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Geringfügig beschäftigt. Vor allem im Handel gibt es Minijobber und Teilzeitkräfte. Der Trend hat sich mit den immer längeren Öffnungszeiten noch verstärkt.

© picture alliance / dpa

Billiglöhne: Minijobber sind weiblich

Eine neue Studie der Böckler-Stiftung über den Arbeitsmarkt: Frauen sind überdurchschnittlich von atypischer Beschäftigung betroffen.

Berlin - Die meisten Frauen arbeiten hierzulande in Mini- oder Midijobs. „Was den weiblichen Teil der Arbeitnehmerschaft angeht, kann atypische Beschäftigung als ,neues Normalarbeitsverhältnis’ betrachtet werden“, schreibt die gewerkschaftseigene Hans-Böckler-Stiftung in einer Arbeitsmarktstudie. Danach ist inzwischen mehr als ein Drittel aller Arbeitnehmer „von Leiharbeit, Mini- und Midijobs betroffen, arbeitet in Teilzeit oder befristet“. Vor 20 Jahren waren es 20 Prozent. Vor allem wegen der starken Inanspruchnahme von Teilzeit arbeiten nur 45 Prozent aller Frauen in einem normalen Arbeitsverhältnis, bei den Männern liegt die Quote mit 87 Prozent fast doppelt so hoch.

Die Gewerkschaften beklagen seit langem die Ausweitung des Niedriglohnsektors und fordern eine Re-Regulierung des Arbeitsmarktes, unter anderem durch die Einführung eines Mindestlohns und Equal Pay, also gleicher Bezahlung, in der Leiharbeit.

„Von einer generellen Erosion des Normalarbeitsverhältnisses kann keine Rede sein“, hieß es dagegen am Freitag bei der Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände (BDA). Als Beleg führte die BDA Rechnungen des Statistischen Bundesamtes an, wonach zwischen 2006 und 2011 die Zahl abhängig Beschäftigter in einem Normalarbeitsverhältnis um 1,5 Millionen gestiegen ist, „während die Zahl der flexibel Beschäftigten nur um rund 450 000 zugelegt hat“. Die Arbeitgeber bekräftigten ihre Auffassung, dass „insbesondere Geringqualifizierte und Langzeitarbeitslose vom Zuwachs flexibler Beschäftigungsformen profitiert haben“.

Laut Statistik der Bundesagentur für Arbeit (BA) gibt es derzeit 7,4 Millionen Minijobber, vor zehn Jahren waren es zwei Millionen weniger. Vor allem in Dienstleistungsbranchen wie Gastgewerbe und Einzelhandel wird auf 400- Euro-Basis gearbeitet. „Hier lässt sich der Faktor Arbeit optimal nutzen, wenn er in Minijobs gestückelt zum Einsatz kommt“, schreiben die Arbeitsmarktforscher der BA. Längere Öffnungszeiten oder ein hohes Gästeaufkommen seien mit vielen kleinen Beschäftigungsverhältnissen „passgenauer“ zu bewältigen. Nach Erhebungen der Böckler-Stiftung braucht inzwischen jeder dritte Minijobber diese Nebentätigkeit, weil das Einkommen im Hauptjob nicht ausreicht. Dieser Personenkreis verdiene im Hauptjob im Schnitt 350 Euro weniger als Arbeitnehmer ohne Nebentätigkeit. „Zusätzlich zu ihrer Haupttätigkeit mit durchschnittlich 41 Wochenstunden wenden sie im Schnitt 5,3 Stunden für ihren Minijob auf“, hat das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut der Böckler- Stiftung herausgefunden.

„Mit weitem Abstand“, so die Wissenschaftler, „rangieren die Minijobber an der Spitze des Niedriglohnsektors“. Mehr als zwei Drittel der 7,4 Millionen Minijobber verdiene weniger als 8,50 Euro die Stunde und mehr als ein Viertel sogar weniger als fünf Euro. Vier Fünftel aller Minijobber sind weiblich. Dabei sind Alleinerziehende überproportional vertreten. Viele Frauen hätten aufgrund ihrer Versorgungsverpflichtungen kaum Zeit für Vollzeitarbeit und müssten sich deshalb für einen Minijob oder Teilzeit entscheiden, vermuten die Böckler-Wissenschaftler. Alles in allem bekommen 58 Prozent aller atypisch Beschäftigten nur einen Niedriglohn.

Zur atypischen Beschäftigung zählt neben den Minijobs auch die Teilzeitarbeit, befristete Beschäftigung und Leiharbeit. Am weitesten verbreitet ist dabei die Teilzeitarbeit mit gut 26 Prozent aller abhängig Beschäftigten. Die stetige Ausweitung der Teilzeit erklärten die Arbeitsmarktforscher mit der zunehmenden Erwerbstätigkeit von Frauen, die mehr als 80 Prozent aller Teilzeitbeschäftigten ausmachen. „Nur ein Teil entscheidet sich freiwillig dafür“, heißt es in der Böckler-Studie.

Wohl kaum freiwillig lassen sich Arbeitnehmer auf befristete Arbeitsverhältnisse ein. Inzwischen ist jeder zehnte Arbeitsvertrag auf Zeit abgeschlossen. Bei jungen Leuten ist die Befristung zum „typischen Start in das Erwerbsleben“ geworden. Fast ein Fünftel aller Arbeitnehmer unter 25 Jahren ist befristet beschäftigt. Bei einer Befragung gab knapp die Hälfte an, keinen unbefristeten Job gefunden zu haben.

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