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Wirtschaft: Bis Jahresende keine Buße für Maut-Muffel

Bundesamt will zum Start der Lkw-Maut großzügig sein / Stolpe hält an Terminplan fest

Berlin (fo). Das Bundesamt für den Güterverkehr (BAG) wird bei der Kontrolle der LkwMaut ab 31. August großzügig verfahren. „Bußgelder werden wir wohl für eine Übergangszeit von einem Vierteljahr nur mit Zurückhaltung verhängen“, sagte ein Sprecher des Amtes dem Tagesspiegel. Keine Nachsicht gebe es aber bei der Maut selbst. Die werde von den Lkw-Fahrern auf jeden Fall erhoben. Verkehrsminister Manfred Stolpe (SPD) bekräftigte unterdessen, dass eine Verschiebung des Starttermins „kein Thema“ ist. Dies forderte dagegen Niedersachsens Verkehrsminister Walter Hirche (FDP). Er befürchtet ein Chaos.

Die Bundesregierung hatte vor einem Jahr beschlossen, zum 31. August 12,4 Cent pro Kilometer von allen Lastwagen über 12 Tonnen zu erheben. Das Industriekonsortium Toll Collect, an dem die Deutsche Telekom und Daimler Chrysler mit jeweils 45 Prozent und der französische Autobahnbetreiber Cofiroute mit zehn Prozent beteiligt sind, wurde mit Vorbereitung und Betrieb beauftragt. Die Regierung rechnet mit jährlichen Einnahmen von 2,8 Milliarden Euro, in diesem Jahr immerhin noch mit 900 Millionen Euro. Toll Collect gilt als das ehrgeizigste Mautprojekt weltweit.

Strittig ist derzeit vor allem die Frage, ob zum Starttermin genügend Bordcomputer für die Lkw zur Verfügung stehen. Nach den Vereinbarungen des Verkehrsministeriums mit Toll Collect müssen bis Ende August 150 000 solcher Geräte geliefert sein. Mit dem Minister habe man kurzfristig die Lieferung weiterer 100 000 Geräte vereinbart, sagte Toll-Collect-Geschäftsführer Michael Rummel dem Tagesspiegel. Bis Ende August werden es nach seinen Angaben zwischen 150 000 und 200 000 sein. Doch selbst Stolpe hat Sorge, ob rechtzeitig genügend Bordcomputer zur Verfügung stehen.

Streit um die Bordcomputer

Für Lieferprobleme fühlt sich das Konsortium allerdings nicht verantwortlich. „Bis vor wenigen Wochen haben wir noch vom Boykott durch die Spediteure gesprochen“, wehrt sich Rummel gegen Vorwürfe. Deshalb habe Toll Collect anfangs vorsichtig kalkuliert. Jetzt habe der Run auf die Geräte eingesetzt und die Lieferanten Siemens, Grundig und VDO seien natürlich nicht in der Lage, die Produktion so schnell hochzufahren. Trotzdem versichert Rummel: „Zum Starttermin ist das System einsatzbereit.“

Ende des Jahres sollen laut Verkehrsministerium rund 500 000 Geräte ausgeliefert sein, insgesamt wird mit einem Bedarf von 800 000 Computern gerechnet. Nicht alle Lkw, die deutsche Autobahnen befahren wollen, müssen einen solchen Computer installieren. Die Maut kann auch an einem der geplanten 3500 Automaten, über ein Call-Center am Telefon oder per Internet bezahlt werden. Die Lastwagen müssen nur zuvor registriert werden. Laut Konsortium sind das jetzt, sechs Wochen vor dem Start rund 200 000 Lkw. Rund 500 neue Mitarbeiter des Bundesamtes für den Güterverkehr werden die Lkw auf den Autobahnen kontrollieren. Dafür müssen sie die Fahrzeuge nicht anhalten, über die Kennzeichen lässt sich per Telefon prüfen, ob der Lkw registriert und die befahrene Strecke angemeldet ist.

Hirche fordert Verschiebung auf 2004

Die Lastwagenunternehmer rechnen nicht mit einer pünktlichen Einführung des Mautsystems. Die Technik sei weder ausgereift, noch stünden die nötigen Geräte in ausreichender Zahl zur Verfügung, kritisiert der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Güterkraftverkehr, Karlheinz Schmidt. „Die werden die Maut nicht scharf schalten können, der Start wird missglücken“, sagte Schmidt. Er rechne zum Start auch erst mit 50 000 zur Verfügung stehenden Geräten. Der niedersächsische Wirtschaftsminister Walter Hirche hat eine Verschiebung des Starts auf Anfang kommenden Jahres verlangt. Das Mautsystem solle im September „mit einer Testphase anlaufen, in der zunächst keine Gelder erhoben werden“, sagte er in Hannover.

Mit einem gebührenfreien Test bis zum Jahresende könne man Wettbewerbsverzerrungen vermeiden. Viele Unternehmen hätten ohne eigenes Verschulden die zur Ermittlung der Maut erforderliche „On-Board- Unit“ nicht erhalten. Die vom Bundesverkehrsminister vorgeschlagene manuelle Erhebung der Maut an Automaten werde chaotische Verhältnisse zur Folge haben, warnte Hirche. Bei einer Eingabezeit von zehn Minuten pro Lkw-Fahrer werde es an den Automaten zu Staus und zu mehrstündigen Wartezeiten kommen. Der Staat dürfe die Probleme bei der Erhebung der Maut nicht auf die Transportunternehmen verlagern.

Eine Ausweitung der Mautpflicht auch auf andere Straßen hält das Bundesverkehrsministerium für wenig wahrscheinlich. Diese Möglichkeit ist im Mautgesetz für den Fall vorgesehen, dass der Schwerlastverkehr zur Umgehung der Mautpflicht in größerem Umfang von den Autobahnen auf Bundesstraßen ausweicht. Stolpes Sprecher verwies auf Expertenschätzungen, wonach höchstens ein Prozent des Schwerlastverkehrs auf andere Straßen verlagert werde.

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