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Langfristig, darauf legt Bahn-Chef Rüdiger Grube wert, hat sich sein Unternehmen mit dem Milliardenauftrag an den RWE-Konzern Ökostrom gesichert. Foto: ddp

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Wirtschaft: Bahn rollt auf Energiewende zu

Wegen des Atomausstieges kauft der Staatskonzern ab 2014 Strom aus Wasserkraft bei RWE

Berlin/Frankfurt am Main - Heute passiert es Reisenden relativ selten, dass sie auf dem Bahnsteig vom beißenden Dieselruß der Lok eingenebelt werden. Rund 95 Prozent der Fracht und Personen befördert die Deutsche Bahn mittlerweile mit elektrifizierten Zügen, die keinen Rauch ausstoßen. Trotzdem fahren die Züge nicht sauber: Denn fast die Hälfte des Stroms für die Oberleitungen wurde im Jahr 2010 in klimaschädlichen Kohlekraftwerken erzeugt (siehe Grafik).

Knapp 20 Prozent des Bahnstroms stammte in vergangenen Jahr aus erneuerbaren Quellen. Dieser Anteil soll bis 2028 auf immerhin 28 Prozent steigen. Um dem Ziel näherzukommen, hat die Bahn nun beim Energieversorger RWE Strom aus Wasserkraft bestellt.

Mit dem Ökostrom könne künftig ein Drittel aller Fernzüge betrieben werden, sagte Bahn-Chef Rüdiger Grube am Montag nach der Vertragsunterzeichnung in Frankfurt am Main. 2050, in 39 Jahren also, will die Bahn ihre Züge komplett mit Ökostrom antreiben. Rund 900 Millionen Kilowattstunden Strom aus Wasserkraft werde RWE zwischen 2014 und 2028 jährlich an die Bahn liefern, verkündeten Grube und der RWE-Chef Jürgen Großmann. Das entspricht den Angaben zufolge rund acht Prozent des gesamten Stroms, den die Bahn für den Antrieb ihrer Züge benötigt.

Grube sagte, der Konzern baue seinen Vorsprung in Sachen Umweltfreundlichkeit weiter aus, und, „was viel wichtiger ist, wir sichern uns damit auch langfristig Kapazitäten aus erneuerbaren Energien“.

Kurzfristig aber dürfte dieser angebliche Öko-Vorsprung schrumpfen. Das hängt damit zusammen, dass die Bahn bisher klimafreundlich erzeugten Strom aus dem Kernkraftwerk Neckarwestheim I bezogen hat, das der Betreiber EnBW aber jetzt vorzeitig abschalten musste. Dadurch sank der Atomstromanteil im Versorgungsmix der Bahn von 22 Prozent 2010 auf aktuell 14 Prozent. Wie ein Bahn-Sprecher dem Tagesspiegel bestätigte, wird diese fehlende Strommenge vorerst mit fossilen Brennstoffen wie Kohle oder Gas erzeugt werden müssen. Dadurch wird mehr klimaschädliches Kohlendioxid (CO2) produziert.

In drei Jahren dann soll die Bahn mehr Strom aus Wasserkraft geliefert bekommen. Laut RWE-Chef Großmann wird der in insgesamt 14 Wasserkraftwerken an Rhein, Mosel, Saar und Ruhr produziert. Diese bestehen teilweise schon seit mehr als 100 Jahren. „Der Tüv Süd überwacht das und sorgt dafür, dass die Strommenge eingespeist wird und genau der Deutschen Bahn zugeführt wird, also an niemand anderen verkauft werden kann“, sagte Großmann. Die Gewinne, die sein Konzern bei dem Kontrakt mit der Bahn mache, „werden konsequent in den Aufbau neuer erneuerbarer Energiekapazitäten investiert“, betonte der RWE-Chef. Auf diesen Punkt legen Klimaschützer großen Wert. Denn würde RWE der Bahn nur mehr Strom aus abgeschriebenen Wasserkraftwerken verkaufen, anderen Kunden dagegen mehr Kohlestrom, wäre dem Klima kein Stück geholfen.

Bereits seit 2009 bietet die Bahn ihren Geschäftskunden Programme für die CO2-freie Bahnreise und den klimaneutralen Gütertransport an. Auf diese Angebote habe das Unternehmen „sehr große Resonanz“ erfahren, sagte Grube. Die Preise für die klimafreundlichen Angebote lägen dabei um etwa ein Prozent über dem Normalpreis. Inwieweit das nun vereinbarte Mehr an Strom aus Wasserkraft Auswirkungen auf die Ticketpreise haben könnte, wollte der Bahn- Chef am Montag nicht sagen.

Der ökologische Verkehrsclub VCD sprach in einer ersten Reaktion von einem „wichtigen Schritt in die richtige Richtung“, kritisierte aber dennoch das Festhalten an Kohle- und Atomkraft. Der VCD-Bundesvorsitzende Michael Ziesak kritisierte, „dass sich die Bahn heute für den Klimaschutz feiern lässt und parallel dazu ganz leise aber deutlich am Neubau des klimafeindlichen Steinkohlekraftwerks Datteln 4 festhält“. Ein Gericht hatte unlängst den Bebauungsplan für dieses Werk gestoppt, mit dem RWE-Konkurrent Eon die Bahn beliefern will. Bahn-Chef Grube sagte, er sehe die Entwicklung bei Datteln 4 mit Sorge.

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