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Wirtschaft: Betrug mit Bestnoten

Verbraucherschützer greifen Firmen an, die ihre Ware mit falschen Testergebnissen bewerben

Berlin. Wo „gut“ draufsteht, muss nichts Gutes drin sein. Selbst bei Gütesiegeln der Stiftung Warentest kann keiner sicher sein, tatsächlich ein Qualitätsprodukt vor sich zu haben. Schuld daran ist nicht die Stiftung selbst, sondern schwarze Schafe unter den Herstellern, die sich Bestnoten aus dem Warentest unverdienterweise zunutze machen. Gegen 35 solcher Unternehmen geht der Bundesverband der Verbraucherzentralen (VZBV) zurzeit rechtlich vor. „Ein Warnschuss“, sagt Carel Mohn, Pressesprecher des Verbands, „zum Schutz rechtschaffener Unternehmen und der Konsumenten“.

Die Firmen haben mit ganz unterschiedlichen Tricks den Ärger der Verbraucherschützer auf sich gezogen: Einige warben mit guten Warentest-Noten, obwohl die jeweiligen Produkte nie oder mit anderem Ergebnis getestet wurden. Saturn zum Beispiel erklärte eine Kamera in der Werbung kurzerhand zum „Testsieger“, obwohl die Stiftung Warentest zwei Konkurremzmodelle besser beurteilt hatte. Auf dem Lederpflegemittel Poliboy klebt ein Hinweis, der dem Label der Stiftung Warentest „zum Verwechseln ähnlich“ sieht. Den Test hatte allerdings eine Reiter-Zeitschrift gemacht. Die Verlagsgruppe Weltbild und Buhl Data warben für ihre Steuererklärungs-Software 2004 mit dem guten Urteil, das für die Vorjahres-Version galt. Der Drogeriekette Rossmann wirft der Verband vor, sie habe auf Plakaten nicht angegeben, wann die Ware getestet worden war. Der Verbraucher könne deshalb nicht einschätzen, ob das Urteil noch aktuell ist.

„Manchmal werden einfach Fehler gemacht – nicht unbedingt mit böser Absicht“, sagt Winfried Ellerbrock, Justiziar der Stiftung Warentest. Zehn bis 15 Fälle von irreführender Werbung mit Warentest-Beurteilungen landen pro Monat auf seinem Schreibtisch. Nicht immer reicht es für ein Gerichtsverfahren oder es ist zu aufwändig, den Betrug zu beweisen. Zum Beispiel, wenn die Rezeptur geändert wurde.

Die meisten der 35 Unternehmen haben inzwischen Unterlassungserklärungen abgegeben und die unlautere Werbung eingestellt. Andere sehen sich jetzt mit Gerichtsverfahren konfrontiert: Gegen Saturn hat der Verband Klage beim Landgericht Münster eingereicht, Verfahren gegen Buhl Data und Poliboy sind noch offen. Dennoch: Schummeln mit Testurteilen ist bislang nicht gefährlich für Hersteller. „Im Grunde haben die Firmen nicht viel zu befürchten“, sagt Carel Mohn. Zwar sieht eine Gesetzesnovelle der Bundesregierung vor, dass Firmen Einnahmen, die sie Mogel-Werbung verdanken, wieder abgeben müssen. Das Gesetz sei jedoch an zu viele rechtliche Hürden geknüpft, kritisiert Edda Müller, die Vorsitzende des VZBV. Einem Unternehmen den Vorsatz nachzuweisen, sei schwierig. Und so lange der Betrug als „fahrlässig“ gelten muss, weil Beweise fehlen, hat die betreffende Firma keinen Cent zu zahlen.

Trotz der ergaunerten Gütesiegel und des Bestnoten-Betrugs: Jurist Ellerbrock rät dazu, weiterhin Warentest-Urteilen in der Werbung zu trauen: „Der Anteil der schwarzen Schafe ist gering, in der Regel stimmt das Urteil.“

Ragna Sieckmann

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