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Wirtschaft: Berlin macht erfinderisch

Bis Ende des Jahres werden die besten 100 Erfindungen ausgezeichnet

Berlin - Alexander Sigalovski will mit einem Naturdünger-Granulat eine gute Platzierung erreichen; Reinald Ramm aus Werder an der Havel tritt mit einem speziellen Bob-Schlitten das Rennen um die Auszeichnung an. Und Irina Kachina-Rahn versucht, die Jury mit einem Zigaretten-Inhalator zu überzeugen. Die drei Erfinder nehmen mit ihren Projekten teil an der Initiative „Top 100“. Vier Erfinderclubs aus Berlin, eine Patentanwaltskanzlei und ein auf Innovationen spezialisiertes Pressebüro wollen bis Ende des Jahres die besten 100 Erfindungen auszeichnen, die seit 2000 in Berlin und Brandenburg als Patent angemeldet wurden. Dem „stiefmütterlichen Dasein“ der Erfinderbranche soll damit ein wenig auf die Sprünge geholfen werden, so Mitinitiator Hans-Werner Oertel vom Pressebüro „Innomedia“.

„Erfinder kommen in der Öffentlichkeit viel zu kurz. Und wenn man doch einmal etwas über sie hört, werden sie immer als eine Art Daniel Düsentrieb dargestellt“, sagt Oertel und fügt hinzu: „Ich hoffe, wir können mit unserer Initiative zeigen, dass es auch ernsthafte Erfindungen gibt.“ Zudem wolle man mit der Ausschreibung mehr Leute dazu ermutigen, sich mit der Entwicklung neuer Ideen und letztlich der Patentanmeldung auseinander zu setzen. Die Region Berlin und Brandenburg sei auf dem Gebiet der Erfindungen nämlich noch ein „innovatives Entwicklungsland“, so Oertel.

Die Zahlen belegen das. Nur 1252 Erfindungen wurden im vergangenen Jahr in Berlin und Brandenburg als Patent angemeldet. Damit kommen noch nicht einmal drei Prozent aller deutschen Erfindungen aus der Region. An der Spitze der Patentanmeldungen liegt Bayern mit einem Anteil von 27,8 Prozent, es folgen Baden-Württemberg mit 26,5 Prozent und Nordrhein-Westfalen mit 16,2 Prozent. Somit stammen mehr als zwei Drittel aller inländischen Anmeldungen aus diesen Ländern – und Berlin und Brandenburg hinken hinterher. Und das, obwohl gute Standortvoraussetzungen gegeben sind: Die beiden Länder verfügen über eine hohe Dichte an Universitäten und Fachhochschulen, hinzu kommen mehrere Technologieparks.

Eva Franke vom technischen Informationszentrum Berlin sieht die Ursache zum einen im mangelnden Patentbewusstsein der Universitäten. „Für manche Professoren ist eine Veröffentlichung in einer Fachzeitschrift oder auf einem Kongress oftmals wichtiger als eine Patentanmeldung.“ Das Potenzial der Hochschulen sei daher erheblich größer. Hinzu komme, dass die Patentanmeldung dort gemacht wird, wo die Firmen den Hauptsitz ihrer Forschung haben. „Wenn Siemens eine Erfindung als Patent anmeldet, geht diese leider auf das Konto von Bayern, obwohl die Idee vielleicht sogar in Berlin entwickelt wurde“, sagt Franke.

Zu diesen beiden Faktoren kommt ein Problem, mit dem alle Erfinder in Deutschland zu kämpfen haben: die Finanzierung. Die erste Patentanmeldung kostet 60 Euro. Will der Erfinder jedoch sicher sein, dass seine Idee durch das Patent optimal geschützt wird, bedarf es Unterstützung durch einen Anwalt. Dieser formuliert die Patentansprüche so, dass der Erfinder rechtlich vollkommen abgesichert ist. Kosten, die durch den Anwalt entstehen: rund 3000 Euro. Um die Ansprüche auch im Ausland zu sichern, muss die Idee bei den Patentämtern der jeweiligen Länder angemeldet werden. Das kostet bis zu 50000 Euro. Der Berliner Patentanwalt Jürgen Hengelhaupt, der die Initiative „Top 100“ unterstützt, sieht in der Finanzierung das Hauptproblem der Erfinder. „Die Kosten für die Patentanmeldung schrecken viele ab“, sagt Hengelhaupt. „Viele Erfindungen, die auf dem Markt sicher gute Chancen hätten, scheitern daran.“

Maha Alusi hat sich davon nicht abschrecken lassen. Die Architektin aus Berlin hat im vergangenen Jahr ein neues Verfahren zur Herstellung von Kerzen entwickelt und dieses als Patent angemeldet. Der Mut wurde belohnt: Ende September bietet der Teleshoppingkanal „QVC“ ihre Produkte im deutschen Fernsehen an, in England gibt es die erste Verkaufssendung im Oktober und mit der amerikanischen Ausgabe wird derzeit verhandelt.

Anne Hansen

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