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Undercover sollten Tester im Auftrag der Bafin die Beratung in Banken überprüfen. Doch die Regierung konnte sich nicht einigen.

© dpa

Bankberatung: Ganz geheim

Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) wollte Testkäufer in Banken schicken, doch daraus wird nichts. Nun soll ein neues Beraterregister die Kunden schützen.

Wenn Polizei oder Bundeskriminalamt mit normalen Mitteln nicht weiterkommen, gehen sie in den Untergrund. Undercover-Agenten, verdeckte Ermittler, werden dann gern in die kriminelle Szene eingeschleust und sollen die Behörden mit Insiderwissen versorgen. Auch Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) ist eine Freundin verdeckter Ermittlungen. Daher wollte sie – undercover – Mitarbeiter der Finanzaufsicht Bafin in die Geldinstitute schicken, um zu testen, wie gut oder wie schlecht deren Anlagetipps sind.

Doch daraus wird erst einmal nichts. Am Kabinettstisch hat sich die Ministerin nicht gegen die Bedenken der Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) durchsetzen können, die die verdeckte Überwachung der Bankbeschäftigten aus datenschutzrechtlichen Gründen für problematisch hält. Auch Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) will erst einmal prüfen lassen, ob verdeckte Testberatungen und -käufe überhaupt nötig sind. Denn seit November gibt es eine andere Möglichkeit, schlechte Berater zu identifizieren – das Beraterregister bei der Bafin.

Ende Februar waren dort gut 168 000 Berater registriert. Häufen sich Beschwerden gegen bestimmte Bankmitarbeiter oder tauchen bestimmte Filialen häufig bei den Negativmeldungen auf, gehen Mitarbeiter der Bafin dieser Sache nach. Sie fordern weitere Informationen an, führen Vor-Ort-Gespräche mit dem Anlageberater und dem Vertriebsbeauftragten. „Es gab schon einige“, sagte eine Sprecherin der Bafin dem Tagesspiegel. Doch Sanktionen, die bis hin zu einem Berufsverbot reichen können, wurden bislang nicht verhängt. „Das braucht seine Zeit“, heißt es bei der Behörde.

Und: Noch ist unklar, ob nicht auch das Register die Persönlichkeitsrechte der Bankbeschäftigten verletzt. Die Gewerkschaft Verdi ist davon überzeugt und reichte Anfang des Jahres Klage ein. Verbraucherschützer sind enttäuscht. „Statt Papier zu prüfen, brauchen wir Tests vor Ort“, sagt Dorothea Mohn vom Bundesverband der Verbraucherzentralen mit Blick auf die Produktinformationsblätter und Beratungsprotokolle, die der Kunde beim Gespräch in der Bank erhält. Der Bedarf sei groß: „Die Verbraucherzentralen haben 25 000 Fälle im Jahr“, berichtet die Verbraucherschützerin. Dazu zählt Mohn aber nicht nur die Kunden, die sich über Banker beschweren, sondern auch die Verbraucher, die eine Beratung in der Verbraucherzentrale suchen. Wie häufig die Beratung in der Bank schiefgeht, weiß man nicht. Auf 30 Milliarden Euro im Jahr schätzte vor einigen Jahren das Verbraucherministerium den Schaden, der Kunden durch schlechte Anlagetipps oder riskante Geldanlagen entsteht. Statt der Bafin könnten die Verbraucherzentralen verdeckte Beratungen durchführen, schlägt Mohn vor – möchte dazu aber weitere Mittel vom Bund.

Doch das Verbraucherministerium zahlt seit 2013 bereits der Stiftung Warentest 1,5 Millionen Euro im Jahr zusätzlich für neue Tests und Informationen zu Finanzprodukten. Das Problem: Bei den Untersuchungen der Stiftung werden Ross und Reiter nicht genannt. Daher erscheine es „weiterhin sinnvoll“, dass die Bafin als Aufsichtsbehörde die Einhaltung von Qualitätsstandards in der Bankberatung überprüft, sagte ein Ministeriumssprecher dem Tagesspiegel. Nötig sei aber eine sichere Rechtsgrundlage. Doch die wird es in dieser Legislaturperiode wohl nicht mehr geben.

Ohne Provision

Eine unabhängige Anlageberatung gibt es bei der Verbraucherzentrale Berlin. Die persönliche Beratung kostet 40 Euro. Man kann sich per Mail (mail@vz-berlin.de) oder telefonisch (030/21485-150) anmelden. Um eine weitere Alternative zur provisionsgestützten Beratung in der Bank zu schaffen, will die Regierung noch in dieser Legislaturperiode die Honorarberatung auf eine gesetzliche Grundlage stellen. Der Gesetzentwurf ist bereits in den Bundestag eingebracht worden. Honorarberater werden ausschließlich vom Kunden bezahlt. Nach dem Entwurf reichen die Berater mögliche Provisionen an den Verbraucher weiter. Vorgeschrieben werden soll zudem eine Haftpflichtversicherung für mögliche Schadenersatzansprüche. Einige Banken bieten bereits heute Honorarberatung an, darunter die Quirin Bank aus Berlin, Cortal Consors und die Comdirect.

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