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Wirtschaft: Berliner Senat will Mindestlöhne erzwingen

Das Vergabegesetz soll im Herbst novelliert werden. Das wird von den Wirtschaftsverbänden kritisiert und vom DGB gelobt

Berlin - Der rot-rote Senat will die Vergabe von öffentlichen Aufträgen an die Zahlung eines Mindestlohns koppeln. Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linke) bestätigte gestern Pläne zur Reform des Vergabegesetzes. „Im Herbst wird ein Gesetzentwurf vorliegen.“ Nach den bisherigen Überlegungen sollen Unternehmen bei öffentlichen Aufträgen künftig eine „Tariftreue- oder Mindestlohnerklärung“ unterschreiben.

Dabei sollen sich die Bewerber auf die Zahlung eines „vom Land Berlin für notwendig erachteten Mindestlohns von 7,50 Euro pro Stunde“ verpflichten, steht in einem internen Papier. Das neue Gesetz soll für alle Branchen gelten. Bisher gibt es nur für den Baubereich eine Tariftreue-Regelung. Während der DGB das Vorhaben begrüßt, gibt es scharfe Kritik der Arbeitgeber. „Das Kriterium der Wirtschaftlichkeit muss das bestimmende Element der Auftragsvergabe bleiben und darf nicht durch vergabefremde Kriterien verwässert werden“, stellt die Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände (BDA) fest.

Das Investitions- und Nachfragevolumen Berlins und seiner landeseigenen Unternehmen liegt bei vier bis fünf Milliarden Euro pro Jahr. Das Nachfrageverhalten solle sich künftig nicht mehr an der kostengünstigsten Beschaffung orientieren, sondern es müsse zu „fairen, gesellschaftlich verantwortlichen Wettbewerbsbedingungen beitragen“, heißt es im Senatspapier. Nur so ließe sich ein Verdrängungswettbewerb über die Lohnkosten vermeiden, dem kleine und mittlere Betriebe nicht standhalten könnten.

Wirtschaftssenator Wolf verweist auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts, wonach die Einhaltung von Mindestlöhnen bei öffentlichen Aufträgen auch der Erhaltung von sozialen Standards diene. Dagegen macht die BDA verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Senatspläne geltend. Die Koalitionsfreiheit werde durch eine Mindestlohn-Erklärung verletzt.

Die Arbeitgeber sprechen von „politisch motiviertem Lohn seitens des Landes Berlin“ und einer „staatlichen Normsetzung über die Lohnhöhe“. Der BDA sieht die Gefahr, dass über solche Mindestlöhne „kleine und mittlere Betriebe aus dem Markt gedrängt werden und es zu entsprechenden negativen Konsequenzen für den Arbeitsmarkt kommt“. Auch die Berliner IHK ist skeptisch. Anstatt das Vergaberecht mit allgemeinpolitischen Zielen zu belasten, sollte es entschlackt und vereinfacht werden, sagte eine Kammersprecherin. Dagegen erwartet der Berliner DGB-Chef Dieter Scholz von der Gesetzesreform, „dass künftig vernünftige Löhne gezahlt werden“.

Um kleinen und mittleren Unternehmen entgegenzukommen, will Senator Wolf mit der Gesetzesreform auch den Schwellenwert für die beschränkte Vergabe öffentlicher Aufträge (zurzeit 150 000 Euro) heraufsetzen. Sein Plan: Bis zu einem Auftragsvolumen von 250 000 Euro soll auf eine Ausschreibung verzichtet werden, um mittelständische Anbieter aus der Region gezielt als Bewerber einbinden zu können. alf/za

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