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Wirtschaft: Berliner Köpfe: Medizintechnik-Profi Andy Rösch

Es war der richtige Griff zur richtigen Zeit. Eine Woche vor der wichtigsten Medizintechnik-Messe der Welt, der Medica, bekam Andy Rösch den Prototyp seiner "Spritze ohne Nadel" endlich in die Hand.

Es war der richtige Griff zur richtigen Zeit. Eine Woche vor der wichtigsten Medizintechnik-Messe der Welt, der Medica, bekam Andy Rösch den Prototyp seiner "Spritze ohne Nadel" endlich in die Hand. Das Handy-große Gerät, mit dem Wirkstoffe mit Hochdruck unter die Haut katapultiert werden, hatte der Berliner Medizintechnikunternehmer zwei Jahre zuvor bei einer kleinen Firma in San Diego entdeckt und unter dem Namen "Injex" zur Marktreife entwickelt. Rösch schwante wohl, dass da mehr drinstecken könnte. "Ich hab gleich eine Pressemitteilung rausgeschickt", sagt er. Noch am selben Abend saß er bei Günter Jauch auf der Couch und führte unter den Augen von drei Millionen Fernsehzuschauern seinen vielversprechenden Angstkiller vor. Schon im darauffolgenden Monat hatte er Bestellungen für 2,5 Millionen Stück auf dem Tisch. Heute trägt die Spritze ohne Nadel 70 Prozent zum Gesamtumsatz bei. "Ein Goldstück", sagt Rösch.

Dass der 40-Jährige sein Leben einmal als Medizintechnik-Unternehmer fristen würde, war eigentlich nicht vorgesehen. Den Sohn eines Fahrschullehrers aus Verden an der Aller zog es mehr zum Gartenbau. Um die Zeit bis zum Studienbeginn zu überbrücken, jobbte er in einem Stuttgarter Medizintechnik-Unternehmen. "Ich bin schnell zur rechten Hand des Chefs geworden", sagt der zurückhaltend wirkende, schmächtige Mann. "Ich habe immer meine Meinung gesagt. Das fand der gut." Dass der Abiturient von Medizintechnik keinen Schimmer hatte, war nicht weiter hinderlich. "Ohren auf, Augen auf und bloß nicht zu sehr auf die Technik sehen." Rösch wollte die Geräte ja nicht bauen, sondern verkaufen. Wie Marketing funktioniert, hatte er in der elterlichen Fahrschule mitbekommen. Schon bald interessierten den jungen Mann Ampullen und Oralkameras mehr als Tulpen und Erika. Das Studium ließ er sausen. "Ich hatte mich entschieden, in der Praxis zu lernen."

Vor elf Jahren hat Rösch im Keller seines Rudower Reihenhauses seine eigene Firma gegründet, die Rösch GmbH. Dass das in Berlin passierte und nicht auf der Schwäbischen Alb, ist seiner Frau zu verdanken: Er hatte ihr versprochen, in ihre Heimatstadt zurückzugehen, sobald die Mauer fällt. Inzwischen beschäftigt Rösch 74 Mitarbeiter. Seit Februar 2000 ist die Rösch AG Medizintechnik am Neuen Markt notiert. Doch das vor zwei Jahren gebaute neue Produktionsgebäude am Buckower Damm hat Spuren in der Bilanz hinterlassen: In den ersten sechs Monaten des Geschäftsjahres 2000/2001 lag die Firma bei einem Umsatz von 5,7 Millionen Euro mit rund 4,1 Millionen Euro in den Miesen. Und dennoch: "Seit wir die Spritze ohne Nadel haben, sieht die Perspektive ganz anders aus", sagt Rösch, der sich bis dahin vor allem auf Hördiagnostik konzentriert hatte. Die elf Jahre der Selbstständigkeit haben sich in sein Gesicht gegraben. Er wirkt müde, für die beiden neun und elf Jahre alten Töchter hat er nur wenig Zeit, sein Hobby Sport hat er dem Job geopfert. Nur eine Leidenschaft ist geblieben: Wenn er doch etwas Muße hat, packt der Unternehmer die Harke und geht in den Garten.

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