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Wirtschaft: Biotech-Firmen sind nur noch kurzfristig liquide

Branchenvertreter werfen Ministerin Künast Blockadehaltung vor und fordern Biopatentrichtlinie

Frankfurt (Main) (ro). Die deutsche BiotechBranche steckt zwar nicht in der Krise. Aber Gründungsfieber und Euphorie sind in der Biotechnologie in Deutschland erst einmal verflogen, sagte Peter Stadler, Vorsitzender der Deutschen Industrievereinigung Biotechnologie (DIB) am Mittwoch in Frankfurt (Main). Weniger Firmen, geringere Umsätze und schrumpfende Beschäftigtenzahlen – 2002 hat der Branche erstmals Einbußen beschert. Und im laufenden Jahr rechnet Stadler mit einem weiteren deutlichen Rückgang der Firmenzahl. Vor allem kleinere Unternehmen würden ausscheiden. „Etliche Firmen sind nur noch kurzfristig liquide.“

Im vergangenen Jahr schrumpfte der Umsatz der deutschen Biotech-Branche um drei Prozent auf gut eine Milliarde Euro, die Forschungsaufwendungen verringerten sich um elf Prozent auf rund 1,1 Milliarden Euro. Die Zahl der Beschäftigten sank um sieben Prozent auf 13400 Mitarbeiter.

Extrem schwierig ist mittlerweile die Beschaffung von Kapital, wie Stadler klagt. Die Börse scheidet derzeit ohnehin aus. Allerdings vermisst er neben dem Tec-Dax für Technologieunternehmen auch ein möglichst europaweites Börsensegment für kleinere Biotech-Firmen. Der Kapitalbedarf in der Branche sei zu groß für ein nationales Segment. Freilich sind auch Risikokapitalgeber angesichts der schwierigen Konjunkturlage vorsichtiger geworden: 2002 kürzten sie ihre Investitionen in Biotech-Firmen um mehr als die Hälfte auf 207 Millionen Euro.

Umso mehr schmerzt die Branche, wie Stadler betont, die angebliche „Blockadepolitik“ des Bundesministeriums für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft bei der „grünen“ Gentechnik. Dort herrsche praktisch Stillstand, obwohl die EU-Kommission mittlerweile viele Steine aus dem Weg geräumt und einen Aktionsplan zur Förderung der Biowissenschaft vorgelegt habe. „Die Bundesregierung sollte diese Chance ergreifen“, sagt der DIB-Vorsitzende. „Die Zeit drängt: Unternehmen und Fachkräfte wandern ins Ausland ab.“

Aber auch im „entscheidenden“ Segment Gesundheit stuft Stadler die Lage trotz steigender Umsätze der deutschen Biotech-Branche als kritisch ein. Ein echter Durchbruch bei der Entwicklung von marktreifen Wirkstoffen lasse weiter auf sich warten, obwohl Deutschland in Europa mit 360 Firmen trotz eines leichten Rückgangs weiter die höchste Zahl von Biotech-Unternehmen habe. Die 130 Firmen in der Schweiz besäßen aber deutlich mehr Wirkstoffe in der klinischen Erprobung. Nach wie vor bleiben aber die USA für die Biotech-Branche das Maß aller Dinge. Der Abstand zur Szene dort sei gewaltig und „er scheint sich eher zu vergrößern“, glaubt Stadler.

Rückenwind für die Branche muss nach Einschätzung des DIB vor allem von der Politik kommen: Die Mittelstandsinitiative und die geplante Beseitigung steuerlicher Hemmnisse wiesen in die richtige Richtung. Wichtig sei auch eine rasche Umsetzung der Biopatentrichtlinie. „Ohne ausreichenden Patentschutz wird man weder private Investoren und Risiko-Kapital-Gesellschaften für ein Investment gewinnen noch Kooperationen mit Pharmakonzernen abschließen können“, sagt Stadler.

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