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Aufregerthema. Mit der betrieblichen Altersvorsorge wollte der Staat Arbeitgeber und Arbeitnehmer motivieren, privat für das Alter zu sparen. Doch mit doppelten Krankenkassenbeiträgen machte er den Steuervorteil wieder zunichte. Foto: picture-alliance / dpa/dpaweb

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Betriebliche Altersvorsorge: Geld zurück

Die betriebliche Altersvorsorge hat in letzter Zeit für viel Unruhe gesorgt – ein Gerichtsurteil schafft Abhilfe.

Walter S. ist sauer. Wie viele andere hat der Rentner während seiner Zeit als Arbeitnehmer mit seinem Arbeitgeber eine betriebliche Altersvorsorge in Form einer Direktversicherung abgeschlossen. Eigentlich sollte damit sein Alter stressfreier werden. Doch genau das Gegenteil war der Fall.

Dabei ist eine betriebliche Altersvorsorge eigentlich eine gute Sache. So muss sich der Arbeitnehmer um die Abwicklung und Verwaltung in der Regel nicht kümmern, da diese Aufgabe dem Arbeitgeber zufällt. In den meisten Fällen wird ein Teil des Bruttogehaltes direkt vom Arbeitgeber einbehalten und an die ausgewählte Vorsorgeinstitution überwiesen. Auf diese Weise verringert sich das steuer- und sozialversicherungspflichtige Einkommen des Arbeitnehmers während seiner Zeit als Beschäftigter, so dass auch seine Abgaben sinken. Jährlich können durch die staatliche Förderung sozialabgabenfrei bis zu vier Prozent des Beitragsbemessungssatzes (derzeit 2640 Euro) in die betriebliche Altersvorsorge eingebracht werden. Der steuerfreie Betrag liegt sogar bei 4440 Euro. So fördert der Staat die betriebliche Altersvorsorge mit bis zu 60 Prozent.

Versteuert werden muss das Einkommen, welches für die Altersvorsorge eingezogen wurde, aber trotzdem – jedoch erst zum Zeitpunkt der Rentenauszahlung. Da in der Regel das Gesamteinkommen eines Rentners aber geringer ausfällt als zu seiner erwerbstätigen Zeit, ist auch seine Steuerlast geringer. Hinzu kommt, dass die direkte Abführung vom Bruttogehalt den gefühlten Aufwand verringert und auch die Renditeerwartung erhöht, anders als wenn die Altersvorsorge vom Nettoeinkommen separat für die Rente gespart werden würde. Besonders lukrativ wird die betriebliche Altersvorsorge dann, wenn der Arbeitgeber zusätzlich zur Entgeltumwandlung des Arbeitnehmers selbst noch einen freiwilligen Anteil mit einbringt, was nicht unüblich ist.

Völlig überrascht wurde Walter S. 2004 aber von einer Neuregelung des Gesetzgebers. In einer regelrechten Hauruckaktion hatte man damals entschieden, dass gesetzlich krankenversicherte Bezieher von Betriebsrenten auf diese nun den vollen Beitragssatz zur Krankenversicherung entrichten müssen. Vorher war es nur die Hälfte gewesen. Und auch Einmalzahlungen wurden nun beitragspflichtig. Bei den Betroffenen sorgte die Neuregelung für großen Unmut.

Walter S. machte es besonders wütend. Da er schon vor Eintritt ins Rentenalter aus dem Betrieb ausgeschieden war, hatte er sich seinerzeit entschieden, die Betriebsrente privat mit eigenen Mitteln weiterzuführen. Die Verpflichtung, jetzt auch auf die nach seinem Beschäftigungsverhältnis privat eingezahlten Beiträge im Nachhinein die vollen Abgaben leisten zu müssen, empfand er wie einen Schlag ins Gesicht. Schließlich hatte er die Beiträge aus seinem Nettoeinkommen finanziert – und dafür bereits ganz regulär Krankenkassenbeiträge gezahlt. Für diesen Zeitraum sollte er also jetzt quasi doppelt zahlen.

Walter S. ist kein Einzelfall. „Gerade Versicherte, die ihre betriebliche Altersvorsorge aus verschiedenen Gründen privat weiterführten, fühlten sich unnötig belastet und ungerecht behandelt“, sagt Dorothee Czennia vom Sozialverband VDK Deutschland.

Die Folge der Gesetzesänderung waren unzählige Klagen, die jedoch abgeschlagen wurden. Das Thema betriebliche Altersvorsorge schien sich für viele zum Frust bis ins hohe Alter zu entwickeln. Bis das Bundesverfassungsgericht im Oktober letzten Jahres entschied, dass die Beitragserhebung zumindest im Fall privat weitergeführter Betriebsrenten verfassungswidrig ist. Jedoch mit der Einschränkung, dass der Vertrag beim Ausscheiden aus dem Betrieb vom Unternehmen auf den Versicherten überschrieben wurde. Ist dies nicht der Fall, sind die privat eingezahlten Beiträge trotzdem beitragspflichtig – auch wenn der Versicherungsnehmer diese aus eigener Tasche bezahlt hat.

Walter S. war erleichtert. Da der Vertrag auf ihn überschrieben worden war und er im Vorfeld bereits Widerspruch auf die zu zahlenden Beiträge erhoben hatte, war der Anspruch auf eine Rückzahlung rechtens. Nach längerem Hin und Her bekam er von seiner Versicherung die zu viel gezahlten Beiträge zurück – und musste sich schon wieder ärgern. Seiner Meinung nach ging die Krankenkasse von falschen Zeiträumen aus, in denen er als Versicherungsnehmer eingezahlt hatte – und überwies ihm zu wenig Geld.

Wie viele Betroffene kann sich Walter S. jetzt aber auf eine Entscheidung des Bundessozialgerichtes aus dem letzten Monat berufen. Das BSG bestätigte in weiten Teilen die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus dem letzten Jahr. Außerdem sollen nun die Zahlstellen – in diesen Fällen die Versicherungsunternehmen – nachvollziehbare und überprüfbare Aufstellungen vorlegen. „Aus denen muss hervorgehen, welcher Anteil unter dem Arbeitgeber als Versicherungsnehmer angespart, und welcher Anteil in der Zeit, in der der Arbeitnehmer selbst der Versicherungsnehmer war, angespart wurde“, sagt Czennia. Demnach könne ausgewiesen werden, welche Anteile unter die Beitragspflicht fallen und welche beitragsfrei bleiben. Dabei sollen die Zahlstellen die tatsächlich geleisteten Prämien und Einzahlungen berücksichtigen.

Betroffene können nun für vier Jahre rückwirkend zu viel gezahlte Beiträge von ihren Krankenkassen zurückverlangen. Wenn sie im Vorfeld schon Widerspruch eingelegt haben, sogar noch länger.

„Die Versicherten sollten dabei aber darauf achten, ob sie möglicherweise unter die Freigrenze fallen“, sagt Czennia. Denn die Beitragspflicht gilt nicht für Renten, welche geringer als der 20. Teil der monatlichen Bezugsgröße der Sozialversicherung sind. Momentan liegt dieser bei 127,75 Euro im Westen und 112 Euro im Osten. Erst wenn diese Grenze überschritten ist, gilt die Beitragspflicht für die volle Höhe der Rente.

Möglicherweise legt sich damit nun der Ärger um eine Vorsorgemöglichkeit, die prinzipiell eine sinnvolle Sache ist – was eigentlich auch Walter S. findet.

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