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Wirtschaft: Berliner Wirtschaftsforscher nur Durchschnitt

Unabhängige Studie attestiert dem DIW Nachholbedarf / Institut: Vorwürfe „methodisch zweifelhaft“

Berlin - Klaus Zimmermann hat sich viel vorgenommen. Seit dem Jahr 2000 leitet der Wirtschaftsprofessor das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin und will es zu einem international führenden Haus machen, „das auch in Washington und Brüssel Gehör findet“. Dabei liegt noch viel Arbeit vor ihm – das zumindest ist das Ergebnis einer Studie über die Forschungsleistung der deutschen Wirtschaftsinstitute. Denn im Vergleich zu anderen, deutlich kleineren Häusern schneidet die in Dahlem gelegene Denkfabrik nur durchschnittlich ab.

Bei der Untersuchung der Technischen Universität München geht es darum, wie viele Artikel die DIW-Forscher in wirtschaftswissenschaftlichen Fachzeitschriften unterbringen. Unter Ökonomen gilt dieser Ausstoß als einer der wichtigsten Qualitätsmaßstäbe. Die Autoren der Studie, Martin Steininger und Bernd Süßmuth von der TU München, haben untersucht, wie viele Seiten die namhaften Institute in den vergangenen Jahren veröffentlicht haben. Dazu haben sie sich neben den sechs renommierten Häusern, die unter anderem die Konjunkturprognosen für die Regierung erstellen, auch das Wissenschaftszentrum Berlin (WZB), das Institut zur Zukunft der Arbeit (IZA) und das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) angesehen. Ergebnis: Das WZB, eigentlich kein reines Wirtschaftsinstitut, kommt zwischen 2003 und 2005 auf 1,2 Seiten pro Forscher und Jahr. Es folgt das IZA mit 0,9 Seiten. Das DIW erreicht mit 0,2 Seiten nur Rang sieben. Zwar habe sich die Leistung in den vergangenen Jahren fast verdoppelt. Andere Häuser wiesen aber noch stärkere Steigerungsraten auf. Der Durchschnitt aller Häuser liege bei 0,4 Seiten pro Jahr. Beim Marktanteil liegt das DIW mit elf Prozent nur auf Platz fünf – führend sind hier das ZEW und das Ifo-Institut.

Das Ergebnis ist für das rund 200 Mitarbeiter zählende DIW brisant. Denn in den vergangenen Jahren hat der Wettbewerb unter den Wirtschaftsforschern enorm zugenommen. Der Druck des Staates, der die meisten der Häuser größtenteils mit Millionenbeträgen finanziert, ist gewachsen – er fordert von den Wissenschaftlern bessere Leistungen. Regelmäßig überprüfen Expertenkommissionen von der Wissenschaftsgemeinschaft Gottfried Leibniz (WGL) die Institute. Dem DIW, das einen Jahresetat von gut 20 Millionen Euro hat, haben die Prüfer Mitte 2005 zwar ordentliche Verbesserungen attestiert – aber auch bemängelt, dass es zu wenig publiziere. Allein die Abteilung des sozio-ökonomischen Panels liege auf internationalem Standard, hieß es damals. „Der Referenzwert sollte ein Artikel pro Forscher und Jahr sein“, gaben die WGL-Leute als Richtschnur vor.

Die Studie ficht DIW-Präsident Zimmermann aber nicht an. „Ich halte die Ergebnisse für falsch“, befindet er. „Viele Veröffentlichungen werden nicht berücksichtigt, etwa über Gesundheit oder über Demografie – Felder, auf denen unsere Forscher viel publizieren.“ Auch messe die Studie nicht, dass die DIW-Erkenntnisse von anderen Forschern zitiert würden. Die Empfehlung der WGL, mehr in Fachzeitschriften zu publizieren, befolge das DIW – „und wir haben uns bereits erheblich verbessert“, beteuert Zimmermann, der sich als Einziger der Institutschefs über die Studienergebnisse beschwerte. Schützenhilfe bekommt er von der WGL. Geschäftsführer Michael Klein hält die Studie der TU München für „methodisch zweifelhaft“, besonders das „reine Zählen von Publikationen“.

Die TU-Experten wollen das nicht auf sich sitzen lassen. „Unser Vorgehen ist wissenschaftlich anerkannt“, sagt Verfasser Martin Steininger. Das DIW-Ergebnis bleibe nahezu unverändert, selbst wenn man die Zeitschriften gegen andere austausche. Das gelte auch für die Zitate der DIW-Ergebnisse.

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