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Bankenpräsident Brand: "Um den Euro mache ich mir keine Sorgen"

Sein Verband vertritt unter anderem die in die Kritik geratenen Landesbanken. Der Präsident der öffentlichen Banken, Christian Brand, über Verantwortung in der Euro-Krise, Druck auf Bankberater und die neue Tarifrunde.

Trotz des Rettungspakets, das IWF und Euroländer geschnürt haben, verschärft sich die Lage für die hoch verschuldeten Euro- Länder zusehends. Hat die Bundesregierung zu lange gezögert?

Ich habe großen Respekt vor der Leistung der Politik. Ein stabiler Euro ist gerade für Deutschland elementar wichtig. Jetzt zeigt sich in Griechenland, dass dort jahrzehntelang über die Verhältnisse gelebt und die finanzpolitischen Tatsachen teilweise ausgeblendet wurden. Politik, Banken und Gesellschaft fordern jetzt zu Recht, dass die Fakten auf den Tisch kommen. Das Maßnahmenpaket ist absolut richtig. Nur mit einer strikten Disziplin bei Staatsausgaben können wir die Situation wieder in die Balance bringen, wenn es uns gleichzeitig gelingt, für dauerhaft höhere Einnahmen zu sorgen. Ich finde es richtig, dass zuerst über die Rahmenbedingungen gesprochen wurde und erst anschließend konkrete Finanzhilfen zugesagt werden. Das ist auch im Bankgeschäft nicht anders. Wenn ein Unternehmen in Schwierigkeiten ist und einen Kredit braucht, schaut sich der Berater zunächst die Zahlen an und erstellt mit dem Kunden einen Plan. Und erst wenn dieser Plan realistisch ist, gibt es einen Kredit.

Führende Ökonomen sagen, dass ein Sparprogramm, wie es Griechenland verordnet wurde, nicht zu schaffen ist. Die Angst ist groß, dass die Krise zum Flächenbrand wird. Wie ist der Euro noch zu retten?

Die Staaten der Eurozone und die Europäische Union haben in den vergangenen Tagen ihre Handlungsfähigkeit deutlich unter Beweis gestellt. Die europäische Politik nimmt nun wieder eine Führungsrolle gegenüber den Märkten ein und hat ein deutliches Zeichen gegen Spekulanten gesetzt. Um den Euro mache ich mir vor diesem Hintergrund keine Sorgen. Die milliardenschweren Rettungsprogramme für Griechenland und letztlich für den Euro waren ohne Alternative. Jetzt kommt es darauf an, dass die in der Not zugesagten Spar- und Konsolidierungsanstrengungen eingehalten werden. Ich bin da sehr zuversichtlich. Durch die Einbindung des Internationalen Währungsfonds, der mit der Sanierung von Staaten große Erfahrung hat, ist sichergestellt, dass die Konditionen, unter denen die Hilfe gewährt wurde, dauerhaft befolgt werden. Bei einer rein europäischen Lösung wäre ich mir da nicht so sicher gewesen.

Manche Politiker fordern, dass die Gläubiger jetzt auf einen Teil ihrer Schulden verzichten. Schließlich tragen die Banken eine Mitverantwortung dafür, dass diese globale Schuldenkrise entstehen konnte. Davon wären auch die Landesbanken betroffen, die viele der renditestarken griechischen Anleihen in ihren Büchern haben.

Zunächst einmal haben Privat- und Genossenschaftsbanken und auch öffentliche Banken griechische Staatsanleihen in ihren Büchern. Dies entspricht einer Forderung der Aufsicht, Finanzmittel zur Liquiditätsbevorratung in Staatsanleihen zu investieren. Unabhängig davon bin ich fest davon überzeugt, dass Staatsanleihen von Euro-Ländern nicht grundlos zu den sichersten Anlageformen auf der Welt gehören. Wenn wir jetzt einzelne Länder herausnehmen und ein Investment dort als leichtsinnig verurteilen, verschlimmern wir die Situation. Wir sollten uns auf den Staat verlassen können und wir sollten nicht zwischen den verschiedenen Staaten im Euroraum unterscheiden. Das nutzt weder dem Euro noch den Mitgliedsstaaten.

Das erinnert an den Beginn der Finanzkrise, als der Staat Banken retten musste, um das Finanzsystem zu stabilisieren.

Jetzt soll der Steuerzahler Griechenland helfen, damit die Banken heil aus der Sache herauskommen.Diese Annahme ist grundfalsch. Es ist nicht nur im Interesse eines starken und handlungsfähigen Europas und damit aller Deutschen, dass das Haus, in dem wir leben, intakt bleibt. Die deutsche Volkswirtschaft lebt gut in Europa. Jetzt den Banken, und es sind ja alle Banken engagiert, vorzuwerfen, dass sie ihrer Aufgabe nachkommen und Geld für die Staatsfinanzierung einsetzen, ist nicht in Ordnung.

Die Gläubiger sollten also nichts bezahlen müssen.

Im Sinne einer starken Eurozone mit all ihren Vorteilen für unsere Gesellschaft heißt meine Antwort: definitiv nicht.

Die Landesbanken haben sich in der Finanzkrise teilweise krass verspekuliert. Jetzt will die Politik, dass sie Verantwortung dafür übernehmen und mit einer Abgabe einen Fonds finanzieren, der künftig für die Rettung von Banken einspringt. Sind Sie bereit, die Verantwortung zu tragen?

Ich bin der Überzeugung, dass wir Konsequenzen aus der Finanzkrise ziehen müssen. Das bedeutet für die Landesbanken, dass wir uns auf unsere Kernaufgabe fokussieren müssen: Den Mittelstand und die Industrie als starker Finanzpartner in der Region zu begleiten. Die Landesbanken sind die größten Unternehmensfinanzierer in Deutschland und aus der Bankenlandschaft nicht wegzudenken. Für mich ist keine Frage, welcher Sektor jetzt welchen Beitrag leistet, sondern wie wir verhindern, dass sich eine solche Krise wiederholt und da glaube ich, brauchen wir eine gut überlegte, international abgestimmte Regulierung.

Sollten die Institute nicht einstehen für den Schaden, den sie angerichtet haben?

Unbedingt und das machen sie am besten, wenn sie alles tun, um eine Kreditklemme zu verhindern. Aber es gibt nicht „die Institute, die die Krise verursacht haben“. Das war ein internationales Marktversagen, wie wir es vorher nie erlebt haben. Und zudem ist es ja nicht so, dass wir heute einen Eigenkapitalüberschuss bei den Landesbanken haben. Wenn wir jetzt fordern, die Risiken mit mehr Eigenkapital zu unterlegen, steht dieses Eigenkapital nicht mehr zur Verfügung, um Kredite herausgeben zu können. Damit würden wir der Wirtschaft spürbar schaden. Deshalb ist zu überlegen, ob es nicht mehr im Interesse unseres Landes wäre, den Landesbanken die Chance zu geben, mehr Eigenkapital zu bilden.

Die Finanzkrise hat von einem anderen großen Thema abgelenkt. Eigentlich sind sich alle einig, dass der Landesbankensektor dringend konsolidiert werden muss. Wann passiert dort etwas?

In diesem Punkt sind sich mitnichten alle einig. Ich kenne viele Unternehmer, die auf ihre regionale Landesbank als Finanzierungspartner entscheidend angewiesen sind. Ich bin daher froh, dass wir die Landesbanken als elementaren Bestandteil des deutschen Bankenmarktes haben.

Brauchen wir sieben Landesbanken in den Händen der Länder?

Ich komme aus Baden-Württemberg. Ich kann mir nicht vorstellen, wie die Bankenlandschaft dort ohne die Landesbank Baden-Württemberg aussehen würde. Die LBBW hat einen sehr großen Anteil an der Kreditversorgung in meiner Heimat und hat bald eine Millionen Privatkunden. Das ist ein ausgesprochen tragfähiges Geschäftsmodell, da stellt sich die Frage überhaupt nicht.

Viele Unternehmen haben gerade Probleme mit der Finanzierung, weil sie zu wenig Eigenkapital als Sicherheit haben. Müssen die Förderbanken mehr Eigenkapital bereitstellen, anstatt Kredite zu vergeben?

Ja, das ist meine Überzeugung, dass das eine zukünftige Aufgabe der Förderbanken sein wird. Bei meiner Bank, der L-Bank in Baden-Württemberg, stellen wir in diesen Tagen zusätzliche 500 Millionen Euro an Eigenkapital bereit, plus 200 Millionen Mezzanine-Finanzierung. Das ist eine große Summe und wir machen das aus Überzeugung. Das Eigenkapital ist die Stellschraube, an der sich Wohl und Wehe in diesem Land entscheiden. In Bayern, Nordrhein-Westfalen und Berlin gibt es bereits ähnliche Vorschläge und ich bin sicher, dass andere Förderbanken in Deutschland nachziehen werden.

Als Arbeitgeberverband stecken Sie gerade mitten in Tarifverhandlungen, die am heutigen Montag in die zweite Runde gehen. Werden Sie zu einer Einigung kommen?

Man muss Verdi hoch anrechnen, dass sie keine überzogenen Gehaltsforderungen stellt, weil auch sie erkannt hat, dass dafür in der Krise im Sinne einer Arbeitsplatzsicherung kein Geld zur Verfügung steht. Ich bin überzeugt, dass man sich für zwei Jahre auf eine moderate Erhöhung einigen kann. Die Gewerkschaft will allerdings auch den Gesundheitsschutz tariflich regeln. Bei allem Respekt – aber ich glaube, es gibt viele Menschen in unserem Land, die hätten zunächst einmal gerne einen festen Arbeitsplatz bei einer Bank. Für Gesundheitsschutz bietet der Tarifvertrag keinen passenden Rahmen, dass muss in den Betrieben geregelt werden.

Es geht nicht nur um Befindlichkeitsprobleme, sondern auch um Druck. Ein Bankberater, der unter Verkaufsdruck steht, berät nicht optimal.

Das ist eine Form des Drucks, die nicht akzeptabel ist. Banken tun sich keinen Gefallen, wenn sie den Kunden nicht in den Mittelpunkt stellen. Und es werden nur die Banken auf Dauer erfolgreich sein, die sich in die Rolle des Kunden versetzen und die Produkte anbieten, die der Kunde auch braucht und die nicht über umfangreichere Verträge anbieten, sondern klar verständlich sagen, was das Produkt ist.

Sie sagen: auf lange Sicht. Kann man den Prozess nicht beschleunigen, wenn man Druck in Tarifverträgen ausschließt?

Druck ist eine subjektive Einheit. Manche Menschen fühlen sich unter Druck gesetzt, wenn es irgendwo zieht, andere spüren den Druck da überhaupt nicht. Ich glaube, dass wir Druck machen müssen auf Praktiken, die nicht seriös sind. Aber mir wäre das zu bürokratisch, wenn wir in Tarifverträgen regeln würden, dass es keinen Druck mehr geben darf. Das kann in der Praxis nicht funktionieren.

Das Interview führte Miriam Schröder.

DER BANKER

Christian Brand (60) wurde in Dortmund geboren. Nach einer Banklehre studierte er Wirtschaftswissenschaften. Er machte Stationen bei mehreren Privatbanken, unter anderem bei J.P. Morgan in London und Frankfurt. Seit 1992 ist er bei der L-Bank, der Förderbank des Landes Baden-Württemberg, seit 2001 als Vorstandsvorsitzender. Seit 2009 ist er zudem Präsident des VÖB.

DER VERBAND

Der Bundesverband Öffentlicher Banken Deutschlands, VÖB, vertritt 61 Mitgliedsinstitute, darunter die Landesbanken sowie die bundes- und ländereigenen Förderbanken. Sitz des VÖB ist Berlin.

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