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Wirtschaft: Ausbildung zum Einzelkämpfer

Professionelle Weiterbildung findet nur im Ausland statt

International konkurrenzfähige Weiterbildungsangebote für Top-Manager in Deutschland? Da muss selbst ein ausgewiesener Fachmann wie Karlheinz Schwuchow erst einmal überlegen. Natürlich nennt der Professor für Internationales Management an der Uni Bremen die European School of Management and Technology (ESMT) mit Hauptsitz in Berlin und Niederlassungen in Köln und München. Doch so richtig angelaufen ist die maßgeblich von ThyssenKrupp-Chef Gerhard Cromme initiierte Kaderschmiede immer noch nicht, trotz Wirtschaftsadel von Allianz über MAN bis Ruhrgas, von der Hertie-Stiftung bis zum Bundesverband der Deutschen Industrie. Demnächst sollen wenigstens Weiterbildungsseminare für Top-Manager den Lehrbetrieb in Gang bringen.

Schlimmer aber noch als der schleppende Anlauf: Den Traum vom deutschen Harvard hat man sich am Berliner Schlossplatz inzwischen ganz abgeschminkt. „Eine MBA-Ausbildung wird es dort nicht geben. Das sagen die Gründer inzwischen selber, wenn man sie nur hartnäckig genug danach fragt“, berichtet Alexander Ross, Bildungsexperte und Managementautor aus Berlin.

Deutschlands weiterbildungswillige Top-Manager müssen also weiterhin nach Harvard, nach Stanford oder an die London Business School fahren? Karlheinz Schwuchow, mit seinem seit mehr als zehn Jahren erscheinenden „Jahrbuch Personalentwicklung und Weiterbildung“ eine Institution in Sachen internationale Managementqualifizierungen, hält das für eine suboptimale Lösung. Für ihn fehlen deutschen Top-Managern vor allem drei Eigenschaften: Kommunikationsfähigkeit, Teamfähigkeit und Führungsstärke.

Mit einem vierwöchigen Kurs an einer US-Kaderschmiede seien diese Defizite aber nicht aufzuholen. Vor allem dann nicht, wenn der Manager noch jung sei und die in den vergangenen zehn Jahren typische Betriebs- oder Volkswirtschaftsausbildung deutscher Universitäten durchlaufen habe. Schwuchow: „Da werden Einzelkämpfer erzogen, die am Ende des Studiums keinerlei Praxiserfahrung haben.“ Dass die Unternehmen bei der Bewerberauswahl verstärkt auf Teamfähigkeit achten, ändert nach Beobachtungen Schwuchows im Betriebsalltag wenig: „Da ist sich jeder selbst der Nächste, und Mitarbeiter, die gut sind, werden deshalb im Kochtopf gelassen.“ Um das Manko fehlender Teamfähigkeit anzugehen, empfiehlt Professor Schwuchow: „Die Unternehmen sollten nicht mehr einzelne Manager, sondern ganze Teams in die Seminare schicken.“

Das ist ein Vorschlag, der auch Wulff Plinke gefällt. Als ESMT-Dekan fordert er von deutschen Top-Managern, die Wechselwirkung von „technologischer Entwicklung und Management-Verantwortung“ besser zu nutzen und zu steuern. Alexander Ross bemerkt dazu: „Es wird Zeit, dass die Manager auch das tun, was im IT- und Software-Bereich seit Jahren Standard ist: sich weiterzubilden, ohne dass es als Kenntnislücke ausgelegt wird.“

Regina-C. Henkel

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