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Wirtschaft: Bezahlsender kämpfen um ihre Existenz

Düsseldorf (abo/and/sk/HB). Das Bezahlfernsehen in Europa befindet sich in einer tiefen Krise.

Düsseldorf (abo/and/sk/HB). Das Bezahlfernsehen in Europa befindet sich in einer tiefen Krise. Während der deutsche Bezahlsender Premiere noch ums Überleben kämpft, ist der spanische Pay-TV-Sender Quiero bereits am Ende. Die Eigentümer des hoch verschuldeten Medienunternehmens beschlossen auf einer außerordentlichen Aktionärsversammlung in Madrid, den Sender zu schließen. Käufer gibt es für die Digitalplattform, die zu 49 Prozent der Telekomfirma Auna gehört, nicht. In den zwei Jahren seines Bestehens hat Quiero TV rund 400 Millionen Euro Schulden angehäuft; mittlerweile ist von einem Minus von 24 Millionen Euro monatlich die Rede.

Zu Tausenden kehrten die Zuschauer Quiero TV den Rücken: In Spitzenzeiten soll das Unternehmen 210 000 Abonnenten gehabt haben. Jetzt sind es nach Auna-Angaben nur noch 95 000. Dabei waren die Pläne beim Start im Mai 2000 überaus ehrgeizig: Quiero TV wollte den beiden anderen spanischen Pay-TV-Sendern Vía Digital (Telefónica/RTL Group) und Canal Satelite Digital (Sogecable) kräftig Konkurrenz machen. Experten hatten aber schon damals vor einem dritten Bezahlfernsehsender gewarnt. Für diesen gebe es in Spanien keinen ausreichenden Markt. Inzwischen gibt es sogar Zweifel daran, dass die beiden großen Pay-TV-Sender noch lange nebeneinander bestehen können: Die Gerüchte über eine Zusammenlegung der Pay-TV-Aktivitäten häufen sich. Denn Vía Digital (800 000 Abonnenten) fuhr vergangenes Jahr 339 Millionen Euro Verlust ein. Sogar Marktführer Canal Satelite Digital mit seinen 1,2 Millionen Abonnenten lag nach spanischen Zeitungsberichten bei einem Minus von 28 Millionen Euro.

Auch in Großritannien droht einem Pay-TV-Sender die Pleite: Der zweitgrößte Bezahlsender ITV Digital steht vor dem endgültigen Aus. Der bereits seit Ende März unter Zwangsverwaltung stehende Anbieter wird möglicherweise schon an diesem Montag abgeschaltet. Die beiden Eigentümer, die Medienkonzerne Granada und Carlton, sind nicht bereit, noch mehr Geld in das erst 1999 gestartete Unternehmen zu stecken. ITV Digital "verbrennt" momentan rund eine Millionen britische Pfund pro Tag; dem Sender laufen die Kunden in Scharen davon. Das schreckt potenzielle Investoren ab. Nun soll ITV Digital möglicherweise in Einzelteilen an den Mann gebracht werden, doch auch hier üben sich Käufer in Zurückhaltung. Als Gewinner auf der britischen Fernsehmarkt gilt vor allem der von Rupert Murdoch kontrollierte Satelliten-Anbieter BSkyB. Der mit 5,7 Millionen Abonnenten klare Marktführer hofft, dass viele der verärgerten 1,2 Millionen ITV-Kunden zu BSkyB wechseln. Schlechte Programme und schwache Sendestärke haben zum Kollaps von ITV Digital geführt. Den Rest gab dem Sender der Poker um die Fußball-TV-Rechte. ITV stach die große BBC aus - musste aber für die Rechte an der zweiten englischen Fußballiga 315 Millionen Pfund bezahlen.

In Frankreich ist Jean-Marie Messier, Chef des Medienkonzerns Vivendi Universal, entschlossen, seine verlustbringende Sendergruppe Canal Plus stärker an die Kandarre zu nehmen. "Wir haben keine Lust mehr, für Canal Plus den Banker mit den Blankoschecks zu spielen", rüffelte der Vorstandschef das Management. Vor zwei Wochen feuerte Messsier Hauptgeschäftsführer Denis Oliviennes, vor zehn Tagen Gründungsmitglied Pierre Lescure. Jetzt soll ein harter Sparkurs die Wende bringen. Das hatte zu Protesten in der Belegschaft und der Öffentlichkeit geführt. Der neue Chef für das operative geschäft, Xavier Couture, soll die Gruppe wieder auf Kurs bringen. Zum neuen Chef von Canal Plus (1,5 Milliarden Euro Umsatz) wurde am Freitag von der Hauptversammlung Dominique Farrugia gewählt. Allerdings sind die Ergebnisse der Hauptversamlung hinfällig. Hacker drangen in das Computersystem ein und manipulierten die Abstimmungen. Die Hauptversammlung wird am 3. Juni wiederholt.

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