zum Hauptinhalt
Peking 2008. Usain Bolt gewinnt das 100-Meter-Finale: Weltrekord! Die Zeit stoppte Omega. Der IT-Dienstleister Atos sorgte dafür, dass alle Welt davon erfuhr.

© Reuters

Informationstechnik: Bits und Bytes für Olympia

Das französische IT-Unternehmen Atos verantwortet bei den Spielen die elektronische Datenverarbeitung. Auch für die Techniker ist Olympia eine Herausforderung.

Wenn Usain Bolt über die Ziellinie des Londoner Olympiastadions sprintet, werden alle Augen zunächst auf ihn und dann auf die Anzeigetafel gerichtet sein. „Omega misst die Zeit und wir sorgen dafür, dass sie innerhalb von 0,3 Sekunden angezeigt und an die Rundfunkanstalten geschickt wird“, sagt Winfried Holz, Chef von Atos Deutschland. „Wir betreiben das gesamte IT-System für die Spiele, auch die Software für die Organisation kommt von uns.“
Atos ist ein französisches Unternehmen mit mehr als 75 000 Mitarbeitern, davon 10 000 in Deutschland und 300 in Berlin. Der IT-Dienstleister ist in den vergangenen 30 Jahren durch Übernahmen kräftig gewachsen. Zuletzt kam in Deutschland SIS hinzu, die bis dato erfolglose IT-Tochter von Siemens. Jetzt ist Atos in Deutschland größer als in Frankreich. Im ersten Halbjahr des laufenden Geschäftsjahres setzte Atos hierzulande 840 Millionen Euro um, das war knapp ein Fünftel des Gesamtumsatzes von 4,4 Milliarden Euro. „Wir sind das größte IT-Serviceunternehmen mit Sitz in Europa“, sagt Deutschland-Chef Holz. Mehr Umsatz in Europa mache nur der US-Konzern IBM. Marktführer in Deutschland wiederum ist die Telekom-Tochter T-Systems.

Atos bietet die gesamte Produktpalette eines IT-Dienstleisters an und ist einer der Marktführer in Deutschland bei IT-Systemen für Kredit- und Scheckkarten. „Wir betreiben das komplette System für die Banken von der Ausgabe der Pin-Codes, über die Sicherheitsfreischaltung bis zum Clearing im elektronischer Zahlungsverkehr“, sagt Holz. „Unser Marktanteil in dem Geschäft liegt bei 40 Prozent.“ Das dort erworbene Know-how, eine hohe Zahl von Transaktionen schnell und sicher zu verarbeiten, soll künftig auch in anderen Bereichen zum Einsatz kommen, etwa bei der Gesundheitskarte oder intelligenten Stromzählern.

"Während der Spiele in Peking gab es mehr als 200 Millionen Hackerangriffe"

Seit Juli 2011 ist Winfried Holz (Jahrgang 58) Geschäftsführer von Atos Deutschland. Damit verantwortet er das Deutschland-Geschäft des internationalen IT-Dienstleistungsunternehmens, das aus dem Zusammenschluss von Atos Origin und Siemens IT Solutions and Services hervorgegangen ist.

© Kitty Kleist-Heinrich

Die Integration von SIS, die mit dem Abschluss der Transaktion um Juli 2011 begann, sei nun im Wesentlichen abgeschlossen, sagt Holz. „SIS ist jetzt Atos.“ Die Franzosen hatten 800 Millionen Euro für SIS bezahlt, das meiste in Form einer 15-prozentigen Beteiligung an Atos. Das Unternehmen betreibt auch die interne IT von Siemens. Mit einem Vertrag über sieben Milliarden Euro für sieben Jahre ist Siemens der größte Kunde. Im Verwaltungsbereich mussten mehr als 650 Mitarbeiter in Deutschland gehen. Doch nun sucht Atos wieder Fachleute, vor allem Berater und Integrationsfachleute. „Wir haben mehr als 400 offene Stellen in Deutschland.“ Durch die Übernahme sei kein einziger Kunde verloren gegangen, sagt Holz. „Wir haben das Schrumpfen der SIS gestoppt – und wachsen in Deutschland mit mit 6,2 Prozent.“ Ein neuer Kunde sei zum Beispiel Bayer. „Das ist ein Auftrag im dreistelligen Millionen-Euro-Bereich, wir betreiben für Bayer Teile der IT-Infrastruktur – auch in Berlin.“
Bereits 2002 hat Atos mit dem Internationalen Olympischen Komitee (IOC) einen Zehnjahresvertrag abgeschlossen. „Die Spiele in Peking 2008 waren eine große Herausforderung“, sagt der Atos-Manager. Aber weil es gut lief, verlängerte das IOC den Vertrag bis 2016. „Wir hoffen, dass wir noch ein paar andere große Ereignisse dazubekommen“, sagt Holz.
Eines der größten Themen in Peking war die Sicherheit. „Während der Spiele gab es mehr als 200 Millionen Hackerangriffe“, berichtet Holz. „Die Olympischen Spiele sind ein Top-Ziel von jedem Hacker dieser Welt.“

Mehr als 3500 Mitarbeiter werden in London dafür sorgen, dass die IT richtig läuft, rund 500 Mitarbeiter davon stellt Atos. „Das System muss ohne Störung vier Wochen plus zwei Wochen Paralympics laufen – und zwar mit null Fehlern und immer on Time“, erklärt Holz. Mit der Planung hat Atos bereits vor vier Jahren begonnen. Zuletzt wurde das System mehr als 200.000 Stunden getestet. „Wir simulieren alle möglichen Arten von Problemen und Störungen in der Technik, der Organisation, bei der Akkreditierung oder der Zugangskontrolle“, erklärt Holz. „Wir sorgen dafür, dass sich in punkto Sicherheit keiner in die Tasche lügt.“ Parallel laufen bereits die ersten Vorbereitungen für die Spiele in Sotschi. Für die Mitarbeiter in London, darunter werden auch eine Handvoll aus Deutschland sein, sei es das größte Projekt ihres Lebens. „Da leuchten die Augen, auch wenn es mit den Zwölf-Stunden-Schichten ein harter Job ist“, sagt der Atos-Manager. „Aber sie sind bei Olympia dabei und Teil des Teams.“ Nicht ganz so wie Usain Bolt, aber ohne IT würde niemand erfahren, wie schnell er wirklich läuft.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false