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Betriebsrat-Affäre: Protokoll belastet Von Pierer schwer

Der zurückgetretene Siemens-Aufsichtsratschef Heinrich von Pierer soll schon 1997 von den heimlichen Zahlungen an eine Gegenorganisation zur IG Metall gewusst haben. Das Protokoll sei ihm kurz vor seinem Rücktritt vorgelegt worden. Von Michael Stürzenhofecker

München - Während einer Aufsichtsratssitzung am 10. Dezember 1997, der von Pierer vorsaß, meldete sich laut Protokoll ein IG-Metall Funktionär zu Wort und äußerte den Verdacht, dass Siemens heimlich Gelder an die Konkurrenzorganisation AUB überweise, berichtet die "Süddeutsche Zeitung". Neuesten Erkenntnissen zufolge habe Siemens seit 1991 rund 50 Millionen Euro investiert, um die "Arbeitsgemeinschaft Unabhängiger Betriebsangehöriger" (AUB) als Konkurrenz zur IG Metall aufzubauen, so die Zeitung weiter. Die Initiative ginge 1988 von zwei Mitgliedern des Siemens-Vorstandes aus.

AUB plant Umzug nach Berlin

Im Zentrum des Skandals steht der ehemalige Siemens-Manager Wilhem Schelsky, der derzeit in Untersuchungshaft sitzt. Er soll den Auftrag zum Aufbau der AUB erhalten haben. Berichten zufolge sei er dafür bei Siemens ausgeschieden, habe aber weitgehende Vertragsvereinbarungen mit seinem ehemaligen Arbeitgeber geschlossen. Dazu gehörten Medienangaben zufolge unter anderem Aufträge und Pensionsvereinbarungen. Gegenleistungen für die fast 50 Millionen Euro seien jedoch nie erbracht worden. Das Geld floss demnach fast vollständig in die AUB, die sich dadurch weltweit in Siemens-Betriebsräten gegenüber der IG Metall behaupten konnte und letztlich auch im Aufsichtsrat die Arbeitnehmerseite vertrat.

André Krejcik von der AUB wehrt sich jedoch gegen die Vorwürfe. "Die AUB hat niemals direkte Zuwendungen von Siemens erhalten", sagt er in einem Gespräch mit dem Tagesspiegel am Sonntag. Die Arbeitnehmerorganisation möchte sich von der Siemens-Affäre distanzieren. Dafür will sie sich einen neuen Namen und ein neues Statut geben, sowie den Vorstand neu wählen. Auch ist ein Umzug nach Berlin geplant, um die Distanz zur Siemens AG zu unterstreichen.

Von Pierer wollte nicht freiwillig gehen

Für den Aufsichtsratschef war das aber noch kein Grund seinen Posten zu räumen. Der 66-Jährige habe sich erst massivem Drängen aus dem Aufsichtsrat gebeugt, hieß es. "Der Druck war so stark geworden, dass wir handeln mussten", sagte ein Siemens-Aufsichtsrat. Er kam vor allem von der IG Metall. Die Gewerkschaft habe ihn wegen des jüngsten Skandals um die Bestechung eines unabhängigen Betriebsrats in Nürnberg das Vertrauen entzogen und seinen Rückzug verlangt. (mit dpa)

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