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Bahn-Börsengang: Monopolkommission kritisiert Pläne

Der Präsident der Monopolkommission, Jürgen Basedow, hat die Einigung der Koalition auf eine Teilprivatisierung der Deutschen Bahn als "Formelkompromiss" kritisiert. Er hat europarechtliche Bedenken.

Berlin - "Aus der Sicht einer langfristigen Politik, die über die kommenden vier Jahre hinausgeht, ist es äußerst bedauerlich, dass Schritte für mehr Wettbewerb nicht wahrgenommen worden sind", sagte Basedow der "Netzeitung". Der Kompromiss sei "ökonomisch bedenklich, aber auch ökologisch sehr zweifelhaft". Das Ziel, mehr Verkehr auf die Schiene zu bringen, werde auf diese Weise nicht erreicht.

Basedow warf der großen Koalition vor, bei der Bahn nur eine Einigung um der Einigung Willen im Kopf gehabt zu haben. Die eigentliche Debatte werde bei der Ausarbeitung des Gesetzes erst noch kommen, sagte der Wissenschaftler, der auch Direktor am Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht ist. Basedow äußerte die Erwartung, dass dabei "das Verkehrsministerium wieder mit dem Eigentumssicherungsmodell kommen wird", das dem Bund das juristische, der Bahn das betriebswirtschaftliche Eigentum am Schienennetz zuweist. Eine solche Variante ist für den Max-Planck-Direktor aber "nicht mit dem Grundgesetz vereinbar", weil der Staat dann "nicht mehr ausreichend Einfluss auf die Ausgestaltung der Infrastruktur im Sinne der Daseinsvorsorge" haben werde.

Möglicher Verstoß gegen Europarecht

Als bedenklich bezeichnete Basedow auch, "dass die Deutsche Bahn ein Bewirtschaftungsrecht für die Infrastruktur bekommen soll, ohne jedoch dafür etwas zu zahlen". Wenn dem so sei, dann spreche vieles dafür, dass dies eine staatliche Beihilfe sei. Das verstoße aber möglicherweise gegen Europarecht. Kritisch sei schließlich die noch offene Frage, wer die Vermarktung von Bahn-Immobilien übernehmen solle. Dies müsse "im Gesetzgebungsprozess dringend geklärt werden".

Die Monopolkommission ist ein unabhängiges Beratungsgremium auf den Gebieten der Wettbewerbspolitik und Regulierung. Dem Gremium gehören Wirtschaftswissenschaftler oder Juristen an, die auf Vorschlag der Bundesregierung vom Bundespräsidenten für eine jeweils vierjährige Amtszeit ernannt werden.

Die Koalition hatten sich vergangene Woche darauf geeinigt, dass der Bund nach einem Börsengang weiter Eigentümer von Gleisnetz und Bahnhöfen bleiben soll. Diese Infrastruktur soll allerdings von der Bahn bewirtschaftet und in deren Bilanzen ausgewiesen werden. (tso/AFP)

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