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Willkommen im Silicon Valley. Die Amerikaner sind bekannt für ihr großes Selbstvertrauen. Nun wollen auch Berliner Unternehmer von diesem Geist lernen.

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Berliner Gründer im Silicon Valley: "Man spürt diese ganz eigene Kultur"

Zwölf Berliner Gründer reisen ins Silicon Valley zur German Valley Week, die vom Bundesverband Deutscher Start-ups organisiert wurde. Sie wollen dort vor allem neue Kontakte knüpfen.

Berliner sind bekannt für ihre große Klappe. Aber im Vergleich zu Kalifornier ist das gar nichts. Jedenfalls nicht, wenn es um die Gründer aus dem Silicon Valley: „Sie haben ein ungeheures Selbstvertrauen, das in unserem Empfinden fast schon an Naivität grenzt“, sagt Christoph Gerlinger von der German Startups Group. „Die Gründer dort glauben, dass die ganze Welt nur auf ihr Produkt gewartet hat und dass sie ein Unternehmen von Weltrang schaffen werden. Das würden sich die Gründer hier in Deutschland nicht anmaßen. Obwohl nichts dagegen spricht, dass sie es auch können.“

Von diesem Geist möchte Gerlinger lernen, wenn er jetzt wieder einmal ins Silicon Valley fliegt. Diesmal zur German Valley Week, die vom Bundesverband Deutscher Start-ups organisiert wurde. Hier knüpfen zwölf Berliner Unternehmen Kontakte im kalifornischen Gründermekka: CliXon, Cortado, German Startups Group, Incubes, i-potentials, Klickfilm, Minodes, Subvise, Quofox, You is Now, Spendino und Zalando.

Außerdem dabei sind die Wirtschafts- und Technologieförderung Berlin Partner und die Investitionsbank Berlin Brandenburg. Ins Valley reisen insgesamt 60 Teilnehmer, darunter Vertreter von bundesdeutschen Start-ups und die parlamentarische Staatssekretärin beim Wirtschaftsministerium Brigitte Zypries.

Sie hoffen auf Inspiration

Berlin Partner fragte die Teilnehmer aus der Hauptstadt vorher, was sie sich von der Reise versprechen. In den Antworten fällt immer wieder das gleiche Stichwort: „Inspiration“. Christoph Gerlinger hat sich bei früheren Aufenthalten bereits Anregungen geholt: „Ob Ebay, Facebook, Paypal oder Google – man spürt diese ganz eigene Kultur“, sagt er.

Zusammen bilden die Berliner Unternehmen, die jetzt ins Silicon Valley fahren, einen guten Querschnitt der aktuellen Themen in der Szene. Die IT-Dienstleister ClixOn, Cortado und Incubes gehören zu den 90 Prozent Start-ups, die eine Marktneuheit entwickelt haben. ClixOn übernimmt für Klein- und Mittelständler die IT-Aufgaben, Cortado entwickelt Software, um Menschen und Rechner zu vernetzen, Incubes hilft beim digitalen Management der Kundenbeziehungen.

Der Onlinehändler Zalando steht für den Aspekt Copy Cat. So nennt man im angelsächsischen Raum die Trittbrettfahrer, die Businessmodelle kopieren. Die Zalando-Mutter Rocket Internet hat das seit Jahren höchst erfolgreich betrieben.

Alle Berliner, die jetzt ins Silicon Valley reisen, stehen für die Dynamik und die Wertschöpfung, die die digitale Wirtschaft in der Hauptstadt erarbeitet. Über eine Milliarde Dollar Kapital konnten Berliner Start-ups 2014 einsammeln. 60 000 Arbeitsplätze haben Hightech-Unternehmen in den vergangenen Jahren geschaffen; davon hängen weitere 100 000 Jobs indirekt ab.

Zu ihnen gehören Dienstleister wie i-potentials, eine Personalberatung für die digitale Wirtschaft. Gründerin Constanze Buchheim übermittelt per Email erste Erkenntnisse vom Besuch in Kalifornien. „San Francisco und das Valley werden für Start-ups ohne Millionenfinanzierung mittlerweile unbezahlbar“, schreibt sie. „Hier läuft ein Kreislauf aus hohen Gehältern, steigende Immobilienpreisen und steigende Kosten der Lebenshaltung. Die unfassbar hohen Gehälter im Westen der USA müssen damit in Relation gesetzt werden und sind summa summarum gar nicht mehr so hoch, wenn man bedenkt, wie teuer das Leben hier ist.“

In den hohen Kosten für Miete, Vergütung der Mitarbeiter und den unglaublich umfangreichen Bindungsmaßnahmen in den Unternehmen liege unter anderem die Notwendigkeit für massiv hohe Finanzierungsrunden.

Oft ernten ausländische Investoren die Früchte, die in Deutschland reifen

Eben solche Finanzierungsrunden organisiert die German Startups Group von Christoph Gerlinger. Er ist Wagniskapitalgeber und investiert in vielversprechende junge Unternehmen. Auch in Berlin gebe es Verdichtungseffekte wie im Silicon Valley, nennt er die positive Seite: „Start-ups, Company Builder, Business Angels, Investoren und Fachpresse sind eng beieinander. Das führt zu Kommunikation und Interaktion, es entsteht Vertrauen zwischen Start-ups und Venture Captitalists. Und die Erfolgsbeispiele in unmittelbarer Nachbarschaft führen dazu, dass sich andere etwas abgucken, mutiger werden und denken: Das kann ich auch!“

Allerdings bleibt die Finanzierung ihrer Wachstumspläne ein Problem der Berliner Start-ups, auch wenn es in der Hauptstadt viel weniger Kapital für eine Gründung braucht, als im Silicon Valley: „Es fehlt nicht an der ersten Million. Die findet ein gutes Team leicht und schnell. Auch die zweite. Aber wenn es darum geht, fünf oder zehn Millionen Euro Kapital von einem Investor zu bekommen, wird es schwierig. Dabei ist ja genug Geld da“, sagt Christoph Gerlinger. Aber Deutschland sei eben nicht so bekannt für große Risikofreude.

Angelsächsische Investoren dagegen hätten mit deutschen Start-ups inzwischen viel Geld verdient, berichtet Gerlinger. Beim Verkauf von Team Viewer, einer Software für Fernwartung und virtuelle Meetings, hätten die Investoren eine Milliarde Dollar erzielt. Bei Hybris, einer Software für E-Commerce, seien es zwei Milliarden Euro gewesen. Das Shoppingportal Windeln.de habe seit dem Börsengang einen Marktwert von knapp 400 Millionen Euro. „Diese Früchte wurden  in Deutschland zur Reife gebracht, aber oft fahren ausländische Investoren die Ernte ein“, bedauert Gerlinger.

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