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Wirtschaft: Aus dem Labor auf den Tisch

Nach dem Genreis-Fund sollen Hersteller und Handel ihre Produkte besser kontrollieren, fordern Verbraucherschützer

Berlin - Nach dem Fund von gentechnisch verändertem Reis in deutschen Lebensmitteln fordert der Foodwatch-Chef Thilo Bode Konsequenzen und genauere Kontrollen. „Die Nahrungsmittelindustrie muss die Gesetze einhalten – gelingt ihr das nicht, müssen die Verantwortlichen strenger als bisher zur Rechenschaft gezogen werden“, sagte er dem Tagesspiegel am Sonntag. Gerade die großen Handelsketten stünden in der Pflicht, ihre Lebensmittel sorgfältig auszusuchen und deren Qualität zu überprüfen. „Sie gucken aber nicht hin, weil es für Übeltäter keine abschreckenden Konsequenzen gibt.“ Nur beim Nachweis von Fahrlässigkeit könne man sie belangen. „Hier muss die Politik etwas tun“, sagte Bode.

Das Bundesministerium für Verbraucherschutz sieht aber keinen Handlungsbedarf. Seit Ende August gebe es strengere Auflagen für den Reisimport aus den USA, sagte eine Sprecherin. Händler müssten anhand von Proben nachweisen, das Produkte keine genveränderten Substanzen enthielten. Da die verbotene Genreissorte LL601 jetzt in den Handel gelangt ist, solle auch geprüft werden, wie gut die Bundesländer kontrollieren.

Ausgelöst wurde der Skandal durch die Umweltorganisation Greenpeace – sie hatte bei Aldi-Nord den genveränderten Reis gefunden. Die Lieferung stammt aus den USA – weder dort noch in Europa darf er aber in den Handel gelangen. Die Behörden hatten den Verdacht bestätigt. Auch bei Edeka und Kaufland fanden sich in mehreren Produkten Spuren des Reises. Edeka kündigte daraufhin an, keinen Reis aus den USA mehr verarbeiten zu wollen.

Der Einzelhandel seinerseits forderte die Industrie auf, mehr Sorgfalt walten zu lassen. „Händler müssen sich auf die Angaben der Hersteller verlassen können“, sagte Christian Mieles vom Bundesverband der Lebensmittelhändler. Die Lebensmittelhändler hätten darauf vertraut, dass sich die Branche an das Verbot von Genreis halte.

Verbraucherschützern zufolge wird es für die Konsumenten aber immer schwieriger, sich vor Gentechnik-Lebensmitteln zu schützen. „Wir beobachten im weltweiten Warenhandel eine neue Unübersichtlichkeit, die stärkerer Kontrollen bedarf“, sagte eine Greenpeace-Sprecherin. Gentechnik bei Lebensmitteln sei nicht in dem Maße beherrschbar, wie die Befürworter es behaupteten, erklärte auch Jutta Jaksche vom Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv). In Ländern wie den USA, Argentinien oder Brasilien gebe es einen weniger strengen Umgang mit Gentechnik bei der Lebensmittelproduktion. In der EU gibt es dagegen für Gen-Nahrung strenge Auflagen. „Deutsche Verbraucher lehnen gentechnisch veränderte Lebensmittel ab. Der Handel steht hier in der Pflicht, Produkte zu prüfen und gegebenenfalls zu kennzeichnen“, verlangte Jaksche.

Der Nachweis gentechnisch veränderter Ware ist aber schwierig. „Wir suchen nach etwas, von dem wir gar nicht wussten, dass es überhaupt im Umlauf ist“, erklärte der Lebensmittelchemiker Heinz-Volker Buchholz vom Berliner Institut für Lebensmittel, Arzneimittel und Tierseuchen (Ilat). Derzeit sucht sein Haus fieberhaft nach weiteren Spuren des Genreises LL601 in Produkten, etwa in Reisnudeln. Ergebnisse gibt es aber womöglich erst in einigen Wochen. Buchholz hat aber einen Verdacht. „Das wird weite Kreise ziehen.“

Ina Brzoska

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