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Wirtschaft: Aufsicht nimmt sich die Hedge-Fonds vor

BaFin hat Anhaltspunkte für abgestimmtes Verhalten bei der Deutschen Börse und plädiert für staatliche Regulierung

Bonn Der Widerstand von Hedge- Fonds gegen die Übernahme der London Stock Exchange durch die Deutsche Börse könnte für die Gesellschaften ein teures Nachspiel haben. Es gebe Anzeichen, dass sich die Fonds abgesprochen hätten, um das Vorhaben zu blockieren, erklärte der Präsident der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), Jochen Sanio, am Donnerstag bei der Vorlage des Jahresberichts der Anstalt in Bonn.

Sollte Christopher Hohn vom britischen Hedge-Fonds TCI sich tatsächlich mit Kollegen anderer Gesellschaften abgesprochen haben und sollten die Fonds zusammen mehr als 30 Prozent an der Deutschen Börse halten, hätten die Manager laut Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz ein öffentliches Übernahmeangebot für die Deutsche Börse abgeben müssen. Die BaFin hatte vergangen Woche erklärt, sie prüfe, ob ausländische Hedge-Fonds mehr als 30 Prozent an den Aktien der Deutschen Börse halten und gemeinsam agiert haben.

„Wir gehen der Sache jetzt auf den Grund“, sagte Sanio. Die in Verdacht geratenen Fonds seien nun angeschrieben und um Auskunft gebeten worden. Die Briefe hätten alle ausländische Adressen gehabt, sagte Sanio, der sich zur Zahl der Adressaten nicht äußern wollte. Ein Übernahmeangebot wäre auch im Nachhinein noch zwingend. „Wenn sie da drin sind, kommen sie nicht mehr raus.“ Auch wenn die Anteile in der Zwischenzeit verkauft worden seien, wäre noch ein Angebot abzugeben. Den Minderheitsaktionären steht nach Angaben Sanios das Recht zu, auf Schadenersatz für entgangene Zinsen zu klagen. Sanio verwies darauf, dass die BaFin beweispflichtig sei.

Ein Fachanwalt wertete die Äußerungen Sanios als Zeichen für eine schon weit fortgeschrittene Prüfung der Behörde. „Aus meiner Sicht ist das ein starkes Signal, dass die BaFin etwas gefunden hat. Wenn ich Anwalt der Hedge-Fonds wäre, würde ich anfangen, mir Sorgen zu machen.“ Kritische Aktionäre unter Führung der Hedge-Fonds TCI und Atticus hatten zunächst die geplante Übernahme der Londoner Börse verhindert. In der vergangenen Woche trat auf Druck dieser Aktionäre der Vorstandschef der Deutschen Börse, Werner Seifert, zurück.

Sanio sagte in diesem Zusammenhang, er spreche sich seit langem für eine staatliche Regulierung der Hedge-Fonds aus, die auch international durchgesetzt werden müsse. „Die Finanzaufsicht kann doch nicht vor diesen schwarzen Löchern die Augen zu machen“, sagte er. An der politischen Debatte über die Kapitalismuskritik von SPD-Chef Franz Müntefering werde sich die Finanzaufsicht aber nicht beteiligen, unterstrich Sanio. „Das ist nicht ihre Aufgabe.“

Ein weiterer Schwerpunkt der Arbeit der BaFin waren die Lebensversicherer. Die Aufsicht sorgt sich wegen der niedrigen Zinsen bei gleichzeitig steigender Lebenserwartung um die Gesellschaften (weiteres dazu auf Seite 21). dpa/rl/HB

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