ist ein besonderes Gut, insbesondere in schwierigen Zeiten“, sagte Brahms. Die Sitzung des Aufsichtsrats dauerte bei Redaktionsschluss dieser Ausgabe an. (HB)

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