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Wirtschaft: Bahn frei für Gen-Food

Union will auch bei uns grüne Gentechnik zulassen

Die meisten Verbraucher sind skeptisch: Rund 70 Prozent der Konsumenten lehnen gentechnisch veränderte Lebensmittel ab. Nestlé blieb deshalb vor einigen Jahren in Deutschland auf seinem Gentec-Schokoriegel sitzen, der in den USA ein Verkaufsschlager war.

Landwirtschaftsminister Horst Seehofer (CSU) will nun die Skepsis der Deutschen dämpfen – und grüne Gentechnik stärker fördern als seine Amtsvorgängerin Renate Künast (Grüne). Wenn diese Technik weltweit immer stärker angewendet werde, müsse dies auch in Deutschland möglich sein, meint Seehofer. „Bislang haben die strikten Haftungsregeln den Landwirten den Anbau fast unmöglich gemacht“, sagt er.

Für den Koalitionspartner SPD klingen diese Töne wie eine Drohung. Die Sozialdemokraten hätten am liebsten an den strengen Regeln festgehalten, die noch von der rot-grünen Vorgängerregierung Anfang letzten Jahres verabschiedet wurden. Doch bei den Koalitionsverhandlungen musste die SPD Zugeständnisse machen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte sich für einen offensiveren Einsatz der Technologie stark gemacht. Die Formulierungen im Koalitionsvertrag sind allerdings vage: Dort heißt es, die Novelle des Gentechnikgesetzes solle so ausgestaltet werden, „dass sie Forschung und Anwendung in Deutschland befördert“.

Strittig ist vor allem, wer in Zukunft bei Schäden haften soll, wenn normale Pollen mit gentechnisch veränderten vermischt werden. SPD-Fraktionsvize Ulrich Kelber wehrt sich gegen umfassende Änderungen am Gentechnikgesetz: „Wer genveränderte Pflanzen anbauen will, muss auch das Risiko übernehmen.“

Seehofer strebt einen Fonds an, aus dem Schäden bezahlt werden sollen. Wie der ausgestaltet wird, ist noch unklar. „Es darf kein einziger Cent aus Steuergeldern in den Haftungsfonds fließen. Die Finanzierung darf auch nicht von den Bauern oder Saatgutherstellern stammen, die nicht mit gentechnisch veränderten Pflanzen arbeiten“, fordert Kelber. Grünen-Fraktionsvize Reinhard Loske fordert, das Gentechnikgesetz nicht aufzuweichen. In der grünen Gentechnik müsse es strenge Haftungsregeln geben. „Wer genveränderte Organismen anbauen will, muss auch das Risiko tragen“, sagt Loske.

Der Grünen-Politiker mahnt außerdem, bei der Zulassung von Genprodukten vorsichtig zu sein. Im Dezember ließ das dem Verbraucherministerium unterstellte Bundessortenamt erstmals drei gentechnisch veränderte Maissorten für den deutschen Markt zu, die als besonders schädlingsresistent gelten. Künast hatte sich widersetzt, weil sie Angst vor unerwünschten Auskreuzungen hatte. Verbraucherschützer teilen diese Sorge. „Das Verursacherprinzip darf nicht aufgeweicht werden“, fordert Food-Watch-Chef Thilo Bode, „man darf eine neue riskante Technologie nicht auf Kosten bestehender Technologien einführen.“ ce/hej

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