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Aufschwung?: Hoffnung aus Amerika

Das greifbare Ende der US-Rezession bewegt den Dax kaum – doch der Kursanstieg seit März stimmt Aktienhändler optimistisch.

Frankfurt am Main - Die Entwicklung des US-amerikanischen Bruttoinlandsprodukts ist an den deutschen Aktienmärkten am Freitag zunächst negativ aufgenommen worden. Der Dax drehte ins Minus. Die US-Wirtschaftsleistung ging im Frühjahr aufs Jahr hochgerechnet nur noch um ein Prozent zurück. Die Zahlen seien auf den ersten Blick gut, sagte Folker Hellmeyer von der Bremer Landesbank. Die Details enttäuschten aber. So sei der Absatz einheimischer Produkte überraschend zurückgegangen.

In Erwartung der US-Zahlen hatten die Anleger sich am Freitag mit Engagements am deutschen Aktienmarkt zurückgehalten. Am Mittag notierte der Dax lediglich auf Vortagsniveau. Dennoch sehen Experten weiter großes Potenzial für den deutschen Aktienmarkt. Die Aufstiegsphase sei noch nicht vorbei.

Fast täglich hatte der Dax in den vergangenen drei Wochen neue Jahreshöchststände markiert, in den vergangenen drei Wochen legte er insgesamt um rund 17 Prozent zu, seit März dieses Jahres sind es sogar 40 Prozent. Selbst skeptische Börsianer hatten zuletzt die Marke von 6000 Punkten in Reichweite gesehen. „Die Hausse nährt die Hausse“, umschrieb Fidel Helmer, Börsenchef beim Bankhaus Hauck&Aufhäuser, die Lage. Der Börsenprofi glaubt, dass es erst einmal weiter nach oben gehen könnte. Am Freitag notierte der Dax gegen Handelsende bei 5342 Zählern.

Angesichts niedriger Zinsen gibt es derzeit eigentlich kaum Anlagealternativen. Geldmarktpapiere und Tagesgeldkonten werfen zu wenig ab. Zudem haben sich große institutionelle Investoren wie Versicherungen, Pensionskassen und Fonds bislang zurückgehalten, weil sie der Entwicklung nicht getraut haben. Jetzt müssen sie einsteigen, damit ihnen Börse und Aktienkurse nicht noch weiter weglaufen.

Selbst grundsätzlich vorsichtige Börsianer wie Aktienhändler Dirk Müller können sich dem Trend nicht entgegenstemmen. „Der Dax schießt wohl weiter in neue Höhen. Viele Investoren müssen nachrennen. Eine ‚negative'' Erholung ist derzeit nicht zu erwarten.“ Müller sagte, er wäre nicht überrascht, wenn der Dax in den nächsten Wochen auf bis zu 6200 Punkte klettert. Auch wenn nicht nur er diese Entwicklung für ungesund hält. Fundamental sei der rapide Kursanstieg der letzten Wochen nicht unterlegt. „Die Unternehmensmeldungen der letzten Tage waren katastrophal. Vieles wird schön gerechnet, auch die Zahlen zum Auftragseingang und die Arbeitslosenrate.“

Bank-Manager Helmer sieht das Umfeld zwar nicht ganz so düster, rät aber Privatanlegern ab, jetzt an der Börse zu investieren. Erst beim nächsten Rückschlag („Der kommt bestimmt!“) sollten sie zukaufen. Auch Bob Janjuah, Chef-Stratege der Royal Bank of Scotland, warnt vor Überschwang. Die Wirtschaftsdaten hätten sich in den vergangenen Monaten zwar verbessert, „aber die meisten Daten sind weiter fürchterlich schwach“. Die viele Liquidität, die derzeit nach lukrativen Anlagemöglichkeiten suche, sei nur künstlich von der Politik geschaffen worden und könne deshalb nur zeitlich begrenzt wirken. Janjuah warnt, dass der Dax bis auf 3100 Punkte abrutschen könnte. „Der Markt hat eine viel bessere Welt eingepreist als sie tatsächlich existiert“, ist er sich sicher.

Doch Optimisten sind unbeirrt. Andreas Hürkamp von der Commerzbank sieht einen grundsätzlichen Trendwechsel, der der Börse weiter Fahrt verleihen dürfte. „Die niedrigen Kurzfristzinsen zeigen nun Wirkung: Die Anleger beginnen, den sicheren Hafen Geldmarkt zu verlassen und suchen nach risikoreicheren Anlagen“ – in Europa wie in den USA. dpa/ro

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