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Wirtschaft: Auf gedämpften Sohlen

Gel oder Gummi: Welcher Laufschuh zu Ihnen passt und wie Sie ihn finden

Wenn am kommenden Sonntag der nächste Berlin-Marathon anläuft, schaut eine Besuchergruppe besonders genau hin: die Sportartikelindustrie. „Das ist das Pflaster, wo die neuen Schuhe ausgetestet werden“, sagt Marathon-Organisator Horst Milde. Kein Wunder: Über 41 000 Menschen aus 90 Nationen gehen in Berlin auf die 42,195 Kilometer lange Reise, Zehntausende schauen ihnen am Streckenrand oder im Fernsehen zu: eine ideale Werbeplattform. Und so anspruchslos das Laufen ansonsten auch ist – eines brauchen alle Athleten, die sich über die Strecke quälen: vernünftige Laufschuhe.

Für die Industrie ist das ein lohnendes Geschäft: 133 Mark (rund 66 Euro) gaben die zehn Millionen deutschen Jogger im vergangenen Jahr durchschnittlich pro Paar aus. Die Stiftung Warentest hält das für nicht mal viel. In einem Test vor zwei Jahren gönnten die Prüfer keinem Laufschuh unter 180 Mark (rund 90 Euro) die Auszeichnung „gut“. Der Sieger bei den Herrenschuhen war mit 280 Mark (140 Euro) gleichzeitig auch der teuerste Schuh im Test.

Die bekannten Hersteller von Laufschuhen – neben den großen Marken Asics, Adidas, Nike oder Puma auch Newcomer wie Saucony, Brooks oder New Balance – versuchen sich mit neuen Modellen – Gel-, Gas- oder Gummi-gedämpft – gegenseitig den Rang abzulaufen. Zumindest die großen Anbieter bringen zwei Mal pro Jahr neue Produkte auf den Markt, in der Regel Weiterentwicklungen der Vorgängermodelle. Welcher Schuh der beste ist, muss jeder Läufer selbst testen. „Sie müssen herausfinden, welcher Schuhtyp Sie sind“, sagt ein Verkäufer vom Fachgeschäft Runners’ World.

Der amerikanische Anbieter Asics setzt bei der Dämpfung schon lange auf Gel. Teuerstes – und zugleich meistverkauftes – Modell ist mit 155 Euro der „Kayano“. Die Asics-Entwickler haben ihm etwas verpasst, was sie „Impact Guidance System“ nennen, kurz: IGS. Er soll den Fuß besonders gut führen, den Aufprall besonders gut dämpfen. „Der ist auch für Läufer geeignet, die nach innen laufen, Senk- oder Plattfüße haben“, sagt Ralf Schön, der Asics-Experte fürs Laufen. Für sehr ambitionierte Kilometerfresser bietet Asics den „Gel DS Trainer“ (140 Euro) an, der mit 280 Gramm besonders leicht ist, und den „GT 2080“, der rund 340 Gramm wiegt. „Das ist ein Unterschied wie zwischen einem Sportwagen und einer sportlichen Limousine“, sagt Schön.

Der Konkurrent Adidas hat eine andere Philosophie. Im April hat der Sportartikelhersteller den „A3“ (sprich: Ä-Cube) herausgebracht, einen Laufschuh, der nicht nur den n eines Mittelklassewagens trägt, sondern dem auch noch ähnliche Eigenschaften zugeschrieben werden. „Der dämpft und führt nicht nur, sondern beschleunigt auch“, verspricht Adidas-Manager Matthias Nierle. Das rund 400 Gramm schwere Schuh ist vor allem als Trainingsschuh gedacht. Auf ihm läuft unter anderem 10 000–Meter-Olympiasieger Haile Gebreselassi. 150 Euro kostet der Schuh, unter den verschiedenen Ausführungen ist auch eine Damenversion mit schmaleren Leisten.

Der Konkurrent Puma hat zur neuen Herbstsaison den „Complete Premise“ (125 Euro) herausgebracht. Für die Entwicklung hat sich Puma mit dem Reifenhersteller Goodyear zusammengetan. Herausgekommen ist eine nach Herstellerangaben besonders haltbare Carbongummi-Mischung. „Durch die Verwendung von neuen Materialien in der Laufsohle hält der Schuh auch den Belastungen von vielen Kilometern stand“, sagt Oliver Mintzlaff, Leiter des Sportmarketings. In eine andere Richtung geht der „Complete Abound“ (150 Euro). Bei ihm hat Puma die Zwischensohle dünner gemacht, sie ist näher am Boden als bei Modellen der Konkurrenz. „Das gibt ein natürlicheres und dynamischeres Laufgefühl“, sagt Mitzlaff. Nachteil: Der Schuh ist nicht für Läufer mit Fehlstellungen geeignet – und das sind mehr als die Hälfte der Jogger. Auch Läufer, die schwerer sind als 80 Kilogramm, sollten sich besser nach einem anderen Modell umsehen.

Ob Gas-, Gel- oder Gummi-besohlt – wichtig ist, dass die Schuhe den Auftritt dämpfen und vor allem an der Ferse einen optimalen Halt bieten. Nur: Jeder Fuß ist anders gebaut, jeder Laufstil individuell. Wie soll man aus der Masse der immerhin 350 verschiedenen Modelle das richtige herausfinden?

Gut ausgestattete Sportschuhgeschäfte schicken ihre Kunden zunächst aufs Laufband. Anschließend wird per Videoaufnahme analysiert, welcher Schuh am besten sitzt, stützt und dämpft. Noch einfacher ist es, einen alten Schuh mit zum Händler zu nehmen. An ihm können Experten ablesen, ob jemand nach außen oder innen rollt. Vor dem Kauf sollte man sich auch überlegen, wo man läuft: Waldwege, Asphalt und Rasen stellen unterschiedliche Anforderungen an die Dämpfung und das Profil des Sportschuhs. Für die Unsicheren hat ein Adidas- Produktmanager einen Profi-Tipp parat: „Gute Läufer“, sagt er, „haben zwei bis drei verschiedene Paar Schuhe.“ Auch ein Fuß braucht Abwechslung. Maren Peters

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