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Wirtschaft: Auf den deutschen Straßen wird es immer enger

BONN .Mehr als zehn Mill.

BONN .Mehr als zehn Mill.Tonnen Güter werden jeden Tag auf den deutschen Verkehrswegen transportiert, die Butter und die Zeitung für das Frühstück ebenso wie Rohstoffe und Vorprodukte für die Industrie.Hinter unserem Lebensstandard, sagt Gerhard Riemann, "steht eine gigantische Transport- und Logistikleistung", an der 2,3 Mill.Lastwagen und 1,8 Mill.Zugmaschinen maßgeblich beteiligt sind.Auf den deutschen Straßen wird es für diesen Fuhrpark aber immer enger.Seit dem Krieg wurde das deutsche Straßennetz um rund 40 Prozent - von 450 000 auf 625 000 Kilometer - verlängert.Die darauf erbrachte Fahrleistung stieg im gleichen Zeitraum um 1450 Prozent.Hinzu komme, daß der Zustand der Straßen immer mehr zu wünschen übrig lasse, sagt Riemann, der dem Verkehrsausschuß des Großhandelsverbandes BGA vorsitzt.Der Bund habe mit 8,1 Mrd.DM im letzten Jahr für den Straßenbau kaum mehr ausgegeben als Anfang der 90er Jahre, die Länder mit 19 Mrd.DM sogar deutlich weniger als früher.Viele Straßen und Brücken befänden sich "zunehmend in einem maroden Zustand".

Der ungleichmäßige Verkehrsfluß, nicht zuletzt hervorgerufen durch dringende Reparaturen, verursacht nach Berechnung von BMW einen volkswirtschaftlichen Schaden von 42 Mrd.DM im Jahr.Dafür, sagt Krupp-Hoesch-Vorstand Riemann, könne man 470 000 Arbeitsplätze schaffen.Das Schlimmste sei freilich, daß die Staus die logistischen Konzepte der Unternehmen auch grundsätzlich immer mehr in Frage stellten.Falsch ist nach seiner Ansicht auch die von den Politikern gerne aufgestellte Behauptung, die von den Autofahrern und Spediteuren gezahlten Abgaben deckten nur einen Teil der Wegekosten.Insgesamt müssen sie für Mineralöl-, Kraftfahreugsteuer und die Autobahnvignette rund 80 Mrd.DM im Jahr aufbringen.Davon fließe aber nur ein "Bruchteil in den Ausbau und die Erneuerung der Straßen".

In Harnisch bringt die im BGA organisierten Groß- und Außenhändler, daß die EU-Kommission weitere Belastungen für die Lkw durchsetzen will.Die Kosten für Staus, Unfälle, Lärm, Luftverschmutzung und die Beeinträchtigung der Landschaft sollen ihnen nach einem Weißbuch, das die Kommission im Juli vorlegen will, zusätzlich aufgebürdet werden.Riemann sieht darin die reine Willkür.Niemand könne nachvollziehen, warum ein Lkw, der auch deswegen im Stau stehe, weil die Politiker nicht genug Straßen bauten, dafür auch noch zur Kasse gebeten werde.Die Vorstellung der Politik, die Transportprobleme vorwiegend auf der Schiene zu lösen, hält man beim BGA für "Wunschdenken".Wenn nur zehn Prozent der Güter, die heute auf der Straße transportiert werden, von der Bahn übernommen würden, müßte diese ihre Frachtleistung mehr als verdoppeln.Wenn es um Schnelligkeit, Verfügbarkeit und den Preis geht, ist der Lkw meistens unübertroffen.

In den Vorgaben des Bundesverkehrswegeplans sieht der Groß- und Außenhandel deswegen die falsche Weichenstellung.Obwohl die Bahn nur zehn Prozent des Güteraufkommens befördert, erhalte sie fast die Hälfte der vom Bund zur Verfügung gestellten Investitionsmittel.Der BGA verlangt statt dessen, die Investitionen entsprechend ihrer wirtschaftlichen Bedeutung auf die Verkehrsträger zu verteilen.Auch darüber, was mit den zusätzlichen Milliarden gemacht werden kann, hat man im Verkehrsausschuß des BGA nachgedacht.Die sechsspurige Autobahn, sagt Riemann, müsse im 21.Jahrhundert Standard werden.Auch eine bessere Kooperation zwischen den Verkehrsträgern werde gebraucht.Abwenden könne man den Verkehrsinfarkt am Standort Deutschland aber nur, wenn man auch für die Straßen wieder mehr Geld in die Hand nehme.

TOM WEINGÄRTNER

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