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Wirtschaft: Bahnchef Mehdorn weist nach, dass der Transrapid zwischen Berlin und Hamburg Unfug wäre (Analyse)

Zeiten der großen Umwälzungen sind Zeiten für Visionen, oft auch für Illusionen. Das hat viele Vor- und auch manche Nachteile.

Zeiten der großen Umwälzungen sind Zeiten für Visionen, oft auch für Illusionen. Das hat viele Vor- und auch manche Nachteile. Ein Vorteil ist, dass Phantasie die Menschen weiter bringt. Zu den Nachteilen gehört, dass in Phasen von Sturm und Drang die Projekte überaus groß und ambitioniert sind - und unrealistisch. Irgendwann aber setzt meistens die Ernüchterung ein und auf den Stühlen der Pläneschmiede nehmen die Rechner Platz. Sie sind gefürchtet, weil sie hochfliegende Gedankenspiele auf den Boden der Wirklichkeit zurück holen. Von den Pläneschmieden werden sie deshalb auch gerne ein bisschen gehässig Rechenknechte genannt. Manchmal bewahren uns die Rechenknechte aber vor teuren Dummheiten.

Beim Transrapid scheint es jetzt so weit zu sein. Der oberste Rechenknecht der Deutschen Bundesbahn, wenn wir Bahnchef Hartmut Mehdorn einmal so nennen dürfen, hat gestern Zweifel angemeldet, ob man wirklich für zwanzig Minuten Zeitgewinn auf der Reise von Hamburg nach Berlin 12 Milliarden Mark ausgeben müsse und dürfe. Hartmut Mehdorn ist weder technologiefeindlich noch grün-alternativ oder ideologisch sonstwie auffällig geworden. Mehdorn hat einen hervorragenden Ruf als Manager und offensichtlich ist ihm ein sicheres Gefühl dafür zu eigen, was geht und was nicht geht. Deshalb er hat endlich einmal getan, was schon viel früher hätte geschehen müssen in dieser Debatte: Er hat nachrechnen lassen, mit welchem Aufwand und mit welchem Effekt man die vorhandene Bahnstrecke zwischen den beiden Millionenstädten schneller machen könnte. Genau das war der Ansatz, die Forderung der Transrapidgegner von Anfang an. Sie argumentierten nicht gegen die technische Innovation an sich, sondern gegen die Strecke, auf der sie realisiert werden sollte. Zwischen Berlin und Hamburg liegen schließlich genügend Geleise. Das Ergebnis von Mehdorns Güterabwägung: Siehe oben. Die klassische Bahn mit moderner Neigezugtechnik auf einer optimierten Trasse würde 90 Minuten Fahrzeit brauchen, eben ganze 20 Minuten mehr als die Magnetschwebebahn.

Es käme dem Verschleudern volkswirtschaftlicher Ressourcen gleich, wenn sich der Bund durch zusätzliche Subventionen oder die Länder über eine im Ernstfall einzulösende Bürgschaft von der Firma Thyssen für den Transrapid in Haftung nehmen ließen. Außer Thyssen aber haben offenbar alle industriellen Partner den Spaß an dem Vorhaben verloren. Die Firma Adtranz zeigt nur noch wenig Interesse und Siemens macht auch nicht den Eindruck, als stünde das Projekt auf der Prioritätenliste ganz oben.

Gerd Appenzeller

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