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Wirtschaft: „Bier wird teurer“

Peter Rikowski, Marketing-Chef von Bitburger, über das WM-Geschäft, Billigbiere und weibliche Kunden

Herr Rikowski, wie schmeckt Ihnen „Bud“-Bier?

Also, ich persönlich trinke lieber Bitburger.

Immerhin haben Sie es als einzige deutsche Brauerei geschafft, Ihr Bier neben Anheuser-Buschs „Bud“ in den WM-Stadien zu verkaufen. Wie halten es die Fußball-Fans: „Bud“ oder „Bit“?

Wir verkaufen auf jeden Fall viel mehr als sonst. Schon im Mai, im Vorfeld der WM, konnten wir den Absatz um zwölf Prozent im Vergleich zum Vorjahr steigern, das Gleiche werden wir auch im Juni schaffen. Allerdings schwankt der Absatz stark. Wenn das deutsche Team spielt, verkaufen wir deutlich mehr.

Sind Ihre Absatzzahlen nur wegen der WM so gut oder liegt das am Wetter?

Es gibt einen deutlichen WM-Push. Es wird einfach mehr getrunken, wenn Fußball gespielt wird. Aber das Wetter passt natürlich auch dazu.

Werden Sie eine Runde Freibier spendieren, wenn Deutschland Weltmeister wird?

Ich rechne fest mit einem deutschen Sieg. Und dann werden wir uns sicher etwas einfallen lassen für die Fans.

Ihr Konkurrent Radeberger schiebt wegen der WM Sonderschichten. Sie auch?

Ja, wir arbeiten im Hochbetrieb, um mit den Lieferungen hinterherzukommen. Aber es gibt noch keine Engpässe.

Während der WM herrscht zwar Ausnahmezustand, aber finden Sie den Preis von vier Euro für einen 0,4-Liter-Becher Bier im Stadion nicht trotzdem übertrieben?

Wir haben keine Beschwerden gehört. Man darf nicht vergessen, dass wir großen Aufwand treiben, um die Stadien mit Bier zu beliefern. Insofern ist das ein angemessener Preis. Bei einem Rolling-Stones-Konzert ist Bier auch nicht billiger.

Ihr größter Konkurrent Krombacher verkauft trotz Stadion-Verbot mehr WM-Bier als Bitburger. Profitieren Sie denn gar nicht von der Stadion-Präsenz?

Doch, aber hier geht es eher darum, die Markenbekanntheit zu steigern, das lässt sich nicht unbedingt an den Absatzzahlen ablesen. In den Stadien sind während der WM insgesamt rund drei Millionen Menschen. Bitburger beliefert ein Drittel der Ausschank-Stellen in den Stadien, den Rest bedient unser Lizenzpartner Anheuser-Busch. Wenn ein Fan im Durchschnitt einen halben Liter pro Spiel trinkt, können wir zufrieden sein, aber im Vergleich zu dem, was wir sonst verkaufen, ist das wenig. Beim Bierabsatz sind die Stadien nicht das Entscheidende.

Sondern?

Als größte deutsche Gastronomie-Marke ist für uns der Umsatz in Hotels, Kneipen und bei zigtausenden von Veranstaltungen rund um die WM entscheidend. Hier haben alle Biermarken kräftig zugelegt.

Der deutsche Biermarkt schrumpft jedes Jahr um ein Prozent. Erwarten Sie, dass der große Durst nach der WM anhält?

Nur weil die deutsche Mannschaft ins Halbfinale gekommen ist oder vielleicht sogar Weltmeister wird, wird sich nicht gleich die ganze Konjunktur verändern. Den grundsätzlichen Trend des deutschen Biermarktes wird die WM nicht umdrehen können. Ich befürchte, dass der Bierabsatz nach dem Endspiel zu seiner normalen Form zurückkehrt.

Haben Sie trotzdem noch die Hoffnung, dass der deutsche Bierabsatz in diesem Jahr erstmals wieder steigen könnte?

Wenn wir Glück haben, wird die Branche etwas zulegen. Ich rechne mit maximal einem Prozent.

Woran liegt es, dass die Deutschen immer weniger Lust auf Bier haben?

Es ist nicht nur der Durst. Die Billiganbieter werden immer stärker, weil immer mehr Menschen im Discounter einkaufen. Für 50 Prozent der Bevölkerung ist der Preis ein wichtiges Kaufargument.

Werden Sie den Bierpreis also senken, um mithalten zu können?

Nein, da können wir nicht mitspielen, das wollen wir auch nicht. Denn auf der anderen Seite werden auch Premiumanbieter stärker. Davon können wir als Marke profitieren.

2007 wird die Mehrwertsteuer um drei Prozent erhöht. Wird Bier dann teurer?

Das ist keine Entscheidung der Brauereien, sondern des Handels.

Und womit rechnen Sie?

Dass die drei Prozent eins zu eins weitergegeben werden. Denn weder Handel noch Industrie werden in der Lage sein, diese Erhöhung zu schlucken, dazu sind die Margen zu dünn. Die Brauindustrie ist eine sehr energieintensive Branche und wird zusätzlich durch die hohen Energiekosten belastet. Eigentlich müssten wir die Preise schon jetzt erhöhen, das wäre sogar dringend notwendig – unabhängig von der Mehrwertsteuer.

Warum machen Sie das dann nicht?

Weil sich Preiserhöhungen nicht gerade anregend auf das Kaufverhalten der Verbraucher auswirken. Aber für die zweite Jahreshälfte schließe ich Preiserhöhungen nicht aus.

Auch bei Bitburger ist der Absatz im vergangenen Jahr zurückgegangen, sogar noch stärker als im Branchendurchschnitt. Was tun Sie dagegen?

Es ist richtig, dass der Absatz mit Pils und kalorienreduziertem Bier gesunken ist, Mischgetränke legen dagegen zweistellig zu. Hier erwarten wir auch künftig das stärkste Wachstum und investieren darum jährlich zwei Millionen Euro in neue Produkte.

Allein in diesem Jahr haben Sie in der Bitburger-Gruppe fünf neue Bier-Mixgetränke auf den Markt gebracht, zuletzt „Bit Passion“, ein Bier mit Granatapfelgeschmack. Wer kauft diesen süßen Mix?

Andere Leute als die, die normalerweise Pils kaufen. Wir haben es geschafft, die Zielgruppe auszuweiten, auf immer mehr junge Leute und Frauen, die inzwischen 50 Prozent der Käufer von Mixgetränken ausmachen.

Der deutsche Biermarkt hat ausländische Konzerne lange abgeschreckt. Jetzt drängen mit der dänischen Carlsberg-Gruppe und der belgischen Inbev große Investoren auf den Markt. Werden weitere folgen?

Oh ja, in den nächsten fünf Jahren wird hier viel passieren. In Deutschland teilen sich die größten fünf Brauer 50 Prozent des Marktes, ich bin mir sicher, dass die Konsolidierung weitergehen wird. Der Markt ist mit mehr als 1200 regionalen Brauern noch sehr zersplittert und der Preisdruck gewaltig.

Ist das das Ende kleiner Marken?

Nein. Auch wenn es weitere Übernahmen geben wird, bleiben die regionalen Marken mit Rücksicht auf die deutschen Trinkgewohnheiten erhalten.

Planen Sie selbst Zukäufe in Deutschland?

Wenn sich eine günstige Gelegenheit bietet, werden wir nicht nein sagen.

Es gibt Spekulationen, dass Sie Ihre Vertriebs-Kooperation mit Anheuser-Bush nach der WM dauerhaft fortsetzen. Können Sie das bestätigen?

Nein, die Kooperation endet mit der WM. Für Anheuser-Busch ist der deutsche Markt im Weltmaßstab gesehen nicht sehr spannend, weil er sehr klein ist. Das sind Peanuts. Der US-Konzern produziert an einem Tag so viel wie alle deutschen Brauereien zusammen.

Das Gespräch führte Maren Peters.

Zur Person:

DER MANAGER

Peter Rikowski (42) hat seine Karriere beim Kaffeeröster Tchibo begonnen. Vor vier Jahren wechselte er als Geschäftsführer für Marketing und Vertrieb zu Bitburger in die Eifel und ist in dieser Funktion auch für das WM-Management verantwortlich. Im kommenden Jahr wird er zum Sprecher der Geschäftsführung aufsteigen.

DIE BRAUEREI

Bitburger ist eine der größten Brauereien Deutschlands. Zur Gruppe gehören die Marken Köstritzer, Wernesgrüner, Licher und der Mineralwasserhersteller Gerolsteiner. Bitburger darf als einzige deutsche Marke neben dem offiziellen Fifa-Sponsor Anheuser-Busch Bier in den WM-Stadien ausschenken. pet

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