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Wirtschaft: Aus heiterem Himmel

Der Fall Prokon zeigt: Manches grüne Investment entpuppt sich als hochriskant.

Die Insolvenz des angeschlagenen Wind- und Biomasse-Unternehmens Prokon rückt offenbar näher. Bis Mittwochnachmittag hatten zwar angeblich gut 8500 von 75 285 Anlegern entschieden, ihre Genussrechte vorerst zu behalten, aufzustocken oder die Kündigung zurückzunehmen. Eine Insolvenz ist laut Prokon aber nur abwendbar, wenn bis Montag 95 Prozent der Anleger erklärt haben, ihr Kapital vorerst dort zu lassen. Die Anleger haben jedoch bereits Einlagen in Höhe von 202 Millionen von den insgesamt rund 1,4 Milliarden Euro bei Prokon investierten Kapitals gekündigt. Das sind etwa 14 Prozent der Einlagesumme.

Von einer Insolvenz und möglichen Abwicklung des Unternehmens wären hierzulande mehr als doppelt so viele Anleger wie im Falle der Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers 2008 betroffen.

Seit Jahren schon ködert Prokon neue Kunden, verspricht ihnen Renditen zwischen sechs und neun Prozent. Hohe Zinsversprechen sind in der Öko-Branche keine Seltenheit. Mancher Anleger erliegt der verlockenden Vorstellung, mit Umweltschutz und Energiewende satte Renditen zu verdienen. Doch die Verbraucherzentrale Berlin warnt: „Auch Unternehmen aus umweltfreundlichen Branchen bewirken keine Wunder.“ Wie überall gelte auch hier: „Hohe Renditeversprechen sind mit hohen Risiken verbunden.“

Ein Markt mit gutwilligen Anlegern zieht auch Betrüger an. Generell gilt: Häufig handelt es sich bei grünen Investments um Unternehmensbeteiligungen und Firmeneinlagen. Anleger werden damit also selbst zum Unternehmer – mit guten Aussichten auf Gewinne, aber auch mit dem Risiko, Geld nachschießen zu müssen oder gar alles zu verlieren. Die versprochenen Renditen sind meist unverbindlich, die Laufzeiten oft lang, vorzeitige Kündigungen schwierig. Hohe und intransparente Kosten können die Rendite schmälern. Hier eine Übersicht über die gängigsten Anlagemöglichkeiten für grüne Investments:

ALTERNATIVE INVESTMENTFONDS

Früher hießen sie „Geschlossene Fonds“, was ihr Hauptmerkmal deutlich macht. AIF sammeln in einer Zeichnungsphase Gelder ein, schließen den Fonds dann für weitere Käufe und Verkäufe und investieren das Geld in Sachwerte, darunter nicht nur Wind- und Solarparks, sondern auch Immobilien oder Schiffe. Der Anleger ist damit Mitunternehmer, erhält eine Verzinsung seines eingelegten Geldes, riskiert aber auch Verluste. Der Bundesverband Sachwerte und Investmentvermögen verweist darauf, dass der Gesetzgeber 2012 und 2013 die Papiere deutlich stärker reguliert hat: Wer einen geschlossenen Fonds herausgibt, muss Anlegern zum Beispiel eine dreiseitige Kurzinformation mit allen Risiken vorlegen. Nach Angaben des Verbands liegen derzeit neun Milliarden Euro von etwa 80 000 Anlegern in 174 Papieren.

MITTELSTANDSANLEIHEN

Zinskupons von teilweise mehr als elf Prozent versprechen einzelne Ökofirmen jenen Anlegern, die ihnen Geld leihen und eine Anleihe kaufen. Die Regionalbörsen Stuttgart, München, Hamburg-Hannover, Frankfurt und Düsseldorf haben 2010 spezielle Plattformen gegründet, um Unternehmen und Anleger finanziell zusammenzubringen. Deutschlandweit liegen derzeit etwa vier Milliarden Euro Anlegergelder in etwa 100 Anleihen mit einer Durchschnittsverzinsung von 7,2 Prozent. Auch hier ist die Zinshöhe ein klarer Hinweis auf das Ausfallrisiko.

Bisher sind knapp zwölf Prozent der Mittelstandsanleihen ausgefallen – ein hoher Wert im Hochzinssektor weltweit. Viele Öko-Firmen zählten dazu, etwa der Windparkzulieferer Siag, das Photovoltaik-Unternehmen SAG Solarstrom oder die Solarfirmen Payom Solar und Sic Processing. Andere Anleihen notieren dagegen stabil über dem Ausgabekurs, etwa jene von German Pellets. Der Holzpellets-Produzent zahlt auf zwei Anleihen mit Restlaufzeiten bis 2016 und 2018 einen Zinskupon von 7,25 Prozent und ist auch mit Genussrechten unterwegs.

GENUSSRECHTE

Wer Genussrechte kauft, wird zu einem Zwitter zwischen Aktionär und Anleiheinvestor, mit dramatisch abgespeckten Rechten. Anders als Aktionäre haben Genussscheinkäufer keine Mitspracherechte bei geschäftlichen Entscheidungen, obwohl sie das geschäftliche Risiko mittragen. Hinzu kommt: Im Pleitefall sind die Forderungen von Genussschein- Anlegern meist „nachrangig“, andere Gläubiger werden also vor ihnen aus der Konkursmasse bedient. Bei Prokon gilt dies allerdings nicht, denn das Unternehmen hat sich nach eigenen Angaben zu etwa 95 Prozent über Genussrechte finanziert. Manche Genussscheine haben zusätzliche Fallstricke, dürfen beispielsweise nicht an Dritte verkauft oder verschenkt werden – das gilt etwa für die Genussrechte Typ B von Prokon. Der Grund: Da Genussrechte bisher kaum reguliert sind, kann der Anbieter sie nach Gutdünken gestalten. Ein Vorteil für den Käufer ist dies selten. Allerdings deutet nicht jeder Genussschein zwangsläufig auf windige Geschäfte hin. Für den Laien ist es aber schwierig, die Spreu vom Weizen zu trennen.

Neben Prokon sind zahlreiche weitere Anbieter aus der Öko-Branche mit Genussrechten auf dem Markt. Sechs Prozent plus weitere drei Prozent „Gewinnbeteiligung“ etwa verspricht die EEV AG mit Genussrechten. Investiert wird nach Angaben der Unternehmen in das Biomasseheizkraftwerk Papenburg.

WALD- UND HOLZINVESTMENTS

Immer wieder sieht man vor allem im Internet bunte, grüne Wald-Bildchen, auf denen eine dicke Prozentzahl steht. Baumsparbücher, Waldparzellen, Holzinvestments locken mit Zinsversprechen von zwölf Prozent und mehr. Meist investiert der Anleger – direkt oder indirekt über eine Investmentfirma – in Plantagen tropischer Bäume, oft in Mittel- und Südamerika. Die Risiken sind unüberschaubar: Den Erfolg bedrohen nicht nur rechtliche Unklarheiten in den Zielländern, sondern auch Brände, widriges Klima und Schädlinge, fragwürdiger Anlegerschutz ausländischer Investmentfirmen. Die Palette reicht vom völlig seriösen Angebot bis zum Betrug. Wer unbedingt in Bäume investieren will, sollte sich zuvor ausführlich von neutralen Honorarberatern mit Beratungshaftung informieren lassen.

OFFENE FONDS

Das geringste Risiko grüner Geldanlagen weisen normale börsengehandelte Investmentfonds auf. Anders als bei geschlossenen Papieren ist ein Ein- und Ausstieg jederzeit möglich, das Risiko ist durch die Streuung auf hunderte Aktien aus dem Bereich neue Energien und Ökologie stark reduziert. Die Fonds firmieren meist unter Beinamen wie Clean Energy, Clean Tech oder New Power. Die Besten unter ihnen haben in den vergangenen zwölf Monaten etwa 30 Prozent eingefahren, im Schnitt der vergangenen fünf Jahre liegen die Erträge zwischen plus zwölf Prozent und minus fünf Prozent pro Jahr. Totalverluste sind jedoch nahezu ausgeschlossen, denn die Anbieter müssen die Anlegergelder getrennt vom eigenen Geschäft als Sondervermögen verwalten.

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