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Vergleichen schwierig. Die Benzinpreise waren in den vergangenen Wochen auf Rekordwerte von über 1,70 Euro gestiegen.

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Billiger tanken: Senator Heilmann träumt von der Benzinpreis-App

Berlins Verbrauchersenator Thomas Heilmann (CDU) treibt seine Idee von einer Handy-App voran, die alle Spritpreise in Echtzeit anzeigen kann. Basis dafür wäre ein neues Bundesgesetz. Die Chancen dafür stehen nicht schlecht.

Berlins Senator für Justiz und Verbraucherschutz, Thomas Heilmann (CDU), hatte mehr als einmal den richtigen Riecher. So erkannte er zum Beispiel recht früh das Potenzial einer Software aus den USA, die Menschen das Leben einfacher machen soll. Er kaufte Anteile der Firma und verkaufte diese wieder, als sich ihr Wert verzehnfacht hatte. Diese Firma hieß Facebook.

Vielleicht ist das ein Grund, warum seine jüngste Software-Idee dieser Tage auch im Detail von den Fachpolitikern und ihren Referenten im Bundestag diskutiert wird. Die Idee ist einfach, die Umsetzung allerdings, wie so oft, nicht: Es geht um ein kleines Programm, eine sogenannte App, die sich jeder Autofahrer auf sein Handy laden kann. Damit soll er stets minutengenau nachschauen können, welche Preise die Tankstellen in seiner Nähe für die jeweils gewünschte Spritsorte verlangen. Ganz aktuell.

So etwas gibt es bis heute nicht. Niemand hierzulande kann verlässlich sagen, was ein Liter Diesel oder Benzin aktuell an jedem Ort kostet. Es gibt rund 14 700 Tankstellen, von der einige ihre Preise für jede Spritsorte 20 mal und häufiger in der Woche ändern. Waren vor zwei Jahren noch Preissprünge von drei bis vier Cent je Liter üblich, registrieren Marktbeobachter heutzutage Sprünge um bis zu 14 Cent. Verbraucherschützer werfen der Mineralölindustrie vor, dass diese Unübersichtlichkeit System habe – sie solle Autofahrer von dem Versuch abhalten, die jeweils günstigste Tankstelle in der Nähe anzusteuern. Die Mineralölwirtschaft nennt das freien Wettbewerb.

Berlins Senator für Verbraucher und Justiz, Thomas Heilmann (CDU), hatte schon mit Facebook den richtigen Riecher.
Berlins Senator für Verbraucher und Justiz, Thomas Heilmann (CDU), hatte schon mit Facebook den richtigen Riecher.

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Angesichts eines insgesamt hohen Spritpreisniveaus haben Politiker aus Bund und Ländern im Frühjahr verschiedene Modelle vorgestellt, mit der man Transparenz auf dem Tankstellenmarkt herstellen kann. Diskutiert und in den Bundesrat eingebracht wurde unter anderem eine Abwandlung des österreichischen Modells. Dort dürfen Tankstellenbetreiber ihre Preise nur einmal täglich ändern. Auch beliebt, und Basis für die Idee von Berlins Senator Heilmann, ist das sogenannte west-australische Modell. In dem dortigen Bundesstaat müssen alle Tankstellenbetreiber ihre aktuellen Preise veröffentlichen.

Das Bundeswirtschaftsministerium unter Philipp Rösler (FDP) versuchte Anfang des Jahres sogar den ganz großen Wurf und legte im Mai einen 50-Seitigen Gesetzentwurf zur Gründung einer Marktpreistransparenzstelle vor, die man beim Bundeskartellamt andocken könnte. Diese Stelle solle Marktdaten für Strom, Gas und eben Kraftstoffe sammeln und teilweise der Öffentlichkeit bereitstellen.

Dieser Entwurf sieht unter anderem vor, dass die Mineralölgesellschaften bisher vertrauliche Daten – etwa Einkaufspreise, Endkundenpreise, Margen – übermitteln sollen – allerdings nur einmal in der Woche. Es wären Daten, die mit ihrer Veröffentlichung schon veraltet wären und somit keinen praktischen Nutzen für Autofahrer hätten, dachte sich der Berliner Heilmann. Also schrieb er noch vor der Sommerpause einen Brief an die Fraktionschefs von FDP und Union im Bundestag und stellte sein Modell vor: Die Unternehmen sollten alle Preise von allen Tankstellen sofort nach Änderungen öffentlich machen.

Der Vorschlag fand Anklang beim Automobilclub ADAC, der derzeit selbst jede Woche eine Umfrage unter ausgewählten Tankstellen in Deutschland durchführt, um daraus einen Durchschnittspreis zu errechnen. Auch Kartellamt und Röslers Wirtschaftsministerium sollen relativ schnell offen für die Idee gewesen sein. Eine Sommerpause und diverse Gespräche seit Heilmann den Vorschlag gemacht hat, scheint er sich fast sicher, dass die Spritpreis-App kommt: „Die Wahrscheinlichkeit, dass die Regelung beschlossen wird, ist sehr groß“, sagte Heilmann am Montag in Berlin. Er sei optimistisch, dass es Anfang kommenden Jahres ein Gesetz geben werde, dass den Verbrauchern helfen werde, beim Tanken Geld zu sparen.

Weder Heilmann noch das Kartellamt wollen selbst ein Handy-Programm, das Bürgern alle aktuellen Spritpreisdaten an die Hand gibt, entwickeln oder herausbringen. Dort geht man davon aus, dass sich binnen kürzester Zeit sehr viele IT-Entwickler finden würden, die diesen staatlich verordneten Spritpreisdatensatz anschaulich aufbereiten würden. Bei schon etablierten Anbietern solcher Dienstleistungen, etwa der Clever Tanken GmbH aus Nürnberg, hat man ein ambivalentes Verhältnis. Die Firma mit zwölf Mitarbeitern speist bis zu 50 000 Preisänderungen täglich in ihre Potale für PC und Handys ein. "Wenn die Daten zentral gesammelt werden würden, würde das die Beschaffung vereinfachen - natürlich auch für die Konkurrenz, die nicht so guter Kontakte hat", sagt Geschäftsführer Steffen Bock Tagesspiegel.de. Allerdings sei das nur der erste Schritt. "Es gehört auch viel Erfahrung dazu, den Datensatz nutzerfreundlich aufzubereiten". Insofern geht er davon aus, dass ein neues Gesetz seiner Firma und auch anderen Profi-Tankstellenbeobachtern sogar noch einen Schub geben könnte.

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