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Betriebsrat protestiert: Ärger um den Kundenservice von Vattenfall

Beschäftigte sollen für weniger Geld mehr arbeiten – oder der Bereich wird verkauft.

Berlin - Die Lage sei „mehr als dramatisch“, schreiben die Betriebsräte und haben ihrem Informationsblatt eine entsprechende Überschrift verpasst: „Quasi jeder zweite muss gehen – und der Rest verliert seine Heimat“. Gemeint ist der Kundenservice von Vattenfall. Dem droht der Abbau einiger hundert Stellen, die Schließung von Standorten in Berlin und Hamburg, längere Arbeitszeit und weniger Geld. Wie ein „Bollwerk“, so schreibt der Gesamtbetriebsrat, werde man sich gegen die Pläne des Managements stellen. Für den 5. Dezember sind Proteste geplant.

Die Beschäftigten gingen schon einmal auf die Straße, im März 2010. Damals versuchte die Vattenfall-Führung ein Sparprogramm im Volumen von 180 Millionen Euro durchzusetzen, mehr als 100 Millionen davon sollten langfristig durch das Ausscheiden von 1500 Mitarbeitern per Altersteilzeit reinkommen. Für den Rest peilte der schwedische Staatskonzern, dessen deutsche Tochter in Berlin sitzt, unter anderem Kürzungen bei der Vergütung sowie gravierende Veränderungen beim Service an: „Für die Kundenservice GmbH soll ein eigener Firmentarifvertrag verhandelt werden. Alternativ müsste (...) ein externer Verkauf erwogen werden“, heißt es in einem Schreiben des Vattenfall-Vorstands vom Februar 2010 an die Mitarbeiter.

Personalvorstand Udo Bekker sagte damals im Tagesspiegel, die Dienstleistungen im Kundenservice würden von anderen Anbietern „bis zu 50 Prozent günstiger“ angeboten. Angaben aus dem Unternehmen zufolge liegt das Durchschnittsjahresgehalt im Kundenservice bei 78 000 Euro. Das Management wollte deshalb über einen „billigeren“ Tarif verhandeln – doch Betriebsräte und Gewerkschaften verwiesen auf gültige Verträge und weigerten sich.

Nun beginnt eine neue Runde für den Kundenservice mit seinen gut 700 Mitarbeitern, davon etwa 500 in Berlin. An der Strategie des Konzerns hat sich nichts geändert: Entweder die Arbeitnehmer lassen sich auf Verschlechterungen ein – oder der Bereich wird verkauft. Vielleicht an einen Call-Center-Konzern. Vattenfall begründete die Maßnahmen bereits Anfang 2010 mit den schwierigen Bedingungen auf dem deutschen Markt: Ausstieg aus der Kernenergie, CO2-Zertifikatehandel, „dramatisch fallende Strompreise“ und neue Wettbewerber. Nun macht offenkundig die Führung in Stockholm zunehmend Druck auf den Berliner Vattenfall-Vorstand um Tuomo Hatakka.

Dessen Sprecher Stefan Müller sagte am Montag auf Anfrage, man müsse „den Kundenservice verbessern, „um wettbewerbsfähig zu bleiben“. Bei der „Reaktionsgeschwindigkeit und der Kundenzufriedenheit haben wir erhebliche Probleme“. Eine Entscheidung über Verkauf oder nicht werde es womöglich noch in diesem Jahr geben. Der Gesamtbetriebsrat wiederum arbeitet nach eigenen Angaben „mit Hochdruck an einem Alternativkonzept“, um Verschlechterungen für die Mitarbeiter zu begrenzen.Alfons Frese

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