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Dach über dem Kopf. Der Bedarf an Wohnraum ist in Deutschland derzeit größer als das Angebot.

© picture-alliance/ dpa

Bezahlbarer Wohnraum: Mieterbund fordert bessere Häuser für kleines Geld

Nicht nur in Metropolen wie Berlin boomt das Geschäft mit Luxuswohnungen. Zehntausende bezahlbare Mietwohnungen fehlen. Mieterbund und Wirtschaft sehen den Staat in der Bringschuld.

Wenig Raum, viele Interessenten: Die Kluft zwischen Angebot und Nachfrage am deutschen Immobilienmarkt hat in den vergangenen Jahren die Preise für Kauf und Miete von Wohnungen und Häusern in die Höhe schnellen lassen. Besonders in Großstädten und Ballungszentren dauert die Suche nach einem bezahlbaren Dach über dem Kopf oft Monate, kostet Nerven und bringt vor allem einkommenschwache Singles, Studierende und Familien oft an den Rand der Verzweiflung.

Ein Bündnis aus Deutschem Mieterbund und sieben Wirtschaftsverbänden hat jetzt die Politik dazu aufgerufen, der seit langem bekannten und von vielen beklagten Misere am Wohnungsmarkt endlich Einhalt zu gebieten – und dafür eine Reihe von Vorschlägen auf den Tisch gelegt. „Wir brauchen neue Wohnungen insbesondere im mittleren und unteren Preissegment“, sagte Mieterbund-Geschäftsführer Lukas Siebenkotten am Mittwoch in Berlin.

Verbände: 40.000 Mietwohnungen fehlen

Um kleine und mittlere Einkommensschichten nicht vom Wohnungsmarkt abzukoppeln, müssen aus Sicht des „Verbändebündnis Wohnungsbau“ in Deutschland vor allem die Kaltmieten für Neubauwohnungen sinken. „Der Markt alleine wird es nicht richten“, warnte der Präsident des Gesamtverbandes der Wohnungswirtschaft, Axel Gedaschko.

40.000 Mietwohnungen müssten nach den Berechnungen des Bündnisses pro Jahr in Deutschland zusätzlich gebaut werden, um den Bedarf zu decken. Zwar drehen sich vielerorts die Kräne: Allein von Januar bis Juni genehmigten die Behörden laut Statistischem Bundesamt bundesweit 137.000 neue Wohnungen, knapp zehn Prozent mehr als ein Jahr zuvor.

Leerstand so niedrig wie seit 20 Jahren nicht

Wenn der Richtkranz hochgezogen wird, stehen jedoch oft Limousinen und schwere Geländewagen vor dem Bauzaun. Luxusdachgeschosse und Lofts haben sich nicht nur in der Hauptstadt, sondern auch in vielen anderen Metropolen glänzend verkauft; nicht selten wurde dort zu Preisen von 3500 bis 4500 Euro je Quadratmeter gebaut.

Günstige Wohnungen sind dagegen vielerorts kaum noch zu finden. Von den landes- und genossenschaftseigenen Wohnungen in Berlin beispielsweise steht durchschnittlich nur noch jede fünfzigste Wohnung leer, so wenig wie seit mindestens 1995 nicht – ältere Zahlen hat der Verband Berlin-Brandenburger Wohnungsunternehmen nicht. Und wer eine günstige Innenstadtwohnung hat, will sie am liebsten gar nicht mehr hergeben – die Umzugsquote in Berlin sinkt weiter.

Ein Drittel für die Miete ist vertretbar

Nach dem Willen des Mieterbundes und der Immobilienbranche soll der Staat künftig vor allem den Wohnungsbau stärker fördern, um die Not am Wohnungsmarkt zu lindern – und das Mietniveau auch für kleine und mittlere Einkommensschichten auf einem erträglichen Level zu halten. Haushalte könnten bis zu einem Drittel ihrer Einkünfte für Miete ausgeben, sagte Wissenschaftler Matthias Günther vom Pestel-Institut in Hannover. Er hat im Auftrag des Wohnungsbau-Bündnisses ausgerechnet, wie sich die Mieten für Neubauwohnungen drücken lassen.

Die Forscher nennen in ihrer Studie drei Stellschrauben, um das zu bewerkstelligen. Zum einen sollten Bauherren künftig jährlich drei oder vier statt bisher zwei Prozent der Baukosten von der Steuer absetzen dürfen, fordern die Wissenschaftler. Durch öffentliche Förderprogramme ließen sich zudem die Finanzierungskosten für Neubauwohnungen um ein Prozent senken.

Staat soll die Grundstücke billiger verkaufen

Aber auch Bund und Kommunen sehen die Studienautoren in der Pflicht: Sie sollten Grundstücke für Mietwohnungsbau in Zukunft 25 Prozent billiger als bisher anbieten. Seien alle Forderungen erfüllt, ließen sich die Kaltmieten um bis zu 4,14 Euro je Quadratmeter senken, sagte Günther.

Die Gesamtkosten ihrer Vorschläge für bezahlbares Wohnen nannten die Wirtschaftsverbände allerdings nicht. Sie betonten aber, das Programm werde sich für den Staat rechnen. „Der Bau der Häuser wird einen ordentlichen Schub an Steuern und Sozialabgaben bringen“, sagte Günther. Rund ein Drittel der Investitionskosten für Neubauten fließe so an den Staat zurück. mit dpa

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