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Bionade

© ddp

Bionade: "Der ganze Markt gehört uns"

Bionade soll auch international ein Renner werden, sagt Geschäftsführer Peter Kowalsky im Tagesspiegel-Interview. Das Rezept für eine neue Sorte hat er bereits in der Schublade.

Herr Kowalsky, wie sehr ist der heutige Bio-Boom übertrieben?

Bio hat seine Grenzen. Früher stand „Bio“ oder „Öko“ für einen besseren Umgang mit der Umwelt und einen anständigen Umgang mit Tieren. Das hat sich heute sehr stark gedreht und ist fast zu einer Hysterie geworden. Die Leute kaufen Öko- oder Bio-Produkte teilweise nur, um ihr schlechtes Gewissen ein bisschen auf Vordermann zu bringen, und nicht unbedingt, weil sie qualitativ bessere Produkte suchen. Einerseits gibt es Dinge, da macht Öko sehr viel Sinn: bei den Grundnahrungsmitteln, also Produkten wie Milch, Käse oder Fleisch. Andererseits, ein Öko-Bier oder ein Öko-Wein müssen nicht zwingend besser schmecken. Und bei Öko-Zigaretten oder Öko- Schnaps hört es für mich sowieso mit der Sinnhaftigkeit von Öko auf.

Wofür steht denn das „Bio“ in Bionade?

Bionade ist kein Produkt, das seinen Ursprung im Bio-Boom hat, sondern in der biologischen Herstellungsweise. Für uns war wichtig, dass es wie Bier hergestellt wird: mit Hilfe von Mikroorganismen durch Fermentation. Das ist ein biologischer Vorgang, und die Uridee war eben auch, eine Limo nach dem Reinheitsgebot herzustellen. Genau wie beim Bier macht man etwas auf biologischem Weg und verzichtet freiwillig, wie beim Reinheitsgebot des Bieres, auf Chemie oder Zusätze, die nicht natürlichen Ursprungs sind.

Lässt sich der Erfolg von Bionade nicht vor allem durch den Bio-Boom erklären?

Nein. Ich glaube, dass sehr viele Bionade-Trinker gar nicht wissen, dass das ein Bio-Produkt ist. Es ist auch nicht wichtig, dass die Leute das wissen. Es ist aber wichtig, dass Bio drin ist, sonst würde es nicht so gut schmecken.

Sie werben für Bionade als das „Offizielle Getränk einer besseren Welt“. Verkaufen Sie ernsthaft eine bessere Welt?

Wir versuchen es. Mit einem zwinkernden Auge und einem ernsten. Wir haben uns lange gefragt, ob man so etwas überhaupt sagen darf, als Getränk. Jetzt ist es aber so, dass Bionade von vornherein als ein besseres Produkt für Kinder angelegt war, dass wirklich auch einen positiven Beitrag leistet und nicht nur den Profit im Vordergrund hat...

...sondern eine bessere Welt?

Das Thema bessere Welt ist durchaus ernst gemeint. Weil wir der Meinung sind, dass ein bisschen mehr Anstand und ein bisschen mehr Miteinander und vor allem auch Füreinander der ganzen Welt nicht schaden würde. Da kommt eigentlich auch die Idee der Bionade her. Wir versuchen auf unsere Art und Weise einen Beitrag zu leisten, der über das Geldverdienen hinausgeht. Wir stellen ein Produkt zur Verfügung – und zwar für alle –, das jetzt wirklich etwas verbessern kann. Wenn die Leute es annehmen.

Was genau wird durch Bionade besser?

Wir verbessern die Ernährung. Die spannende Frage war ja vor zehn Jahren: Ist das überhaupt ein Produkt, das die Leute haben wollen? Das wussten wir ja alles nicht. Wir wussten nur, dass wir etwas anderes und besseres herstellen mussten, als das, was es auf dem Markt gab. Und unser Ansatz war gesunde Ernährung, bessere Inhaltsstoffe, Qualität. Um so einen positiven Beitrag zu leisten.

Inzwischen bringen andere Abfüller Produkte wie Bioaqa, Bios oder Maltonade auf den Markt – wie beurteilen Sie das?

Da passieren zwei Dinge: Erst einmal regt man sich fürchterlich drüber auf. Weil diese Produkte ja nur da sind, weil man selbst so hart und so viel gearbeitet hat. Auf der anderen Seite sagt zum Beispiel unser Markenanwalt: Das Plagiat ist die höchste Form der Anerkennung. Das heißt, dass wir eine Menge richtig gemacht haben. Bionade hat die riesige Chance, ein Original wie Red Bull, Coca-Cola, Tempo oder Nivea zu werden. Wir haben allein durch den Namen die Möglichkeit, für diese Gattung zu stehen, die wir da aufgemacht haben: die der fermentierten Produkte. Wobei das genau das ist, was mich so aufregt: Keines der Imitate ist fermentiert, die gaukeln da etwas vor, was sie gar nicht sind.

Erwägen Sie keine rechtlichen Schritte?

Doch. Wir werden gegen alles rechtliche Schritte einleiten, was sich auch nur optisch einer Imitation an Bionade annähert. Da kommen wieder die Kinder ins Spiel. Es gibt sehr viele Schulen, die inzwischen Bionade aufgenommen haben. Und Kinder, die noch nicht lesen können, denken jetzt, dass ein Bioaqa eine Bionade-Variante in einer 0,7-Liter-Sprudelflasche ist. Dagegen gehen wir vor, weil das eine sehr hinterhältige Art der Täuschung ist, und Kinder den Unterschied noch nicht erkennen können.

Und damit kommen Sie durch?

Ja, wir haben bereits gegen einige Produkte einstweilige Verfügungen erwirkt, und wenn man in den nächsten Wochen durch die Lande zieht, wird man manche Produkte gar nicht mehr finden.

Coca-Cola hat Ihnen ein Kaufangebot unterbreitet – wie läuft so etwas ab?

Das ist ganz unspektakulär. Die rufen an, dann fährt man da hin und trifft sich mit den Leuten, die so etwas entscheiden. In meinem Fall war das in der Zentrale in Berlin. Die fragen recht unspektakulär, so nach amerikanischer Art, ob du verkaufen willst oder nicht. Das Ganze war nach zehn Minuten beendet. Danach haben wir noch eine Viertelstunde schön geredet und dann bin ich wieder rausgegangen. Das ist wirklich unspektakulärer, als man vermutet. Und wenn man sagt „Nein, wir verkaufen nicht“, sind die auch völlig schmerzfrei.

Aber hat denn nicht Bionade den Vertrieb an Coca-Cola abgetreten?

Nein und nochmals nein, Coca-Cola ist lediglich einer von vielen Getränkefachgroßhändlern, die unter anderem auch Bionade vertreiben.

Schmeckt Ihnen Coca-Cola?

Coca-Cola ist kein schlechtes Produkt. Nur können die Leute nicht damit umgehen. Jeder Mensch weiß, dass es schädlich ist, wenn man jeden Tag zwei Tafeln Schokolade isst. Die Leute wissen aber scheinbar nicht, dass es schädlich ist, wenn man jeden Tag zwei Liter Coca- Cola trinkt. Und es ist natürlich schlecht, dass ein solcher Konzern da mitmacht.

Wann kommt die nächste neue Bionade- Sorte auf den Markt?

Wir haben sie schon in der Schublade. Die wird von der Art des Geschmacks her aus heimischen Gefilden kommen, also etwas, was hier wächst. Mehr kann ich aber noch nicht verraten, weil wir die erst rausholen, wenn ein wirklich ernst zu nehmender Wettbewerb kommt.

Wenn es enger wird, schlagen Sie zu?

Genau. Wir haben ja momentan eine sehr kommode Situation, dass wir eigentlich die Einzigen sind. Der ganze Markt gehört uns, das ist fast so etwas wie ein Monopol. Aber das wird nicht mehr lange so sein. Und erst dann wird es ja spannend, ob wir wirklich so gut sind, dass wir uns auch behaupten können.

Wie läuft Bionade im Ausland?

Wir haben in Österreich und der Schweiz einen flächendeckenden Vertrieb. Wir haben in Italien, Portugal, Schweden, Finnland und den Benelux-Ländern angefangen. Als Nächstes kommen Irland, Spanien, aber auch Länder wie Kanada oder die USA dazu. Von der Strategie her fangen wir dort genauso an wie in Deutschland: Wir lassen den Verbraucher Bionade entdecken, und wenn er es gut findet, kann er es kaufen und weitertrinken.

Im Englischen heißt Bionade „Bei-o-nejd“?

Davon können Sie ausgehen. Wobei wir selbst immer Bionade sagen werden. Bionade steht ja auch für made in Germany. Die Deutschen sind eben die Turbo-Ökos überhaupt auf der Welt. Wir bauen die energiesparendsten Häuser, wir machen Hightech-Autos, die am wenigsten die Umwelt belasten, wir sind die besten Mülltrenner, wir nutzen Solarkraft. Warum soll so ein Produkt nicht weltweit seinen deutschen Namen behalten? Ich hätte nichts dagegen. Man muss nicht immer alles englisch aussprechen.

Geraten Sie mit dem ökologischen Ansatz nicht auch an Grenzen? Gibt es Situationen, wo Sie Kompromisse eingehen?

Natürlich, die gibt es permanent. Zum Beispiel verwende ich am liebsten Rübenzucker für Bionade. Es wird jetzt aber kein Rübenzucker in Öko-Qualität mehr in Europa angebaut. Also muss ich Rohrzucker kaufen, der von weit her kommt und nicht die Qualität hat, die ich erwarte. Das finde ich schlecht. Das ist für mich auch nicht mehr Öko, wenn ich irgendwo in Südafrika oder Südamerika irgendwelche Leute beschäftige, die garantiert nicht den Preis für ihre Arbeit bezahlt bekommen, der in Europa erwartet und gezahlt wird. Für mich ist es auch nicht unbedingt Öko, dass der Zucker einmal um die halbe Welt geschippert wird. Da müssen wir Konzessionen machen.

Vor Bionade haben Sie Bier gebraut. Warum ist der Bierkonsum in Deutschland in den letzten zehn Jahren zurückgegangen?

Der Hauptgrund ist, dass die Brauereien die letzten sind, die irgendetwas checken.

Was soll das heißen?

Bier ist nicht mehr zeitgemäß. Bier hat es – im Gegensatz zu Wein – nicht geschafft, ein zeitgemäßes, attraktives Konsumgut zu sein. Außer Beck’s und vielleicht noch Rothaus/Tannenzäpfle gibt es kein Bier in Deutschland, das so gesellschaftsfähig ist, dass die Leute sich damit gerne zeigen und es öffentlich trinken. Und daran sind nur die Brauereien schuld, weil sie aus Bier eine Monster-Besoffenen-Veranstaltung gemacht haben. Das beste Beispiel ist das Oktoberfest. Wie Bier dort präsentiert wird – das finden Sie auf diese Weise nirgends mit Wein. Wein wird zelebriert, Bier wird einfach nur vernichtet. Daran sind ausschließlich die Brauereien schuld, weil sie es verpasst haben, Bier gesellschaftsfähig zu halten.

Was müsste denn passieren, damit Bier wieder gesellschaftsfähiger wird?

Man müsste es ganz anders bewerben. Schauen Sie, ein Erdinger Weißbier vermarktet sein alkoholfreies Weißbier heute nicht mehr als alkoholfreies Weißbier, sondern als perfektes isotonisches Getränk nach dem Sport. Und was ist? Es läuft. Man muss die Dinge einfach zeitgemäß vermarkten. Wenn Sie heute das Fernsehen anmachen, dann sehen Sie bei einer Bierwerbung irgendwelche Gerstenfelder und Quellflüsse und Leute im Mittelalter auf Pferden herumgaloppieren – aber Sie sehen nichts, wo sich die Leute irgendwie wiederfinden können.

Das Interview führte Jakob Buhre

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