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Wirtschaft: Bittere Pille für Doc Morris

Arznei-Versandhändler soll Apotheke schließen

Berlin - Der niederländische Arzneiversandhändler Doc Morris muss seine im Juli dieses Jahres eröffnete Apotheke in Saarbrücken vorerst schließen. Das Verwaltungsgericht des Saarlandes hatte in einem Eilverfahren der Klage von drei Apothekern stattgegeben und die Schließung verfügt, bis in einem Hauptsacheverfahren eine endgültige Entscheidung getroffen werde. Damit gewährte das Gericht den privaten Apothekern vorläufigen Rechtsschutz. Zur Begründung gab das Gericht an, dass nach dem deutschen Fremdbesitzverbot ein Apotheker Inhaber sein müsse und nicht wie im Falle Doc Morris’ eine Kapitalgesellschaft. Gesundheitsminister Josef Hecken (CDU) hatte Doc Morris Anfang Juli die Erlaubnis erteilt, die Apotheke in Saarbrücken zu eröffnen.

Das Gesundheitsministerium und Doc Morris kündigten an, Beschwerde gegen das noch nicht rechtskräftige Urteil einzulegen. „Wir werden alle rechtlichen Schritte gegen die Schließung unternehmen“, sagte Doc-Morris-Sprecherin Katharina Bittel dem Tagesspiegel. Auch das Ministerium will die Entscheidung so nicht akzeptieren. „Wir berufen uns auf die europäische Niederlassungsfreiheit, die Vorrang vor deutschem Recht hat und damit auch vor dem Fremdbesitzverbot“, sagte Stephan Kolling, Sprecher des saarländischen Gesundheitsministeriums. Die europäische Dimension sei bei der Interessenabwägung außen vor gelassen worden. Trotzdem müsse die Behörde die Schließungsverfügung erst umsetzen, bis das Oberverwaltungsgericht über die Beschwerden entschieden hat. Noch ist die Apotheke in Saarbrücken allerdings geöffnet. „Bei uns ist noch kein Schließungsbescheid eingegangen. Wir hoffen, dass wir diesem mit Rechtsmitteln zuvorkommen können“, sagte Bittel.

Die Bundesvereinigung deutscher Apothekerverbände (ABDA) findet, dass das Gericht richtig entschieden hat. „Das Fremdbesitzverbot ist geltendes deutsches Recht. Mit der Schließung der Apotheke wird es nun wieder eingehalten“, sagte die Sprecherin der ABDA, Annette Rogalla. Die Entscheidung sei ein deutlicher Dämpfer für das alleinige Vorgehen von Minister Hecken.

Bei der Abwägung hatte das Verwaltungsgericht die Interessen der Apotheker gegen die von Doc Morris gestellt und dabei dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung des deutschen Apothekenrechts besondere Bedeutung eingeräumt. In einer Pressemitteilung ließ das Gericht verlauten, dass die Investitionen des Internethändlers von mehr als 500 000 Euro in Anbetracht seines Jahresumsatzes von 150 Millionen Euro „deutlich relativiert würden und im Übrigen auch nicht gänzlich verloren seien“. Außerdem habe Doc Morris mit der Eröffnung der Apotheke eine „unternehmerische Risikoentscheidung“ getroffen. Die Kläger, die im gleichen Einzugsbereich Apotheken betreiben, könnten mangelnde Chancengleichheit im Wettbewerb geltend machen. Weiterhin bestünden diese Apotheken länger als die Doc-Morris-Apotheke.

Das Ministerium gibt sich siegessicher: „Wir haben zwar eine Etappe verloren, sind uns aber sicher, dass am Ende die Apotheke weiter betrieben werden darf“, sagte Kolling. Die EU-Kommission teile die Auffassung der Landesregierung.

Doc Morris ist Europas größte Versandapotheke und beschäftigt 330 Mitarbeiter. Im Jahr 2005 erzielte der Arzneimittelhändler einen Umsatz von 152 Millionen Euro.

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