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AUSGEZEICHNET: Regeln für den optimalen Markt

Wirtschaftsnobelpreis geht an drei US-Forscher – schon wieder

Stockholm – Wieder sind es ausschließlich Männer und wieder ausschließlich US-Amerikaner. Der Wirtschaftsnobelpreis geht in diesem Jahr an die US-Wissenschafter Leonid Hurwicz – der mit 90 Jahren der älteste Nobelpreisträger ist, der jemals ausgezeichnet wurde –, Eric Maskin und Roger Myerson. Die Schwedische Reichsbank, die die Entscheidung am Dienstag bekannt gab, zeichnet die drei US-Forscher für ihre bahnbrechenden Arbeiten über die Gestaltung effektiver Märkte aus.

Mit dem Preis werden gleich zwei Generationen ausgezeichnet. Der 1917 in Moskau geborene Hurwicz gilt als Begründer der Theorie, die Strategien beim Abschluss von Verträgen erforscht. Der 56-jährige Maskin und der gleichaltrige Myerson hätten diese wesentlich weiterentwickelt, hieß es in der Begründung des Stockholmer Komitees. Die Methoden der drei werden inzwischen breit bis in die Politikwissenschaft hinein angewendet. In ihrer Forschung geht es um die Analyse optimaler Mechanismen, die dabei helfen sollen, bestimmte wirtschaftspolitische Ziele wie private Gewinne oder auch allgemeinen sozialen Wohlstand zu erreichen.

„Ich bin sehr überrascht über die Neuigkeit. Das ist wie ein Lottogewinn“, sagte Maskin. Hurwicz betonte, er habe nicht mehr erwartet, die begehrteste Auszeichnung seines Forschungsbereichs zu erhalten. „Im Gegenteil, ich war überzeugt, dass meine Zeit vorbei ist“, sagte er.

Der Wirtschaftsnobelpreis wird erst seit 1969 verliehen. Er ist umstritten, weil er nicht wie die anderen Nobelpreise auf das Testament des Erfinders Alfred Nobel zurückgeht, sondern erst nachträglich von Schwedens Reichsbank gestiftet worden ist. Der zusätzliche Titel würde den Wert der anderen Nobelpreise verwässern, monieren Kritiker. „Was kommt als Nächstes? Ein Nobelpreis für Fernsehwerbung?“, unkten die Kritiker bei seiner Einführung. Die Befürworter hoben hervor, dass man mit der Zeit gehen müsse und die Wirtschaftswissenschaften ein sehr bedeutender Forschungszweig seien.

Frauenrechtler kritisieren, dass die Auszeichnung bislang ausschließlich Männern überreicht worden ist. Hinzu kommt, dass von den bisherigen 61 Preisträgern über zwei Drittel aus der US-Forschung stammen. Für beides könne man nichts, so die Nobeljury in Stockholm. Denn man entscheide nach Qualität der Forschung und nicht nach Geschlechterquote und Herkunftsland. Zurzeit seien die Spitzenleute nun einmal oft in den USA tätige Männer.

Die Nobeljury begründet ihre Entscheidung für Hurwicz, Maskin und Myerson am Dienstag mit dem Beitrag der Forscher zum besseren Verständnis optimal funktionierender Märkte. Die drei Forscher hätten mit der Theorie des „mechanischen Designtheorie“ ein grundlegendes Verständnis dafür geschaffen, wie gut Wirtschaftsakteure Ressourcen ansammelten und ob ein staatliches Eingreifen nötig sei, erklärte das Komitee. In der Praxis seien die Marktbedingungen in aller Regel nicht ideal. Die drei Forscher hätten aber entdeckt, wie trotzdem ein effektiver Austausch entstehen könne.

„Es geht darum, welche Regeln auf unterschiedlichen Märkten gelten sollen. Die Theorie zeigt, wie man diese Regeln formt“, erklärte ein Wirtschaftsdozent der Stockholmer Handelshochschule.

Thomas Straubhaar vom Wirtschaftsforschungsinstitut HWWI in Hamburg bewertete die Entscheidung als Beleg für die zunehmende Bedeutung der Vertrags- und Spieltheorie. „Die Richtung hat bereits zum dritten oder vierten Mal innerhalb von zehn Jahren den Zuschlag erhalten hat“, sagte er. „Dies zeigt, dass die traditionelle Forschungsrichtung an ihre Grenzen stößt.“ In der Wirtschaft seien zunehmend Fragen jenseits von Angebot und Nachfrage wichtig.

Von den bisherigen Wirtschaftsnobelpreisträgern hat es vor allem der Amerikaner Milton Friedman zu großer Bekanntheit gebracht. Er wurde vor 30 Jahren für seine Theorien über den Zusammenhang zwischen Geldversorgung der Wirtschaft und der Preisentwicklung auf dem Markt ausgezeichnet.

Der mit umgerechnet 1,1 Millionen Euro dotierte Preis wird am 10. Dezember gemeinsam mit den übrigen Nobelpreisen durch Schwedens König Carl XVI Gustaf überreicht. Nur der Friedensnobelpreis wird in Oslo übergeben.André Anwar

Leonid Hurwicz ist mit

90 Jahren der älteste Nobelpreisträger, der jemals ausgezeichnet wurde.

Eric Maskin (56) lehrt in Princeton. Er will sein Preisgeld einer Behindertenorganisation spenden.

Roger Myerson (56) ist Professor an der Universität von Chicago in Illinois. Fotos: AP (2), Reuters

André Anwar

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