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Sebastian Lenninghausen ist bei einem eher kleinen Unternehmen eingestiegen: Bei der Kölner Brauerei Gaffel Becker & Co geht es familiär zu. Mit den Chefs ist er per Du. Foto: dpa

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Wirtschaft: Auf die Firmengröße kommt es an

Bodenständige Berufseinsteiger fühlen sich in kleineren Unternehmen wohler.

Startet die Biermarke Schultheiss Pilsener zum Beispiel eine Kronkorken-Sammelaktion, hat meist Georg Sladek die Finger im Spiel. Sladek arbeitet als Junior Brand Manager in der Marketingabteilung der Berliner-Kindl-Schultheiss- Brauerei und entwickelt dort Ideen für Werbekampagnen. Die Berliner Brauerei ist Teil der Radeberger Gruppe. Der Konzern beschäftigt 5500 Mitarbeiter. Davon 560 allein am Standort Berlin.

Geht es um die Umsetzung einer neuen Marketingidee, entscheidet Sladek das nicht allein. Vielmehr sind viele Fachbereiche eingebunden: Die Marketingleitung des Konzerns in Frankfurt, der Vertrieb, die Grafik, die Rechtsabteilung und häufig noch eine externe Werbeagentur. „Diese Aufgabenteilung und Koordination gehört einfach dazu“, sagt der Diplom-Betriebswirt. Man arbeitet nie alleine vor sich hin in so einem großen Konzern.

Ein gelungener Start ins Berufsleben ist nach Erkenntnissen von Arbeitsmarktforschern der beste Schutz vor einem späteren Jobverlust. Wer nicht als junger Mensch rasch im Berufsleben Fuß fasse, habe oft auch später mit Problemen zu kämpfen, berichtet der Direktor des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), Joachim Möller, bei der Vorstellung des neuen IAB-Jahrbuchs in Berlin. Bei den Berufsneulingen haben die Nürnberger Forscher in den vergangenen Jahren eine Abkehr vom normalen Arbeitsverhältnis mit fester Anstellung beobachtet. Hatten im Jahr 2000 noch 60 Prozent der Berufsstarter im ersten Jahreinen unbefristeten Job, sind es heute nur noch 50 Prozent. Die Chance auf eine unbefristete Stelle wächst mit dem Bildungsabschluss. Die besten Aussichten auf eine Dauerbeschäftigung haben Hochschulabsolventen.

Für wen welche Unternehmensgröße die richtige ist, sei Typsache, sagt der Karriereberater Raphael Zehetbauer: Wer vom Typ eher ein Weltenbummler sei, setze besser auf einen internationalen Konzern. Denn dort müsse man unter Umständen bereit sein, auch einmal ein paar Jahre im Ausland zu arbeiten. „Wer eher bodenständig ist, fühlt sich vermutlich in einem kleinen Betrieb wohler, wo der Inhaber einen mit Namen kennt.“ Ein Argument für den Großkonzern ist, dass hier häufig bessere Konditionen locken. Weihnachtsgeld, ein Dienstwagen oder auch mehr Urlaub: Große Konzerne hätten hier oft mehr Spielraum, sagt die Karriereberaterin Annette Thiele aus Berlin. Auch die Verdienstmöglichkeiten seien häufig besser, sagt Karrierecoach Zehetbauer. Ein kleines Start-Up werde sich kaum einen IT-Profi mit 80 000 Euro Jahresgehalt leisten können. Doch wer in einem Großkonzern anfangen will, muss sich gut verkaufen können. Denn sonst geht man angesichts der Vielzahl der Mitarbeiter schnell verloren. In einem großen Unternehmen gehöre es dazu, sich auch mal in den Vordergrund zu stellen, erzählt Zehetbauer. Man müsse Spaß am Netzwerken haben.

Berufsanfänger Sladek schätzt an der Arbeit im Großkonzern vor allem die Internationalität. „Langfristig fände ich es sehr spannend, einmal im Ausland zu arbeiten, zum Beispiel in unserem Exportgeschäft“, sagt der 31-Jährige. Auch vom unternehmenseigenen Fortbildungsprogramm hat er schon profitiert. Seit er 2011 bei der Radeberger Gruppe anfing, hat er bereits mehrere Workshops besucht – er bekam etwa Kreativitäts- und Präsentationstechniken vermittelt.

„Was Fortbildungsmöglichkeiten angeht, haben große Unternehmen ganz andere Etats als kleine“, so Zehetbauer.

Wer sich selbst eher als Macher versteht, sollte sich dagegen lieber in einem kleineren Unternehmen vorstellen, rät Karrierecoach Annette Thiele aus Berlin. Die Entscheidungswege seien dort von Natur aus kürzer, Projekte könnten schneller auf den Weg gebracht werden.

Das heiße zwar nicht, dass Entscheidungsprozesse in kleineren Unternehmen nicht auch einmal langwierig sein können. „Doch in der Regel erwartet den Mitarbeiter hier ein größeres Aufgabenspektrum, und er ist näher an dem Produkt, der Leistung oder den Kunden des Unternehmens dran.“ Das bestätigt auch Sebastian Lenninghausen, der in der Marketing-Abteilung der Kölner Brauerei Gaffel Becker & Co.arbeitet. Fast vom ersten Tag an durfte er alles selbst machen. Sponsoring-Aktionen etwa bei Fußballspielen managte er von Anfang an selbst. „Einerseits wird man extrem gefordert“, sagt er. „Andererseits ist es toll.“ Er würde immer wieder in ein kleineres Unternehmen einsteigen.

Doch egal, wie die Entscheidung nach der Hochschule ausfällt: Allzu schwer sollten sich Hochschulabsolventen die Entscheidung nicht machen. Eine Festlegung auf Lebenszeit sei es nämlich nicht, so Zehetbauer. Bei großen Unternehmen seien Fachkräfte aus mittelständischen Firmen gern gesehen und umgekehrt. Nach den ersten Jahren im Beruf ist der Wechsel immer noch möglich. Karriereprägend ist die Konjunkturlage zum Zeitpunkt des Berufsstarts: Wer zu einem ungünstigen Zeitpunkt – etwa in einer tiefen Rezession – in den Arbeitsmarkt eintritt, verdient häufig noch viele Jahre später schlechter als diejenigen, die einen besseren Startzeitpunkt erwischt haben. dpa

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