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Wirtschaft: Berliner können ihren Gasanbieter ab Oktober wechseln

Holländischer Nuon-Konzern macht der Gasag Konkurrenz / Angebot gilt auch in Hamburg / Netzagentur hofft auf Nachahmer

Berlin - Erstmals in der Geschichte der deutschen Gaswirtschaft können Verbraucher ihren Anbieter frei wählen. Ab Oktober dieses Jahres will der holländische Energiekonzern Nuon der Berliner Gasag Konkurrenz machen. Auch in Hamburg will Nuon dann Gas anbieten. Das teilte das Unternehmen am Montag mit. „Wir wollen den Verbrauchern eine günstige Alternative bieten“, sagte der Geschäftsführer von Nuon Deutschland, Thomas Mecke.

Bisher sind die Verbraucher an ihren örtlichen Monopolisten gebunden, in Berlin also an die Gasag. Die Bundesnetzagentur drängt die etablierten Unternehmen jedoch, ihre Leitungen für andere Anbieter zu öffnen. Auf diese Weise soll der Wettbewerb belebt werden. Behördenchef Matthias Kurth hofft, dass die Preise dadurch sinken oder wenigstens langsamer steigen. Die Ankündigung von Nuon begrüßte er. Es sei zu hoffen, dass weitere Anbieter folgen. Auch Verbraucherschützer zeigten sich erfreut, forderten aber weitere Anstrengungen für mehr Wettbewerb.

Auf dem Berliner Strommarkt hat Nuon („Lekker Strom“) bereits Erfolge erzielt: Seit Beginn des Jahres konnte das Unternehmen 30 000 Stromkunden gewinnen – die meisten kamen von Marktführer Vattenfall. Dieses Modell will Nuon jetzt auf den Gasmarkt übertragen – mit dem Slogan „betaalbaar Gas“. Verbraucher in Hamburg und Berlin können ihre Bestellung ab sofort telefonisch oder per Internet aufgeben. „Den Rest erledigt Nuon“, sagte Mecke. „Für die Kunden erfordert der Wechsel keinen Aufwand.“ Die Umstellung erfolgt dann zum 1. Oktober. Weitere Details gibt das Unternehmen an diesem Dienstag bekannt.

Wie auch beim Strom bietet Nuon einen Einheitspreis an: Die monatliche Grundgebühr beträgt 14,90 Euro, hinzu kommen 5,5 Cent je Kilowattstunde. Zum Vergleich: Der Gasag-Tarif Vario II kostet monatlich 15,08 Euro plus 5,568 Cent je Kilowattstunde. Bei einem durchschnittlichen Verbrauch von 20 000 Kilowattstunden können Berliner Kunden damit knapp 16 Euro im Jahr sparen. Hinzu kommt noch eine Prämie von 50 Euro, die Nuon bei Vertragsabschluss bis 31. Juli zahlt. Für die ersten zwölf Monate gibt das Unternehmen eine Preisgarantie.

Ob sich das Nuon-Angebot wirklich lohnt, hängt allerdings vom individuellen Verbrauch ab. So passt für Kunden mit einem Verbrauch von weniger als 12 700 Kilowattstunden eher der Gasag-Tarif Vario I (gerechnet ohne die Nuon-Prämie). Für Kunden, die Gas weder zum Heizen noch zur Warmwasseraufbereitung, sondern nur zum Kochen verwenden, ist der so genannte gesetzliche Tarif der Gasag das Richtige.

Bei der Gasag selbst gibt man sich gelassen. „Wir begrüßen die Belebung des Markts“, sagte Unternehmenssprecher Klaus Haschker dem Tagesspiegel. Allerdings räumte er ein, dass „wir wohl einige Kunden verlieren werden“. Gegen die jüngsten Preiserhöhungen der Gasag hatten 40 000 Kunden Einspruch erhoben. „Aus dieser Gruppe werden sich künftige Nuon-Kunden rekrutieren“, vermutete er. Haschker betonte aber, dass sich der Nuon-Preis nicht wesentlich von den Angeboten der Gasag unterscheide. Eine eigene Reaktion, zum Beispiel eine Preissenkung, sei daher nicht geplant.

Nuon bezieht sein Gas aus den Niederlanden. Über Fernleitungen wird es bis zu den Hamburger und Berliner Stadtgrenzen transportiert, dort wird es in das lokale Leitungsnetz eingespeist. Dafür muss das Unternehmen Vereinbarungen mit den Besitzern der Leitungen treffen, in Berlin also mit der Gasag-Netztochter. In den Niederlanden beliefert Nuon rund fünf Millionen Kunden. Der Konzern erwirtschaftet mit 10 000 Mitarbeitern rund fünf Milliarden Euro Umsatz.

Neben Nuon wollen auch andere Unternehmen ins Berliner Gasgeschäft einsteigen. So wurde vor wenigen Tagen der Anbieter Flexgas gegründet. Natgas kann sich ebenfalls die Belieferung von Privatkunden vorstellen. Konkrete Pläne gibt es aber nicht.

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