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Wirtschaft: Asien braucht keine Kraftwerke mehr

JAKARTA .Ein Wachstumsmarkt liegt in Trümmern: Bis zur Wirtschaftskrise Mitte 1997 zählte Südostasien zu den attraktivsten Segmenten des Welt-Kraftwerksmarktes.

JAKARTA .Ein Wachstumsmarkt liegt in Trümmern: Bis zur Wirtschaftskrise Mitte 1997 zählte Südostasien zu den attraktivsten Segmenten des Welt-Kraftwerksmarktes.Die Krise hat keinen Stein auf dem anderen gelassen.Angesichts einer kräftig gedämpften Stromnachfrage, dramatischer Überkapazitäten und gegenüber dem Dollar in den Keller gefallener nationaler Währungen sind die wirtschaftlichen Perspektiven für die global aktiven Anbieter neuer Kraftwerke gegen null geschrumpft.

Insbesondere die privat finanzierten Kraftwerke des IPP-Modells (Independent Power Producer) sind in wirtschaftliche, teils auch in politische Schwierigkeiten geraten.Südostasien zählte zu den Pionieren in der Privatisierung der Stromerzeugung und privat finanzierter IPP-Kraftwerke."Der Zubau von Kapazitäten ist vorläufig kein Thema", bestätigt Adolf Hüttl.Der Manager ist Vorstandsmitglied der Siemens AG, München, und Chef des Bereichs Energieerzeugung des Konzerns.

"Aufträge für neue Kraftwerke", gibt er sich keiner Illusion hin, "wird es in absehbarer Zeit nicht geben".Den Auftrag zum Bau der beiden ersten IPP-Kraftwerke in Malaysia hatte Siemens-Chef Heinrich von Pierer Anfang der neunziger Jahre höchstpersönlich akquiriert.Auftraggeber war der chinesische Tycoon Francis Yeo von der YTL Corp., eines der großen Familienkonglomerate des Landes.Die Stromlizenz hatte Yeo von seinem Freund, dem Premierminister Mahathir Mohamad, erhalten.Der Auftragswert für beide Kraftwerke mit einer Gesamtkapazität von 1212 Megawatt belief sich auf 1,4 Mrd.Dollar.Dafür hatte Pierer seinen Urlaub unterbrochen und war extra nach Kuala Lumpur geeilt.

Von dieser Flut an Milliardenaufträgen für IPP-Kraftwerke hat die Wirtschaftskrise in Südostasien nichts übrig gelassen.Einige der nationalen, noch staatlichen Elektrizitätsgesellschaften kämpfen ums Überleben.Sie können ihre Verpflichtungen, den Strom der IPP-Kraftwerke abzunehmen, kaum einhalten.So verhandelt der staatliche malaysische Energieversorger Tenaga Nasional, Kuala Lumpur, mit privaten Stromerzeugern über einen Zahlungsaufschub, um seine Liquiditätsschwierigkeiten zu mildern.

Die staatliche Electricity Generating Authority of Thailand (Egat), Bangkok, will bis zum Jahre 2005 nach eigenen Angaben rund 3700 Megawatt stillegen.Bis dahin werden sechs IPP-Kraftwerke, deren Strom die Egat langfristig kontrahiert hat, ans Netz gehen.Ohne diese Abmagerungskur, rechnet ein deutscher Kraftwerksmanager in Bangkok vor, würde aufgrund des derzeitigen Zubaus allein bis zum Jahr 2003 die Kapazität auf 25 000 Megawatt steigen.Sie wäre doppelt so hoch wie der für 1999 erwartete Stromverbrauch von 13 380 Megawatt.

In einer ähnlichen Horror-Rechnung bezifferte kürzlich der Generaldirektor der staatlichen indonesischen Elektrizitätsgesellschaft PT PLN, Jakarta, die Überkapazität auf dem indonesischen Strommarkt auf 5000 Megawatt - bei einer installierten Kapazität von 15 000 Megawatt und einer derzeitigen Spitzenlast von 8000 Megawatt.Die PLN ist faktisch pleite.Sie muß ihre Rohstoffe zu Marktpreisen einkaufen.Die indonesische Regierung und der Internationale Währungsfonds (IWF) haben ein Subventionsverbot für Brennstoffe vereinbart.Zudem hat sie mit einigen IPP-Betreibern Abnahmeverträge in Dollar abgeschlossen.Dann stürzte die Rupiah zum Dollar ab.

Von der Misere der PLN ist auch Siemens mit dem Kohlekraftwerk Paiton II in Ostjava betroffen.Den 1,7 Mrd.Dollar schweren Auftrag hatte Siemens zusammen mit dem britischen Stromversorgungsunternehmen PowerGen Pcl, London, im Frühjahr 1996 erhalten.Bundeskanzler Helmut Kohl besuchte damals Indonesien und seinen Freund Präsident Suharto.Nach Suhartos Rücktritt aber gerieten Jawa Power und damit Siemens im Sommer 1998 wegen der noch unter dem Suharto-Regime vereinbarten Strompreise in einen innenpolitischen Sturm.Neben Siemens mit 50 Prozent und PowerGen mit 35 Prozent ist noch die indonesische Bumipertiwi an Jawa Power mit 15 Prozent beteiligt.Sie wird von einem Suharto-Sohn kontrolliert.Im Zuge der politischen Neuordnung der PLN dürften auch die Preise nachverhandelt werden.

Die Krise schlägt sich im Auftragseingang deutscher Kraftwerksbauer nieder.Sie verbuchten 1998 aus der Asien-Pazifik-Region nur noch Aufträge im Wert von 890 Mill.DM.1997 waren es noch 2,5 Mrd.DM.Wolfgang Kühnel, Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft Großanlagenbau im Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) sieht darin "ein deutliches Zeichen der Krise".

DIETMAR PETERSEN (HB)

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