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Wirtschaft: Bewag: Präzedenzfall im Wettbewerbsrecht - Der Verkauf des Berliner Stromversorgers beschäftigt Kartellrechtler

Die Neugestaltung der Eigentumsverhältnisse des Berliner Stromversorgers Bewag könnte zu einem Präzedenzfall im deutschen Wettbewerbsrecht werden. Der Grund: Erstmals seit der Änderung des Kartellgesetzes Anfang 1999 ist es nach Aussagen des Bundeskartellamtes in Deutschland zu einem Widerspruch von privatrechtlichen Verträgen und wettbewerbsrechtlichen Auflagen einer Kartellbehörde gekommen.

Die Neugestaltung der Eigentumsverhältnisse des Berliner Stromversorgers Bewag könnte zu einem Präzedenzfall im deutschen Wettbewerbsrecht werden. Der Grund: Erstmals seit der Änderung des Kartellgesetzes Anfang 1999 ist es nach Aussagen des Bundeskartellamtes in Deutschland zu einem Widerspruch von privatrechtlichen Verträgen und wettbewerbsrechtlichen Auflagen einer Kartellbehörde gekommen. Zwar machte im konkreten Fall die Europäische Wettbewerbsbehörde. die Auflage, doch der Fall Bewag trägt nach Auffassung von Rechtsexperten exemplarische Züge und wird, nachdem Eon den Bewag-Anteilsverkauf am Dienstag beim Bonner Kartellamt angemeldet hat, auch die deutsche Behörde beschäftigen.

Zum Hintergrund: Der Energiekonzern Eon hat vergangene Woche einer Fusionsauflage der EU-Kommission folgend seine Aktien-Anteile an der Bewag verkauft und damit gleichzeitig gegen einen Vertrag mit dem Land Berlin verstoßen. Nach Auffassung des Berliner Finanzsenators Peter Kurth (CDU) müssen nun Gerichte klären, ob Eon überhaupt berechtigt war, insgesamt 49 Prozent der Bewag-Aktien an den Hamburger Stromversorger HEW zu verkaufen.

Der Eon-Konzern, der im Zuge der Fusion von Veba und Viag Rechtsnachfolger der Bewag-Aktionäre Preussen Elektra und Bayernwerk geworden ist, sei auch für die Einhaltung des Privatisierungsvertrages zur Bewag verpflichtet, argumentiert Kurth. Preussen Elektra und Bayernwerk hätten sich 1997 dem Land Berlin gegenüber verpflichtet, die Bewag-Aktien mindestens 20 Jahre in ihrem Besitz zu halten. Am Montag hat der Finanzsenator zur Wahrung der Interessen des Landes beim Landgericht Berlin eine Einstweilige Verfügung beantragt. Die Richter teilten Kurths Auffassung und gaben seinem Antrag statt.

Eon hatte nach Aussagen von Konzernsprecherin Petra Uhlmann keine andere Wahl, als den Privatisierungsvertrag mit Berlin in diesem einen Punkt - der Haltedauer der Aktien - zu brechen. Im Zuge des Fusionsprüfungsverfahrens der Brüsseler Wettbewerbskommission habe sich Eon dazu verpflichten "müssen", die Anteile von Preussen Elektra und Bayernwerk an der Bewag zu verkaufen, sagte Uhlmann. Ohne diese Zusage wäre die Fusion in Brüssel nicht genehmigt worden.

Für Hans-Peter Schwintowski, Professor für Wettbewerbsrecht an der Berliner Humboldt-Universität, liegt der Fall im Prinzip klar auf der Hand: Der Privatisierungsvertrag mit dem Land Berlin ist, wenn er europäischen Rechtsnormen widerspricht, nichtig. Dies sei auch der Fall, wenn der Vertrag lange zurückliege und die EU-Wettbewerbsbehörde erst in diesem Jahr die Fusions-Auflagen für Eon ausgesprochen hat, erläuterte Schwintowski dem Tagesspiegel am Dienstag. Die gesetzte Rechtsnorm breche den Vertrag. Folgenschwer sowohl für die beteiligten Unternehmen als auch die Kartellbehörden könnte es allerdings nach Auffassung des Berliner Experten werden, wenn das Land Berlin auf seiner Rechtsposition beharre und die Fusionsauflagen der Kartellbehörde in einem langwierigen Verfahren gerichtlich prüfen ließe.

asi

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