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Wirtschaft: Baustopp in Deutschland

Berlin (msh). Auf Deutschlands Baustellen hat am Montag der erste bundesweite Bauarbeiter-Streik in der Nachkriegsgeschichte begonnen.

Berlin (msh). Auf Deutschlands Baustellen hat am Montag der erste bundesweite Bauarbeiter-Streik in der Nachkriegsgeschichte begonnen. Nach Angaben der Gewerkschaft IG Bau legten mehr als 8000 Bauleute auf rund 500 Baustellen die Arbeit nieder. Schwerpunkte des Arbeitskampfes waren Berlin, Hamburg und das Ruhrgebiet. IG-Bau-Chef Klaus Wiesehügel forderte die Arbeitgeber auf, ein verbessertes Angebot vorzulegen. Vorher gebe es keine neuen Verhandlungen. Die Bauarbeitgeber warfen der Gewerkschaft vor, mit dem Streik die Krise der Branche weiter zu verschärfen.

Wiesehügel kündigte auf einer Baustelle vor dem Brandenburger Tor an, den Streik in den kommenden Tagen zu verschärfen: „Jeden Tag, den die Arbeitgeber ungenutzt verstreichen lassen, wird der Arbeitskampf ausgeweitet.“ Ab Dienstag sollen auch Baustellen im Süden Deutschlands bestreikt werden. Die Gewerkschaft sei auf eine lange Auseinandersetzung mit den Arbeitgebern vorbereitet. „Wir sind in der Lage, den ganzen Sommer zu streiken“, sagte Wiesehügel.

In dem seit Februar dauernden Tarifkonflikt waren alle Versuche für eine friedliche Einigung gescheitert. Die IG Bauen Agrar Umwelt (IG Bau) fordert für die landesweit 850 000 Beschäftigten Lohnerhöhungen von 4,5 Prozent. Die Arbeitgeber bieten für das laufende und das kommende Jahr eine stufenweise Erhöhung von 3,0 und 2,1 Prozent an. Die Tarifschlichtung war zuletzt an der Weigerung der ostdeutschen Arbeitgeber gescheitert, den Mindestlohn in den neuen Ländern zu erhöhen. Gewerkschaftschef Wiesehügel forderte, die Schere zwischen Ost- und Westlöhnen zu schließen, um wieder einen fairen Wettbewerb zu ermöglichen.

Die Arbeitgeber sehen keine Veranlassung, ein neues Angebot vorzulegen, zeigten sich aber gesprächsbereit. „Bei den Mindestlöhnen werden wir das Angebot sicher nachbessern“, sagte Michael Knipper, Hauptgeschäftsführer des Bauhauptverbandes. Knipper forderte die Gewerkschaften auf, möglichst noch in dieser Woche an den Verhandlungstisch zurückzukehren. Erste Gelegenheit für Sondierungsgespräche biete am Dienstag eine Veranstaltung in Wiesbaden, an der die Verhandlungsführer beider Seiten teilnehmen. Angesichts der schweren Krise der Bauindustrie sei ein Streik das Letzte, was die Branche gebrauchen könne, sagte Knipper. „Wenn 40 000 Bauarbeiter streiken, entspricht das einem Umsatzverlust von 20 Millionen Euro pro Tag.“ IG-Bau-Chef Wiesehügel bezeichnete die bisherigen Verhandlungsangebote der Arbeitgeber als „Wichtigtuerei ohne Substanz“.

Nach Angaben eines Gewerkschaftssprechers werde insbesondere auf Großbaustellen gestreikt, auf denen es „besonders weh tut“. Gemeint sind Bauvorhaben, die zu einem bestimmten Termin fertig sein müssen. In Berlin streiken rund 1000 Bauleute unter anderem auf den Baustellen der neuen französischen Botschaft am Pariser Platz und am „Dom-Aquarée“ vis-à-vis des Berliner Doms. Trotz der rauen Töne auf beiden Seiten rechnen Beobachter nicht mit einem langen Streik. „Die Differenz zwischen Forderung der Gewerkschaft und Angebot der Arbeitgeber war nicht sehr groß“, sagte Bernd Bartohlmai, Bauexperte des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, dem Tagesspiegel. Der Streik sei trotz der Strukturkrise der Bauindustrie verständlich, da sich die Gewerkschaften nicht von der allgemeinen Lohnentwicklung abkoppeln lassen wollten. Entscheidend sei, ob sich die Tarifparteien bei den Löhnen in Ostdeutschland einig werden. „Das Kostendumping geht auf Dauer nicht gut“, sagte Bartholmai.

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