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Wirtschaft: Bankgesellschaft taxiert sich selbst

Mindestens zwei Milliarden Euro bringt der Verkauf dem Land Berlin, verspricht Vorstandschef Vetter

Berlin - Mindestens zwei Milliarden Euro sollen dem Land Berlin durch den Verkauf seiner Beteiligung an der Bankgesellschaft Berlin zufließen. Diese Untergrenze nannte der Vorstandschef des Instituts, Hans-Jörg Vetter, am Donnerstag bei einem Vortrag bei der Industrie- und Handelskammer (IHK). „Wir haben uns da noch ein bisschen mehr vorgenommen“, ergänzte er. Abgeleitet sei diese Erwartung aus dem aktuellen Börsenwert von rund drei Milliarden Euro. Zu der Bankgesellschaft gehört die Berliner Sparkasse mit über zwei Millionen Kunden.

Bei Berlins Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) stieß die Ankündigung auf Kritik. „Der Verkaufsprozess wird durch das Land gesteuert und durchgeführt und nicht durch die Bank. Er beginnt Anfang 2007 und endet am Ende desselben Jahres. Der Verkaufspreis wird Ende 2007 feststehen“, sagte er dem Tagesspiegel. Der finanzpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion im Abgeordnetenhaus, Jochen Esser, nannte das Preisziel Vetters „absolut mager“ und übte Kritik an ihm. „Es stellt dem Sanierungszustand der Bank ein schlechtes Zeugnis aus.“ Denn mit dem Betrag erhalte man noch nicht einmal das gegenwärtige Eigenkapital von mehr als vier Milliarden Euro zurück. „Er deckt gerade die vom Land Berlin und den anderen Eigentümern im Jahr 2001 nachgeschobene Kapitalerhöhung ab, für die der Steuerzahler geblutet hat“, sagte Esser dem Tagesspiegel. Bei der Kapitalerhöhung hatte allein das Land Berlin rund 1,7 Milliarden Euro aufgebracht.

Vetter, der die Sanierung jüngst als abgeschlossen bezeichnet hat, dankte Senat und Abgeordnetenhaus für das Vertrauen, das sie dem Management gezeigt hätten, statt früher zu verkaufen. „Diese Entscheidung wird den Bürgern noch viel Freude bereiten“, sagte er. „Vor zweieinhalb Jahren wollte uns keiner, noch nicht mal geschenkt.“ Damals habe die Politik den Einstieg von Finanzinvestoren verhindert, der jetzt unwahrscheinlich sei. Das Land hält 81 Prozent, weitere Eigentümer sind die NordLB mit zehn Prozent und die Gothaer Finanz-Holding mit zwei Prozent. Sieben Prozent der Aktien sind in Streubesitz. Der Verkauf des Landesanteils ist eine Auflage der EU.

Das Kreditinstitut führe derzeit Gespräche mit Analysten europäischer Banken „auf Arbeitsebene“, sagte Vetter. Darunter seien die Londoner HSBC und die spanische Santander sowie italienische und französische Banken. „Wir haben in den letzten Wochen mit Banken gesprochen, die früher nie mit uns gesprochen hätten.“ Die Gesprächspartner wollten wissen, wie die Sanierung verlaufen sei.

Bei den Verkaufsverhandlungen solle auch der Erhalt der Arbeitsplätze vereinbart werden. In den nächsten zwei bis drei Jahren könnten wieder neue Stellen entstehen. Wachstum wolle die Bankgesellschaft vor allem beim Firmenkundengeschäft erzielen. Nach den gewerblichen Kunden der Berliner Sparkasse sollen ab Montag auch die der Berliner Bank telefonisch beraten werden können, ausdrücklich nicht im Sinne eines Call-Centers, sondern von Profis. „Das ist für uns ein interessantes Geschäft, und wir möchten das über Berlin hinaus erweitern.“ Erwogen wird der Einstieg ins Geschäftsfeld der Direktbanken. „Ich schließe nicht aus, dass wir uns in den nächsten zwölf Monaten mit einem solchen Angebot am Markt melden – allein oder mit anderen“, so Vetter.

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